Reichstagswahlen – sogenannte Hottentottenwahlen
Im Deutschen Reich gehen die nichtdemokratischen Kräfte aus den Reichstagswahlen am 25. Januar 1907 – den sogenannten Hottentottenwahlen – gestärkt hervor: Während die Sozialdemokratie eine vernichtende Niederlage einsteckt, finden sich Parteien von liberal bis antisemitisch im »Hottentottenblock« zusammen, einer Art Koalition unter Reichskanzler Bernhard Fürst von Bülow; gemeinsamer Nenner dieser Koalition ist der »nationale Gedanke«. Benannt sind Wahlen und Koalition nach dem blutigsten Krieg der deutschen Kolonialgeschichte, dem Hottentottenkrieg, für dessen Fortführung SPD und Zentrum im Vorjahr die Gelder verweigert hatten. Mit den Stimmen des Hottentottenblocks billigt der Reichstag nun nicht nur diese Gelder, sondern auch eines der Hauptanliegen von Kaiser Wilhelm II.: die Schaffung eines eigenen Kolonialministeriums. Ein solches Ministerium, so der oberste Kriegsherr, entspreche der gestiegenen Bedeutung der deutschen Kolonialpolitik. Der Reichstagsabgeordnete Ernst Müller-Meiningen bringt die Haltung des Hottentottenblocks in diesem Punkt auf folgende Formel: »Wir werden alles bewilligen, um den deutschen Kolonialbesitz zu erhalten.«
Aufstände in den Kolonien
Aber nicht nur in den deutschen Kolonien gärt es: In Ägypten kommt es zu Massenprotesten gegen die Herrschaft Großbritanniens. Im südafrikanischen Natal bricht unter dem Eindruck des Aufstands im benachbarten Deutsch-Südwestafrika ein Zulu-Aufstand aus. In Britisch-Indien lässt die Kolonialmacht Oppositionelle deportieren. Wie unmenschlich die Kolonialmächte vielfach mit den Eingeborenen umgehen, beleuchten die erschreckenden Berichte aus dem Kongostaat, der Privatkolonie des belgischen Königs.