Zwei entgegengesetzte Formen des Reisens kennzeichnen die Urlaubssaison 1914: Zum einen entwickelt sich die sog. Automobiltouristik zu einer Modeerscheinung, andererseits wird die rasche Zunahme des Jugendwanderns innerhalb des sommerlichen Ferienbetriebs immer augenfälliger. Deutlicher Beleg dafür ist der anhaltende Aufschwung des Herbergswesens für Schüler und Studenten.
Auch wenn die Bahn mit Abstand wichtigstes Urlaubstransportmittel bleibt, frönen Privilegierte in den Ferien immer mehr dem Auto. In Großbritannien besteht mit dem Caravan Club bereits eine Vereinigung, die sich das Reisen mit Wohnwagen oder -zelten zum Ziel gesetzt hat. Ein Teil der mobilen Heime wird noch mit Pferden oder Motorrädern transportiert, aber auf einem Treffen des britischen Caravan Clubs im Juni können auch Wohnautos besichtigt werden. Sie verfügen über Schlafkojen, Elektrizität und teilweise - bei laufendem Motor - über eine Warmwasserversorgung. Das Gewicht eines dieser luxuriösen Wohnautos beträgt rund 1600 kg bei einem Benzinverbrauch von 37 l auf 100 km.
Angesichts des geringen Automobilisierungsgrades gilt das sog. Autowandern im Deutschen Reich als individualistisches Vergnügen. Die besonderen Merkmale dieses touristischen Privilegs kommen in einem Essay mit dem Titel »Die Vorzüge der Automobiltouristik« zum Ausdruck, der in der Reisebeilage der Berliner »Vossischen Zeitung« am 17. Juni erscheint: »Trotz des krassen Realismus unserer in atemloser Hast vorwärtsstrebenden Zeit blüht uns doch noch im Verborgenen die Blume der Reiseromantik ... Wer die intimen Reize der sachkundig betriebenen Automobiltouristik kennt, weiß auch von dem eigenartigen Zauber zu erzählen, den eine solche Fahrt in sich birgt ... Das Reisen mit der Eisenbahn hat arge Schattenseiten. Wie froh ist man oft, wenn die Eisenbahnfahrt zu Ende ist und man heraus kann aus dem engen Käfig der Eisenbahnwagen! Anstatt fröhlich und gekräftigt, fühlt man sich müde und abgespannt. Selbst der luxuriös eingerichtete Expreßzug bietet keine wahren Reisegenüsse. Im Fluge saust die Landschaft vorbei, und man muß sich damit begnügen, sie flüchtig durchs Fenster anzuschauen. Ihre Reize und Schönheiten lernt man natürlich nicht kennen ... Man ist an den Fahrplan gebunden, den Vorschriften der Verwaltung unterworfen, man kann nicht halten und aussteigen, wo man will, sondern muß warten, bis der Zug hält. ... Wie ganz anders das Reisen im Automobil! Die Gemütlichkeit der alten Postkutsche lebt wieder auf ... Jede Wegbiegung offenbart dem Autotouristen neue Eindrücke und Naturgenüsse. Das gesamte Leben und Weben in der Natur kann er mit Ruhe und Genuß betrachten ... Wie gemütlich ist die Rast auf blumiger Heide am Waldesrand, wenn der Picknickkorb seine Schätze freigebig austeilt ... So kommt der Autotourist wieder in innige Berührung mit der Natur, allerdings nur derjenige, der kein kilometerfressender Sportler ist, sondern Auge und Herz offenhält und im aufgeschlagenen Buch der Natur zu lesen versteht.«
Als naturverbunden versteht sich allerdings auch die wachsende Zahl von Schülern und Studenten, die in ihren Ferien die Möglichkeit zum Wandern haben und dabei in billigen Herbergen übernachten. Angeregt u. a. von den Idealen der Wandervogelbewegung, streben sie das Naturerlebnis abseits des touristischen Massenbetriebes an. Verschiedene Wandervereine stellen Schülerherbergen und Wanderheime als preiswerte Unterkünfte zur Verfügung. Der Preis pro Nacht für Jugendliche beträgt rund 20 Pfennig. Allein der Riesengebirgs-Verein verzeichnete im Vorjahr eine Steigerung um 10 090 auf 79 498 Übernachtungen gegenüber 1912. Während es Ferienherbergen bereits seit 1883 gibt, entstand 1912 auf der Burg Altena (Sauerland) die erste deutsche Jugendherberge.
Zu den beliebtesten konventionellen Urlaubszielen zählen im Sommer 1914 die bayerischen und schweizerischen Seen. Wie auch zu den Ostseebädern, werden nach München, Lindau und Basel im Sommer von Berlin aus Sonderzüge eingesetzt. Als attraktivster hochalpiner Urlaubsort gilt nach wie vor Sankt Moritz im Engadin. Die dortigen Quellen sind bereits seit dem 16. Jahrhundert bekannt. Das Berliner Badeleben an Müggel- und Wannsee - bereits 1913 ergänzt durch die Aufhebung des Badeverbots an den zahlreichen Wasserstraßen der deutschen Hauptstadt - wird durch zahlreiche Camper belebt. Dabei entstehen kleine Zeltstädte, in denen sich die Familien während der Badesaison aufhalten. Viele kehren allerdings abends zum Übernachten in ihre bequemere Stadtwohnung zurück.