1

Dienstag, 1.5.1906

Die Maikundgebungen stehen im Zeichen des Kampfs um den Achtstundentag.


Deutsches Kaiserreich, Köln: Auf dem "Flora"-Gelände in Köln wird die Deutsche Kunstausstellung 1906 eröffnet.


Deutsches Kaiserreich, Berlin: Das Deutsch-Amerikanische Theater in Berlin leitet anlässlich der Maifeiern seine Vorstellung mit einer aufsehenerregenden Ouvertüre ein: Bevor sich der Vorhang senkt, ertönen hinter der Szene die schweren Tritte von Arbeiterbataillonen, und laut und immer lauter erklingt die "Marseillaise".


Bayern, Regenstauf: Beim Eisenbahnunfall von Regenstauf fährt der Zug D 21 durch eine falsch gestellte Weiche auf einen Güterzug auf, den er eigentlich überholen sollte. Prominenter Fahrg


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Mittwoch, 2.5.1906

Konrad Prinz von Hohenlohe-Waldenburg-Schillingsfürst wird österreichischer Ministerpräsident als Nachfolger von Paul Freiherr Gautsch von Frankenthurn, der am 30. April wegen der Differenzen über die Wahlreform zurückgetreten war.


Deutsches Kaiserreich, Berlin: Der Deutsche Reichstag in Berlin nimmt den Toleranzantrag des Zentrums an, nach dem jedem Bürger volle Glaubens- und Gewissensfreiheit innerhalb des Reichsgebiets garantiert wird.


In Korea, das seit 1905 weitgehend von Japan beherrscht wird, häufen sich Aufstandsversuche gegen die japanische Besatzung. Den ganzen Monat Mai über ist die japanische Soldateska damit beschäftigt, Aufstände niederzuschlagen.


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Donnerstag, 3.5.1906

Deutsches Kaiserreich, Berlin: Das preußische Abgeordnetenhaus in Berlin verabschiedet in dritter Lesung gegen die Stimmen der Freisinnigen eine Wahlrechtsnovelle, durch die die Zahl der Abgeordneten um zehn von 433 auf 443 erhöht wird. Berlin erhält zwölf statt bisher neun Wahlbezirke, der Wahlkreis Arnsberg wird künftig sechs statt drei Abgeordnete haben.


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Freitag, 4.5.1906

Deutsch-südwestafrikanische Kolonialtruppen überschreiten bei der Verfolgung des Hottentottenführers Morenga die Grenze zur britischen Kapkolonie und töten auf britischem Territorium 26 Hottentotten. Die britische Regierung protestiert gegen diese Grenzverletzung.


Um der Landflucht von Volksschullehrern entgegenzuwirken, unterzeichnet der preußische Kultusminister Konrad von Studt einen Erlaß, nach dem die Besoldung von Lehrern auf dem Land erhöht wird. Männer verdienen künftig 1000 Mark jährlich, Frauen 800 Mark.


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Sonntag, 6.5.1906

Der russische Zar Nikolaus II. oktroyiert eine Verfassung.


In Petersburg (Leningrad) verabschiedet die Konstitutionelle Demokratische Partei ("Kadetten") ihr Programm. Es sieht u.a. die Einführung eines Wahlverfahrens mit allgemeinem, gleichem und direktem Stimmrecht in geheimer Abstimmung ohne Unterschied des Geschlechts vor.


Während der revolutionären Unruhen in Russland ermorden in Jekaterinoslaw (Dnepropetrowsk) sechs Sozialrevolutionäre den Generalgouverneur Jeoltanowsky, indem sie gleichzeitig ihre Revolver auf ihn abfeuern.


Frankreich, Paris: In Frankreich beginnen die Wahlen zum Abgeordnetenhaus in Paris. Sie enden mit den Stichwahlen am 20. Mai und stärken die Regierungsmehrheit des neuen Ministerpräsidenten Ferdinand Sarrien von den Republikanern.


Der sizilianische Großgrundbesitzer Graf Vincenzo Florio stiftet nach der Coppa Florio (1905) als weiteren Preis für ein Automobilrennen die Targa Florio. Sie wird in zwei Runden auf der Rundstrecke Bonfornello- Petralia- Bonfornello auf Sizilien ausgefahren (446,469 km). Erster Gewinner wird der Italiener Alessandro Cagno auf Itala in 9:32:22,0 h.


7

Montag, 7.5.1906

Die ungarische Unabhängigkeitspartei erringt bei den Parlamentswahlen die absolute Mehrheit.


8

Dienstag, 8.5.1906

Schweden, Stockholm: In Stockholm endet der Vereinigungsparteitag der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Russlands (SDAPR). Wladimir I. Lenin, der Führer der kommunistischen Bolschewiki, hat sich mit seinem Agrarprogramm - Nationalisierung des Bodens und Aufteilung unter die Bauern - nicht durchsetzen können. Die Mehrheit der Delegierten stimmt dem Programm der Menschewiki zu. Es sieht die Enteignung der Gutsbesitzer, die Übergabe des Landes an die Selbstverwaltungsorgane (Semstwos) sowie seine Verpachtung an die Bauern vor.


Deutsches Kaiserreich, Berlin: Der Deutsche Reichstag in Berlin verabschiedet mit 179 zu 112 Stimmen das Gesetz zur Einführung der Zigarettensteuer im Rahmen der großen Reichsfinanzreform.


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Mittwoch, 9.5.1906

Vereinigtes Königreich von Großbritannien und Irland, London: Das britische Unterhaus in London verabschiedet mit der Mehrheit der Liberalen eine Resolution, in der die Regierung unter Premierminister Henry Campbell-Bannerman (liberal) aufgefordert wird, wirksame Schritte zur Beschränkung der Rüstungsausgaben zu unternehmen.


Der russische Reichsrat erhält eine neue Verfassung. Seine Mitglieder werden vom Zaren ernannt oder von bestimmten Körperschaften (Gutsbesitzer, Adelskorporationen, Kirchengremien) gewählt.


Die baltischen Ritterschaften erhalten die Erlaubnis, ihre Landesgymnasien mit Deutsch als Unterrichtssprache wiederzueröffnen. Nur die Fächer Russische Sprache und Literatur sowie Russische Geschichte und Geographie müssen in russischer Sprache gelehrt werden.


10

Donnerstag, 10.5.1906

Zar Nikolaus II. eröffnet in Petersburg (Leningrad) die Reichs-Duma, das erste gewählte Parlament in Russland.


Deutsches Kaiserreich, Hamburg: In Hamburg kommt es zu blutigen Kämpfen zwischen Hafenarbeitern, die anlässlich der Kundgebungen zum 1. Mai ausgesperrt worden waren, und ausländischen Ersatzarbeitern.


In Mailand, Rom und Bologna kommt es während eines Generalstreiks zu Straßenschlachten. Der Ausstand ist eine Sympathiekundgebung für die Turiner Textilarbeiter, die für eine Arbeitszeitverkürzung streiken.


11

Freitag, 11.5.1906

In Petersburg (Leningrad) wird ohne große Feierlichkeiten der neue russische Reichsrat als zweites Gesetzgebungsorgan neben der Duma eröffnet.


Italien, Rom: 24 sozialistische Abgeordnete des italienischen Parlaments in Rom legen ihre Mandate nieder. Sie protestieren damit gegen den Einsatz von Militär gegen Streikende am 10. Mai . Bei den Neuwahlen, die durch die Mandatsniederlegung erforderlich werden, verlieren die Sozialisten am 3. Juni drei Mandate.


12

Samstag, 12.5.1906

Deutsches Kaiserreich, Berlin: Das preußische Abgeordnetenhaus in Berlin bewilligt 15 Mio. Mark zur Verbesserung der Wohnungsverhältnisse von Arbeitern, die in staatlichen Betrieben beschäftigt sind, und von gering besoldeten Staatsbeamten.


Deutsches Kaiserreich, Berlin: Der preußische Innenminister Theobald von Bethmann Hollweg beantwortet im Abgeordnetenhaus in Berlin eine Anfrage der Freisinnigen über Massenausweisungen von Russen. Er habe angeordnet, "dass Personen ohne gesicherte wirtschaftliche Existenz, ohne Legitimation oder politisch Verdächtige ausgewiesen werden". Bei den Ausgewiesenen handelt es sich in der Mehrzahl um politische Flüchtlinge.


Deutsches Kaiserreich, Dresden: In Dresden wird die Deutsche Kunst-Gewerbe-Ausstellung eröffnet.


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Sonntag, 13.5.1906

In den Kupfergruben von Caneva in Mexiko brechen blutige Auseinandersetzungen zwischen mexikanischen und US-amerikanischen Arbeitern aus. Bei den nationalistisch motivierten Kämpfen, die sich über fast ganz Mexiko ausbreiten, kommen in den folgenden Wochen mehrere hundert Menschen ums Leben.


14

Montag, 14.5.1906

Nach einem britischen Ultimatum zieht die osmanische Regierung unter Großwesir Mehmed Ferid Pascha ihre Truppen aus Tabah auf der Sinaihalbinsel ab. London hatte den Rückzug mit dem Hinweis gefordert, der Golf von Akaba sei ägyptisches Territorium.


Schweden, Stockholm: Das schwedische Oberhaus in Stockholm lehnt mit 126 zu 18 Stimmen die Wahlvorlage der Regierung unter Ministerpräsident Karl Albert Staaff ab, die das Mehrheitswahlrecht fordert, und verabschiedet einen Antrag auf Einführung des Verhältniswahlrechts. Der Streit um die Wahlvorlage führt am 29. Mai zum Rücktritt der seit 1905 amtierenden liberalen Regierung.


Deutsches Kaiserreich, Braunschweig: Die Landesversammlung des Bunds der Landwirte in Braunschweig fordert eine stärkere Veränderung der Regierungspolitik in Richtung der "Heimatpolitik". So soll das Schutzzollsystem ausgebaut werden. Zugleich beklagen die Landwirte die Einführung der Erbschaftssteuer.


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Dienstag, 15.5.1906

Deutsches Kaiserreich, Berlin: Der Deutsche Reichstag in Berlin verabschiedet mit großer Mehrheit eine Verfassungsänderung, die es ermöglicht, den Abgeordneten Diäten zu gewähren.


Deutsches Kaiserreich, Posen: Im Kaiser-Friedrich-Museum in Posen wird eine Ausstellung von Gemälden Hans Thomas (* 1839) eröffnet, der zu den volkstümlichsten deutschen Malern zählt. Gezeigt werden vor allem Landschaften und Stilleben des zwischen Realismus und Neuromantik stehenden Künstlers von 1871 bis 1905.


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Mittwoch, 16.5.1906

Der Hottentottenführer Morenga, der am 4. Mai aus Deutsch-Südwestafrika in die britische Kapkolonie geflohen war, wird von der Kappolizei aufgegriffen und in Kapstadt interniert. Die britischen Behörden lehnen jedoch seine Auslieferung an das Deutsche Reich ab.


Deutsches Kaiserreich, Berlin: Das preußische Abgeordnetenhaus in Berlin verabschiedet den umstrittenen Gesetzentwurf über den Erwerb des Kalisalzbergwerks der Gewerkschaft Hercynia durch den Staat. Handelsminister Clemens Delbrück betont gegenüber Kritikern, die Regierung wolle kein Staatsmonopol auf dem Gebiet des Kali- und Kohlenbergbaus errichten.


17

Donnerstag, 17.5.1906

Die russische Duma, das Parlament in Petersburg (Leningrad), nimmt als Antwort auf die Begrüßungsrede des Zaren vom 10. Mai eine Adresse an, in der eine Amnestie für politische Verbrechen und die Abschaffung der Todesstrafe gefordert werden.


König Karl I. von Portugal beruft João Franco zum Ministerpräsidenten.


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Freitag, 18.5.1906

Bei einem Empfang in der lothringischen Stadt Diedenhofen (Thionville) äußert Kaiser Wilhelm II. die Überzeugung, "dass es auch fernerhin Mir gelingen wird, gestützt auf unsere Wehrkraft, dem Deutschen Reich den Frieden zu erhalten und zu verbürgen, dass die Lothringer ungestört ihrer Arbeit nachgehen können". Elsaß-Lothringen ist seit 1871 ein Reichsland des Deutschen Reichs.


19

Samstag, 19.5.1906

Deutsches Kaiserreich, Berlin: Der Deutsche Reichstag in Berlin verabschiedet die Reichsfinanzreform.


Der Reichstag genehmigt die Flottennovelle.


Deutsches Kaiserreich, Heidelberg: Die Deutsche Volkspartei protestiert auf einer Versammlung in Heidelberg gegen die Fahrkahrtensteuer. Es sei tief bedauerlich, dass die Regierung in einer Zeit, "in der die Erkenntnis der Notwendigkeit der Verbilligung der Verkehrsmittel immer allgemeiner wird, vor einer Besteuerung der Fahrkarten" nicht zurückschrecke.


König Viktor Emanuel III. von Italien trifft in Brig zur Eröffnung des Simplontunnels ein.


20

Sonntag, 20.5.1906

Deutsches Kaiserreich, Hamburg: In Hamburg findet die Hauptversammlung des Deutschen Flottenvereins statt, eines der mitgliederstärksten Vereine im Kaiserreich. Mehrere Redner beklagen, dass die Verstärkung der Marine durch die am 19. Mai verabschiedete Flottennovelle zu gering ausgefallen sei.


21

Montag, 21.5.1906

Der russische Dumapräsident Sergei A. Muromzew erhält den Bescheid, dass Zar Nikolaus II. es ablehnt, ihm eine Audienz zur Überreichung der von der Duma verabschiedeten Adresse zu gewähren. In der Adresse werden eine Amnestie für politische Straftaten und die Abschaffung der Todesstrafe gefordert.


22

Dienstag, 22.5.1906

König Karl I. von Rumänien begeht den 25. Jahrestag seiner Krönung.


Im sardinischen Grubengebiet kommt es während Teuerungsunruhen zu blutigen Zusammenstößen zwischen Arbeitern und Militär.


23

Mittwoch, 23.5.1906

Deutsches Kaiserreich, Berlin: Der deutsche Außenminister Heinrich Leonhard von Tschirschky und Bögendorff dementiert im Reichstag in Berlin Berichte, wonach die Wien-Reise von Kaiser Wilhelm II. politische Hintergründe habe.


Der norwegische Dichter Henrik Ibsen stirbt in Kristiania.


24

Donnerstag, 24.5.1906

In Deutsch-Ostafrika kommt es erneut zu Gefechten zwischen den Kolonialtruppen und den Aufständischen. Auch aus Deutsch-Südwestafrika werden Kämpfe mit den Hottentotten gemeldet.


25

Freitag, 25.5.1906

Die letzten britischen Truppen verlassen Esquimouth in British Columbia (Kanada). Das Dominion Kanada sorgt von nun an selbst für die Verteidigung seines Territoriums.


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Samstag, 26.5.1906

Die russische Duma, das Parlament in Petersburg (Leningrad), spricht dem Kabinett unter Ministerpräsident Iwan L. Goremykin das Mißtrauen aus und fordert eine vom Vertrauen der Duma getragene Regierung. Das bisherige Kabinett war von Zar Nikolaus II. ernannt worden.


In Petersburg werden bei einer Arbeiterprotestversammlung gegen einen nationalistischen Verein sechs Kundgebungsteilnehmer von Soldaten erschossen.


Deutsches Kaiserreich, Berlin: Der Deutsche Reichstag in Berlin lehnt überraschend die Errichtung eines selbständigen Kolonialstaatssekretariats in dritter Lesung mit 142 zu 119 Stimmen ab. Damit ist die Regierung unter Reichskanzler Bernhard Fürst von Bülow mit ihrem Plan gescheitert.


Deutsches Kaiserreich, Berlin: Der Deutsche Reichstag in Berlin lehnt den von der Regierung geforderten Weiterbau der Eisenbahnlinie von der Lüderitzbucht in Deutsch-Südwestafrika nach Keetmanshoop mit 186 zu 95 Stimmen ab. Eine Reichstagskommission hatte die Ablehnung gefordert mit dem Vorschlag, dass der Süden der Kolonie aufgegeben werden solle zugunsten verstärkter Investitionen in den anderen Landesteilen.


Deutsches Kaiserreich, Berlin: Der SPD-Abgeordnete Eduard Bernstein kritisiert im Deutschen Reichstag in Berlin das Verhalten der Breslauer Polizei, die am 21. April während der Streikunruhen mit großer Brutalität vorgegangen sei. Polizisten hätten mit Revolvern geschossen, einem unschuldigen Arbeiter sei eine Hand abgehauen worden, ohne dass der Täter ermittelt worden sei.


Deutsches Kaiserreich, Berlin: Der deutschkonservative Rittergutsbesitzer Elard von Oldenburg-Januschau hält im Reichstag in Berlin eine scharfe Rede gegen das allgemeine Wahlrecht.


Der US-Senat in Washington verabschiedet ein Gesetz zur Verschärfung der Fleischbeschau.


Deutsches Kaiserreich, Berlin: Der deutsche Ingenieur August von Parseval unternimmt in Berlin-Tegel die erste erfolgreiche Fahrt mit seinem Luftschiff.


Buffalo Bill, der "Letzte des Wilden Westens", gastiert mit seiner Truppe am Wiener Prater.


27

Sonntag, 27.5.1906

Deutsches Kaiserreich, Essen: Anlässlich des 42. Tonkünstlerfests des Allgemeinen Deutschen Musikvereins wird in Essen Gustav Mahlers 6. Sinfonie unter der Leitung des Komponisten uraufgeführt.


Deutsches Kaiserreich, Nürnberg: Im Endspiel um die Deutsche Fußball-Meisterschaft besiegt der VfB Leipzig in Nürnberg den 1. FC Pforzheim vor 1100 Zuschauern 2:1.


Deutsches Kaiserreich, Leipzig: Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) in Leipzig akzeptiert auf Anweisung der Fédération Internationale de Football Association (FIFA) die englischen Fußballregeln.


28

Montag, 28.5.1906

Der seit 2. Mai amtierende österreichische Ministerpräsident Konrad Prinz von Hohenlohe-Waldenburg-Schillingsfürst tritt zurück wegen Differenzen mit Kaiser Franz Joseph I. in der Zollbündnisfrage gegenüber Ungarn. Nachfolger wird am 2. Juni Max Wladimir Freiherr von Beck.


Im mitteldeutschen Grubenrevier wird nach neunwöchigem Streik die Arbeit wieder aufgenommen.


Deutsches Kaiserreich, Berlin: Der preußische Landwirtschaftsminister Viktor von Podbielski bezeichnet im preußischen Herrenhaus in Berlin die 1905 wegen der Fleischteuerung erhobene Forderung nach Senkung der Schutzzölle als grundlos. Die Landwirtschaft habe die Schlachtviehproduktion "so gesteigert, dass sie nicht nur den inländischen Bedarf gegenwärtig reichlich deckt, sondern dass ein Überfluß namentlich an Schweinen vorhanden ist".


Deutsches Kaiserreich, Berlin: Das preußische Abgeordnetenhaus in Berlin verabschiedet das Volksschulgesetz. Das Gesetz wird in der Öffentlichkeit heftig angegriffen, da es eine Ausdehnung der Konfessionsschulen, aber nicht der Simultanschulen vorsieht und die geistliche Schulaufsicht beibehält.


29

Dienstag, 29.5.1906

Der Liberale Giovanni Giolitti wird zum dritten Mal italienischer Ministerpräsident als Nachfolger des seit 8. Februar amtierenden Zentrumspolitikers Giorgio Sidney Baron Sonnino.


Vereinigtes Königreich von Großbritannien und Irland, London: Die in der Entente cordiale verbündeten Mächte Großbritannien und Frankreich unterzeichnen in London eine Konvention über die Abgrenzung ihrer Kolonialgebiete an Niger und Tschadsee.


Admiral Arvid Lindman (konservativ) wird schwedischer Ministerpräsident als Nachfolger des Liberalen Karl Albert Staaff. Dieser hatte wegen Meinungsverschiedenheiten mit der Krone in der Frage der Wahlrechtsreform den Rücktritt erklärt.


Dänemark, Kopenhagen: Gewinner der Wahlen zum Folketing, dem dänischen Parlament in Kopenhagen, sind die Sozialdemokraten, die 24 statt bisher 16 Mandate erhalten. Stärkste Kraft bleibt die Reformpartei mit 55 (bisher 58) Abgeordneten.


Deutsches Kaiserreich, Berlin: Das preußische Abgeordnetenhaus in Berlin genehmigt einen Antrag der Deutschkonservativen, wonach "Eingriffe in die Verfassung der Einzelstaaten insbesondere Preußens, im Wege der Reichsgesetzgebung vermieden, jedenfalls nicht ohne Einvernehmen mit den Einzellandtagen vorgenommen werden". Auslöser war das vom Reichstag verabschiedete Diätengesetz, das die Deutschkonservativen als unvereinbar mit der preußischen Verfassung ansehen.


Kaiser Wilhelm II. genehmigt ein neues Exerzierreglement für die Infanterie. Es hat das Ziel, "dass bei voller Aufrechterhaltung der althergebrachten Zucht und Ordnung die kriegsmäßige Ausbildung, für die das neue Reglement weiteren Raum schafft, stetig gefördert wird".


30

Mittwoch, 30.5.1906

Deutsches Kaiserreich, Berlin: Preußens Handelsminister Clemens Delbrück bemerkt im Herrenhaus in Berlin hinsichtlich christlicher Gewerkschaften, "dass ich es nur mit Freuden begrüßen kann, wenn die Arbeiter sich auf einer Grundlage zusammenfinden, welche sich deckt mit der Auffassung der königstreuen und staatserhaltenden Parteien".


31

Donnerstag, 31.5.1906

Spanien, Madrid: In Madrid wird nach der Hochzeit des spanischen Königs Alfons XIII. mit Prinzessin Ena von Battenberg ein Bombenattentat auf das Brautpaar verübt.


Deutsches Kaiserreich, Bremen: Das deutsche ostasiatische Besatzungsgeschwader trifft, aus China kommend, in Bremen ein.


Fürst Ferdinand I. von Bulgarien weiht unter großen Feierlichkeiten den Schwarzmeerhafen Warna ein.


Das Handelsvertragsprovisorium zwischen Serbien und Österreich-Ungarn wird verlängert - ein weiterer Erfolg Wiens im Handelskonflikt mit dem Balkanstaat.