In die Clubs, in denen zuletzt sterile, eintönige Technosounds dominierten, ist wieder neues Leben eingekehrt – wenn man so will, dank der Globalisierung. Denn neuerdings stammt die angesagte Musik in den Trendlocations nicht mehr aus London, New York oder Berlin, sondern aus Rio de Janeiro oder Pretoria – wie der Kwaito-Titel »Township Funk« von DJ Mujava, der zu einem der Dance-Hits des Jahres wird. Baile Funk, Kwaito, Kuduro oder Cumbia heißen die neuen Klänge, allesamt Mischstile, in denen Sounds aus den Industrienationen mit Tanzmusiken aus anderen Weltgegenden verstrickt werden. Den Anfang machte die tamilisch-britische Sängerin M.I.A., die auf ihrem Debütalbum »Atular« (2005) eine mitreißende Melange aus Dub-, Grime-, Hip-Hop- und Elektronik-Elementen präsentierte und damit die Clubszene gründlich aufmischte, denn dank ihrer Vielseitigkeit klingt hier kein Song wie der andere. Inzwischen ist die neue Queen of Worldpop von London nach New York umgesiedelt und arbeitet mit Jay-Z, 50 Cent oder Kanye West zusammen.
Aus Angola stammt die Musikrichtung Kuduro, der das Lissaboner Soundkollektiv Buraka Som Sistema zu weltweiter Popularität verhilft. Mit »Black Diamond« legt die Gruppe im Februar ihr erstes Album vor. Kuduro begann als Spielart von House mit beschränkten Mitteln und ist jetzt zu einem wilden elektronischen Gemisch aus den Popmusiken der Townships, Dancehalls und Inner Citys geworden. Über Einwandererströme gelangte Kuduro nach Lissabon. Auch wenn die Musik und vor allem die Texte gegenüber den Anfängen schon deutlich gezähmt wirken, ist das Publikum von den rauen Sounds, von den gebrochenen, verschachtelten Beats fasziniert.
Brüche und Disharmonien kommen auch im zugehörigen Tanzstil zum Ausdruck, bei dem Geübte schon mal mit Absicht über die eigenen Füße stolpern oder sich fallen lassen, um die ursprünglichen Absichten der Musiker deutlich zu machen – den Protest gegen Missstände in den angolanischen Favelas. Von Armut, Gewalt und Verzweiflung erzählt auch der Baile Funk, der steife Elektrobeats mit brasilianischer Lebensfreude kombiniert; der argentinische Cumbia Digital verbindet die traditionelle Tanzmusik aus den Anden mit Dub-Elementen.