Ein großer Verlust für die junge, von inneren Konflikten bedrohte deutsche Demokratie ist der Tod von Reichsaußenminister Gustav Stresemann, der am 3. Oktober 1929 im Alter von 51 Jahren einer langen Krankheit erliegt. Einen Monat vor seinem Tod wird der Abzug der letzten Besatzungssoldaten aus dem Rheinland auf der Haager Konferenz definitiv vereinbart. Obwohl Stresemann also sein Lebenswerk, die Aussöhnung mit den ehemaligen Kriegsgegnern und die Wiedereingliederung des Deutschen Reichs in die internationale Staatengemeinschaft, erfolgreich abgeschlossen hat, hinterlässt sein Tod eine Lücke. »Deutschland hat, nach Jahrzehnten, eine weit über den Durchschnitt reichende politische Begabung gehabt, und jetzt wird wieder eine große Pause sein«, kommentiert der Publizist Carl von Ossietzky in der von ihm herausgegebenen »Weltbühne«.