Führend auf dem Gebiet von Innenausstattung und Design ist der vor drei Jahren gegründete Deutsche Werkbund, dessen Einfluss auf die Formentwicklung inzwischen so groß ist, dass es 1910 auch zur Bildung eines österreichischen Werkbunds kommt. Der Werkbund nimmt die weiterhin aktuellen Jugendstilnachwirkungen auf und kanalisiert sie in Richtung jenes funktions- und materialgerechten Werkens, das der Jugendstil selbst vorbereiten half. Stilistisch bevorzugt wird »das Einfache, Glatte, Unverzierte ..., eine verfeinerte Bürgerlichkeit, die keineswegs auf Eleganz verzichtet«, aber »alles Prunkende und Theatralische vermeidet«, wie 1910 der Mitgründer des Deutschen Werkbundes Hermann Muthesius formuliert.
Der Werkbund ist keine Künstlergruppe, sondern vereint Künstler, Kunsthandwerker, Designer, Innenausstatter, Architekten, Industrielle, Kunstwissenschaftler und -schriftsteller verschiedenster Richtungen. Ziel ist es, durch den Zusammenschluss von Künstlern, Technikern und Kaufleuten eine ästhetische Modernisierung der handwerklichen und industriellen Produktion zu erreichen. Zu den Werkbund-Künstlern zählen der Architekt und Designer Peter Behrens, der Architekt Theodor Fischer, der österreichische Architekt und Designer Josef Hoffmann, der Architekt Wilhelm Kreis, der Keramiker und Architekt Max Laeuger, der Architekt Joseph Maria Olbrich, der Architekt, Designer und Grafiker Bruno Paul, der Architekt und Kunstgewerbler Richard Riemerschmid und viele andere.
Aus Spitzenpositionen heraus beeinflussen Werkbund-Künstler Wohnen und Design bis zu den Gebrauchsgegenständen des täglichen Lebens. So entwirft Peter Behrens als künstlerischer Berater der AEG Haushaltsgeräte, Lampen u. a. Massenprodukte des Elektrokonzerns in zweckmäßigen, einfachen Formen. Bruno Paul, Leiter der Berliner Kunstgewerbeschule, steht für die Hinwendung zum Neoklassizismus in der Innenausstattung. Als einer der Ersten vollzog er den Übergang von den Jugendstilformen zu einfachen, sachlichen und materialgerechten Formen für »billige« Möbel. Ausgeführt werden die Entwürfe durch Unternehmen, die dem Deutschen Werkbund angeschlossen sind - wie die Vereinigten Werkstätten für Kunst und Handwerk in München und die Deutschen Werkstätten in Dresden.