Als ideale Wohnumwelt gilt 1939 das »Haus nach Maß«, eine Verknüpfung individueller Vorlieben mit modernsten technischen Errungenschaften. Dazu erklärt der deutsche Architekt Fritz Breuhaus de Groot: »Haus und Wohnung sollen keine Wohnmaschine, keine Wohnwerkstätte in technischer Mode sein, sondern ein persönliches ... den Lebensgewohnheiten des Bewohners angepaßtes Heim.« Während die Designer im westlichen Ausland bei der Gestaltung von Wohnlandschaften auch Ausgefallenes propagieren, gelten im Deutschen Reich andere Kriterien: Natürliche Gestaltung, landschaftliche Gebundenheit und volksmäßiges Erscheinungsbild sind die Maßstäbe des Kunsthandwerks.
Während für Repräsentativbauten viel Geld da ist, geht der Wohnungsbau fast leer aus. So erhält Berlin 1939 für Neubauten 300 Millionen Steine, wobei allerdings nur 60 Millionen dem Wohnungsbau zugutekommen.
95 % aller bei der Stadt Berlin eingehenden Wohnungsanträge werden abgelehnt. Nur 14 671 Wohnungen kommen 1939 hinzu, 1936 waren es immerhin noch 24 038 .
Bezeichnend für die Lage auf dem Lande ist eine Untersuchung im Bezirk Görlitz: 70% der Landarbeiterwohnungen waren unbewohnbar. Zwar ist das Kündigungsrecht verbessert worden ( 20. 4. ), wobei diese Vergünstigung nicht für Juden gilt, aber die Mieten verschlingen regelmäßig oft bis zu einem Drittel des Einkommens einer normalen Arbeiterfamilie.
1939 werden im alten Reichsgebiet 206 229 Wohnungen neu gebaut, der geringste Zuwachs seit 1933 (1178 038 ). 20,335 Millionen Privathaushalte verteilen sich 1939 auf über 18,325 Millionen Wohnungen, darunter sind 26,7% Neuwohnungen (nach 1918 erbaut) und 47,3% Kleinwohnungen mit max. drei Wohnräumen.
Zwar wurden seit 1933 insgesamt 95 867 sog. Kleinsiedlerstellen bewilligt, doch die vom Staat bewilligten 161,37 Milliarden Reichsmark an Darlehen deckten gerade 26% der Gesamtkosten.