Für scharfsichtige zeitgenössische Beobachter kommt der Kriegsausbruch im August nicht überraschend – zu viele Anzeichen deuten bereits in der ersten Hälfte des Jahres 1914 auf eine bevorstehende militärische Konfrontation hin. Vor allem das Deutsche Reich und die österreichisch-ungarische Doppelmonarchie – getrieben vom Hunger nach Weltmacht das eine, bedroht von der Gefahr innerer Auflösung das andere Land – bereiten den bewaffneten Konflikt zielstrebig vor. So drängt der deutsche Generalstabschef Helmuth von Moltke bereits im Frühjahr auf einen möglichst raschen Angriff gegen Russland, um das rasant rüstende Zarenregime im östlichen Nachbarstaat als machtpolitischen Faktor zu degradieren. Die Friedensappelle, die vor allem aus dem sozialistischen Lager kommen, vermögen den immer näher rückenden Krieg nicht zu verhindern. Nach Kriegsausbruch reiht sich die Arbeiterbewegung in den kriegführenden Staaten – auch die deutsche Sozialdemokratie – größtenteils ein in die verbreitete »patriotische« Stimmung. Nur wenige standhafte Pazifisten, wie Karl Liebknecht, verweigern der Kriegspolitik jede Unterstützung.
Letztlich läutet der Krieg das Ende des seit über 40 Jahren bestehenden deutschen Kaiserreiches ein, das sich 1914 noch einmal in seiner ganzen Widersprüchlichkeit entfaltet. Es erweist sich bereits in den letzten Friedensmonaten als eine durch und durch militarisierte Gesellschaft, die ihren weithin sichtbaren repräsentativen Glanz in der Person von Kaiser Wilhelm II. findet. Nicht umsonst werden die Jahre vor dem Weltkrieg als »wilhelminische« Epoche bezeichnet: Der letzte deutsche Monarch steht bei der traditionellen Neujahrszeremonie in der Reichshauptstadt Berlin ebenso im Rampenlicht wie bei einer feierlichen Kanaleinweihung in Kiel.