Zu den Hauptereignissen des Jahres zählt der von revolutionären Unruhen begleitete Demokratisierungsprozess im Zarenreich. Obwohl die Demokratiebewegung in Russland unterdrückt wird, strahlen die russischen Ereignisse auf andere Länder aus. So erreicht das persische Volk durch Massenproteste, dass der neue Schah Mohammad Ali die Verfassung anerkennt. Auch in Bulgarien wird bei Streiks nicht nur eine Verbesserung der wirtschaftlichen Lage gefordert, die Menschen wollen demokratische Rechte und Freiheiten.
Die Forderung nach mehr Mitbestimmung wird auch in Ländern erhoben, in denen die Demokratie weitgehend gefestigt ist. So will Premier Henry Campbell-Bannerman, der erste liberale Regierungschef Großbritanniens in diesem Jahrhundert, den Einfluss des nicht vom Volk gewählten Oberhauses auf die Gesetzgebung drastisch einschränken und löst damit einen Kampf zwischen »Volk« und »Lords« aus. Die sozialistische Regierung Frankreichs versucht, die Demokratie durch einen Kulturkampf zu sichern: Sie führt die Trennung von Staat und Kirche durch, um die Macht des Klerus zu brechen. Auch im Kaiserreich Österreich ist die Demokratie im Vormarsch: Dort wird erstmals das Parlament nach allgemeinem und gleichem Stimmrecht gewählt.