Gesprengte Brücken, zerbombte Bahnhöfe, überflutete U-Bahn-Strecken, Schiffswracks in den Hafenbecken – dieses Bild bietet im Mai 1945 das deutsche Verkehrsnetz. Sein Zusammenbruch hatte sich seit Jahresbeginn dramatisch beschleunigt. US-amerikanische und britische Bomberverbände hatten durch gezielte Angriffe auf die Schienenwege und Bahnhofsanlagen den Eisenbahnverkehr bis April des Jahres fast vollständig zum Erliegen gebracht. Vom deutschen Straßennetz konnten nur noch Bruchteile befahren werden; Flüsse und Kanäle wurden durch gesunkene Schiffe und Brückentrümmer blockiert. Was die Bombardements der Alliierten nicht zerstört hatten, besorgten vielfach deutsche Sprengkommandos bei ihrem Rückzug.
Wo immer es möglich war, bedienten sich die Alliierten bei ihrem Vormarsch des deutschen Verkehrsnetzes. US-amerikanische Panzer rollten auf den Reichsautobahnen, während auf den Mittelstreifen endlose Kolonnen deutscher Soldaten in die Kriegsgefangenschaft marschierten. Hinter den vorrückenden sowjetischen Kampftruppen bauten Pioniere der Roten Armee die Gleise der nach Westen führenden Eisenbahnen auf sowjetische Breitspur um. Auf diesen Schiensträngen rollte dann der Nachschub bis zur alten Reichshauptstadt Berlin.
Auf Befehl der Siegermächte wird in allen Besatzungszonen Deutschlands schon unmittelbar nach Kriegsende mit dem Wiederaufbau des Verkehrsnetzes begonnen. In Berlin fährt schon Mitte Mai wieder die erste U-Bahn; am 6. Juni nimmt auch die S-Bahn auf einer Linie wieder den Verkehr auf. Schienenstränge werden notdürftig repariert; zerstörte Brücken zunächst durch Behelfskonstruktionen ersetzt. Der Deutschen Reichsbahn fehlt es jedoch vor allem an einsatzbereiten Lokomotiven und Waggons. Über mangelnden Zuspruch kann sich die Eisenbahn dagegen kaum beklagen: Die wenigen Züge, die verkehren, sind hoffnungslos überfüllt.