Im Zeichen des Kalten Krieges und in der Betriebsamkeit des Wirtschaftswunders ist Vergangenheitsbewältigung kaum gefragt. Die Kriegsfolgen werden verwaltet, die Kriegsursachen nicht verarbeitet. Nazi-Opfer erhalten Entschädigungen, Israel Wiedergutmachung, Vertriebene Lastenausgleich. Zugleich ist jedoch »die Toleranzmarge gegenüber ehemaligen aktiven Nationalsozialisten erheblich größer geworden« (Hans-Peter Schwarz). Der Wunsch, endgültig einen Schlussstrich unter die Vergangenheit zu ziehen und den Neuanfang zu besiegeln, ist weit verbreitet, doch »oft ist das Neue nur das wiedergekommene Alte«, wie der oben zitierte US-amerikanische Beobachter Mühlen auf seiner Reise durch den bundesdeutschen Alltag mit Unbehagen feststellt. »Den Sinn der Katastrophe, die zur Vernichtung des Alten geführt hatte, haben nur wenige zu begreifen gesucht... Das Wort >wieder< wurde zum Leitmotiv deutschen Lebens, sein Ziel die Wiederkunft des Zerstörten, ein Ziel, geboren aus dem Heimweh nach der verlorenen guten alten Zeit und aus der Sehnsucht nach der verschwundenen Sicherheit. Der Aufbau eines neuen Deutschland heißt >Wiederaufbau<.«