Franz Kafkas Erzählung »Vor dem Gesetz« dient dem italienischen Komponisten Salvatore Sciarrino als Vorlage für seine Oper »La porta della legge«, die am 25. April in Wuppertal erstmals zu sehen ist, doch er nutzt die Parabel zugleich als wütende Anklage gegen die Zustände in seinem Heimatland Italien unter der Regierung von Silvio Berlusconi und den kulturellen Kahlschlag, den diese zu verantworten habe. Dargestellt sei »die mörderische Bürokratie, gewachsen in einem Land des mildesten Klimas und in Klarheit, ohne Dunkel und Nebel: Folklore, Müll-Fernsehen und wirklicher Müll«, erklärt der 62-Jährige, dessen musikdramatische Werke zuletzt immer an deutschen, nicht an italienischen Bühnen aufgeführt wurden. Ein Mann versucht sein Leben lang vergeblich, zum »Gesetz« vorzudringen, wird aber stets von einem Türhüter abgewiesen, bis er am Ende, kurz vor seinem Tod, erkennt, dass es an ihm selbst war, die Tür zu durchschreiten: Diese Handlung läuft zweimal ab, zuerst mit einem Bariton, ein zweites Mal mit einem Countertenor, doch beide Male mit dem gleichen hoffnungslosen Ausgang. Im Schlussbild, dem Duett der beiden Sänger, fahren die videotechnisch vervielfältigten Abbilder der Protagonisten wie in einem Paternoster auf und nieder – Menschenmaterial, von einer seelenlosen Bürokratie verschoben.
Wolfgang Rihm hat seine Opernstoffe immer wieder in der großen Literatur gesucht; nun wählt er Johann Wolfgang von Goethes Monodram »Proserpina« als Textvorlage, die er strichlos vertont. Uraufgeführt wird sein Werk im Rahmen der Schwetzinger Festspiele am 2. Mai , die Inszenierung besorgt Hans Neuenfels. Die musikalische Umsetzung durch ein um Harfe, Vibraphon und Schlagzeug erweitertes Kammerorchester, Frauenchor und die Sopranistin Mojca Erdmann, die die gut einstündige, anspruchsvolle und hochexpressive Partie mit Bravour bewältigt, verrät handwerkliche Meisterschaft.
Eine weitere Literaturoper steuert der 1963 in Trier geborene Christian Jost mit »Hamlet« bei, Premiere ist am 20. Juni an der Komischen Oper Berlin. Er habe keine Literaturoper schreiben wollen, befindet der Komponist, vielmehr schuf er zwölf »Musikdramatische Tableaux«, eingezwängt in den Innenraum »zwischen Diesseits und Jenseits, Leben und Tod«. Jost reduziert den Shakespeare-Stoff auf die Hauptfiguren und die Essenz der Handlung und orientiert sich musikalisch an atonalen Werken aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.