Die Ernährung im Deutschen Reich steht 1939 im Zeichen des Haushaltens mit knappen Mitteln. Ist schon im ersten Halbjahr die Versorgung mit bestimmten Nahrungs- und Genussmitteln nicht eben reichlich, gibt es seit Kriegsbeginn viele Grundnahrungsmittel nur noch auf Lebensmittelkarten.
Durch Verbrauchslenkung versuchen die NS-Behörden seit Langem, den Absatz von Nahrungsmitteln zu fördern, die im Deutschen Reich selbst hergestellt werden, wie Kartoffeln, Quark oder zuckerhaltige Brotaufstriche.
Auf diese Weise stieg der Pro-Kopf-Verbrauch von Kartoffeln von 172 kg im Jahr 1929 auf 188,7 kg 1939. Der Verbrauch von Käse und Speisequark erhöhte sich von 5,1 kg im Jahr 1932 auf 6,1 kg im Jahr 1939. Der Fleischverbrauch stieg von 44,9 kg 1929 auf 48,5 kg 1939.
Schon 1937 war angesichts einer bedrohlichen »Fettlücke« zum Sparen von Butter, Margarine und Schmalz aufgerufen worden, mit dem Ergebnis, dass der Pro-Kopf-Butterverbrauch 1939 gegenüber dem Krisenjahr 1929 nur um 1,2 kg auf 9,2 kg steigt, und der Fettkonsum rückläufig ist (18 kg gegenüber 18,8 kg).
Zur Steuerung der Essgewohnheiten trägt auch die Preisgestaltung bei. So kosten in Berlin im Juli 1939 1 kg Roggenbrot 0,33 Reichsmark (RM) und Esskartoffeln (5 kg) 1,10 RM, 1 kg Rindfleisch hingegen 1,70 RM, 1 kg Molkereibutter 3,13 RM und ein Ei 0,12 RM.
Die Versorgung der Bevölkerung mit Südfrüchten und Genussmitteln hängt wesentlich davon ab, ob die rüstungsorientierte deutsche Wirtschaft ausreichend Devisen bereitstellen kann. Brasilien ist der wichtigste Kaffee-Exporteur, wobei im Rahmen von Kompensationsgeschäften Erz gegen Kaffee getauscht wird. Zu Anfang des Jahres kommt es zu Engpässen, weil die Brasilianer ihre Exporte einschränken. 1939 sinkt der Pro-Kopf-Verbrauch an Bohnenkaffee gegenüber 1929 um 0,7 kg auf 1,5 kg.
Ähnliche Kompensationsgeschäfte wie für Kaffee tätigt das Deutsche Reich für Apfelsinen mit Spanien, wobei die Einfuhren aufgrund des Bürgerkriegs zurückgehen. Leicht ansteigend ist der Tabakkonsum (1,8 kg im Jahr 1930, 1,9 kg 1939), wobei sich die Verbraucher stärker billigen Sorten zuwenden.
Am 27. August werden für bestimmte Lebensmittel Bezugscheine eingeführt. Am 25. September folgen Karten für Milch, Brot, Fleisch, Fett, Marmelade und Zucker sowie für Nährmittel und Kunsthonig. Nun bestimmen die wöchentlichen Bezugsmengen, erweitert durch Sonderzuteilungen, den Speiseplan. Allerdings entsprechen die nun angebotenen Lebensmittel qualitätsmäßig oft nicht mehr der »Friedensware«: So ist schon im August die Qualität des Mehls herabgesetzt worden, statt Vollmilch gibt es Magermilch und als Brotaufstrich vielfach Kunstspeisefett und Kunsthonig.
Am 1. Oktober wird die Einheitsmargarine (Tafelmargarine) eingeführt und zum Jahresende, um Gerste zu sparen, der Stammwürzegehalt von Bier auf 10,3% begrenzt. Stärker noch als vor dem Krieg wird der Zwang zum Sparen, zum Strecken der Vorräte und zur sinnvollen Verwendung von Resten, was in der 1939 erschienenen 9. Auflage von Mary Hahns »Volkskochbuch für die einfache Küche« so begründet wird: »Wir haben die hohe, volkswirtschaftliche Pflicht, auch die geringste Menge von Nahrungsmitteln vor dem Untergange zu retten, auch Speisenreste.«
Die Rationierung wird jedoch im Allgemeinen positiv aufgenommen, da sich die Bevölkerung bereits an die Mangelwirtschaft gewöhnt hat und im Vergleich zum Weltkrieg 1914 - 1918 die Lebensmittelversorgung besser funktioniert.
Besonderer Wert wird auf eine ausreichende Ernährung der Soldaten gelegt. Wichtigster Bestandteil der Verpflegung ist das Kommissbrot aus 82-prozentigem Roggenmehl. Dem Soldaten soll es im Idealfall auch nicht an frischem oder aufgetautem Fleisch sowie Fisch und frischem Gemüse fehlen. Als Abendmahlzeit sind vor allem Wurstkonserven vorgesehen, als Getränke Mischkaffee und Tee, wobei ein Kaffeepräparat aus Roggen und Gerste, angereichert mit synthetischem Koffein, vorbereitet wird.