1

Mittwoch, 1.11.1905

Sergei J. Graf Witte wird entsprechend dem Manifest vom 30. Oktober zum russischen Ministerpräsidenten (Vorsitzenden des Ministerrats) ernannt. Er leitet das erste eigenständige Kabinett in der Geschichte Russlands.


Der Konservative Konstantin P. Pobedonoszew legt aus Protest gegen das Manifest vom 30. Oktober sein Amt als Oberprokurator des Allerheiligsten Synods nieder. Sein Nachfolger an der Spitze der obersten Verwaltungsbehörde der russisch-orthodoxen Kirche wird Fürst Alexandr D. Obolenski, der bisherige Generalgouverneur von Finnland.


Schweden bekommt mit dem Ende der Union mit Norwegen eine eigene Flagge ohne Unionszeichen. Sie zeigt das liegende skandinavische Kreuz gelb auf blauem Grund.


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Donnerstag, 2.11.1905

Als eine seiner ersten Amtshandlungen löst Sergei J. Graf Witte, der erste russische Ministerpräsident, die Gouverneure ab, in deren Bezirken die Judenpogrome andauern. Die Maßnahme gilt für Estland, Perm, Tomsk, Kasan und die Stadt Odessa.


Österreich-Ungarn, Wien: In Wien kommt es zwischen der Polizei und Sozialdemokraten, die für die Einführung des allgemeinen Wahlrechts demonstrieren zu Zusammenstößen.


3

Freitag, 3.11.1905

Zar Nikolaus II. unterzeichnet einen AmnestieErlass für politische Vergehen. Viele politische Gefangene werden freigelassen und zahlreiche Prozesse eingestellt.


Hendrik Witbooi, der bekannteste Führer der Hottentotten, wird von deutsch-südwestafrikanischen Truppen im Verlauf eines Gefechts bei Fahlgras tödlich verwundet.


Im Deutschen Reich finden anlässlich des Hubertustags zahlreiche Jagden statt.


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Samstag, 4.11.1905

Zar Nikolaus II. stellt die Verfassung des autonomen Großfürstentums Finnland wieder her.


Der serbische Ministerpräsident Ljubomir Stojanović formuliert im Belgrader Parlament das Schlagwort "der Balkan den Balkanstaaten".


Vor einer Hauptpolizeiwache in Prag finden im Anschluß an eine von Sozialdemokraten veranstaltete Wahlrechtsdemonstration Tumulte statt, bei denen 27 Schutzleute verletzt werden.


Deutsches Kaiserreich, München: Die bayerische Abgeordnetenkammer in München genehmigt mit den Stimmen von Zentrum und Liberalen die Verstaatlichung der pfälzischen Eisenbahnen. Dagegen stimmen Sozialdemokraten und Bauernbündler.


Im Münchner Augustinerbräu werden der Deutsche Ski-Verband und der Österreichische Ski-Verband gegründet. Sie bilden zusammen eine Interessengemeinschaft.


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Sonntag, 5.11.1905

Deutsches Kaiserreich, Nürnberg: In Nürnberg wird ein gemeinsamer Zentralausschuß liberaler Parteien und Organisationen gegründet.


In Warschau der Hauptstadt Russisch-Polens, beteiligen sich mehr als 100 000 Menschen an einer Kundgebung für einen eigenständigen polnischen Staat.


Deutsches Kaiserreich, Posen: In Kellers Festsälen in Berlin konstituiert sich die Berliner Ortsgruppe des nationalpolnischen Straz-Vereins. Zweck des Straz (polnisch "Wache") ist die Bekämpfung von Maßnahmen der preußischen Regierung, die das Deutschtum in Posen stärken sollen.


Bei Wahlrechtsdemonstrationen in Prag kommt es zu blutigen Zusammenstößen zwischen dem Militär und Demonstranten, die ihre Sympathie mit der Revolution in Russland zum Ausdruck bringen. Die Krawalle dauern bis zum 7. November .


Fürst Nikolaus I. von Montenegro erlässt für sein Land eine Verfassung und ordnet den Zusammentritt des ersten Parlaments für den 6. Dezember an. Um revolutionären Unruhen wie im Zarenreich vorzubeugen, will der autokratisch regierende Herrscher Teilen des Volkes Mitbestimmung bei der Regierung gewähren.


Die "Russische Correspondenz" meldet pogromartige "Judenmassacres" aus Saratow, Kasan, Kiew, Odessa, Kischinew, Rostow, Minsk, Tomsk und zahlreichen weiteren Städten und Orten. Sogar in offiziellen Berichten werde zugegeben, dass "eine ungeheure Zahl von Menschen ermordet oder verwundet" worden sei.


Der russische Synod in Petersburg ruft die Geistlichen dazu auf, mit allen Mitteln dem gegen die Regierung gerichteten "Bürgerkrieg" entgegenzuwirken.


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Montag, 6.11.1905

Dmitri F. Trepow, der Generalgouverneur von Petersburg sowie Großfürst Wladimir, der Kommandeur der Gardetruppen und des Petersburger Militärbezirks, treten nach dem Erlass des Manifests vom 30. Oktober von ihren Ämtern zurück. Auch zahlreiche andere konservative Politiker stellen ihre Ämter zur Verfügung.


Deutsches Kaiserreich, Berlin: Kaiser Wilhelm II. empfängt König Alfons XIII. von Spanien auf dem Anhalter Bahnhof in Berlin. Der Besuch des Monarchen soll die guten Beziehungen zwischen Spanien und dem Deutschen Reich vertiefen. Nach dem Attentat auf den spanischen König in Paris sind die Sicherheitsvorkehrungen in Berlin so streng wie noch nie zuvor bei einem Staatsbesuch.


Die Wiener Universität wird wegen anhaltender Zusammenstöße zwischen deutschnationalen Studenten und der übrigen Studentenschaft bis auf weiteres geschlossen.


7

Dienstag, 7.11.1905

Schweden, Stockholm: In Stockholm bildet Karl Staaff die erste liberale Regierung Schwedens.


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Mittwoch, 8.11.1905

Deutsch-ostafrikanische Schutztruppen schlagen einen Angriff aufständischer Eingeborener auf Kilossa bei Daressalam zurück.


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Donnerstag, 9.11.1905

Vereinigtes Königreich von Großbritannien und Irland, London: Beim traditionellen Lord Mayor's Bankett in London unterstreicht der britische Premierminister Arthur James Balfour, dass die derzeit einzige Gefahr für den Frieden die "politischen Depressionsgebiete" in "weniger zivilisierten Ländern von Korea bis Marokko" seien.


In Schweden endet ein Streik in der Eisen- und Metallindustrie. Die 17 000 seit 10. Juni ausgesperrten Arbeiter setzen einen Minimallohn durch.


10

Freitag, 10.11.1905

Truppen aus Petersburg werfen in Kronstadt eine am 8. November ausgebrochene antizaristische Matrosenmeuterei nieder.


11

Samstag, 11.11.1905

Der russische Ministerpräsident Sergei J. Graf Witte lehnt in Petersburg die Forderung einer polnischen Deputation ab, den Kriegszustand in Russisch-Polen aufzuheben und dem Land Autonomie zu gewähren.


12

Sonntag, 12.11.1905

Bei einer Volksabstimmung votiert eine große Mehrheit der Norweger für die Wahl des dänischen Prinzen Carl zum König von Norwegen.


Zur Linderung der Fleischnot beschließen die preußischen Behörden, die Einfuhr russischer Schweine nach Oberschlesien um 300 je Monat zu erhöhen. Entsprechende Verhandlungen mit Russland sollen unverzüglich aufgenommen werden.


Ein zweitägiger Kabelschachwettkampf zwischen sechs deutschen und sechs US-amerikanischen Schachspielern endet mit dem Sieg der Vereinigten Staaten.


13

Montag, 13.11.1905

Auf der osmanischen Insel Kreta bricht der Aufstand der Panhellenen zusammen.


14

Dienstag, 14.11.1905

In Wladiwostok beginnt eine zweitägige Meuterei, an der sich mehrere tausend Matrosen beteiligen. Die Aufständischen brennen die Gefängnisse nieder.


Der griechische Metropolit Joachim von Monastir wird bei einem Bombenattentat eines bulgarischen Nationalisten verletzt, zwei seiner Diener sterben. Hintergrund des Anschlags sind die Auseinandersetzungen in Makedonien.


Österreich-Ungarn, Wien: Der österreichische Kaiser Franz Joseph I. empfängt in Wien König Alfons XIII. von Spanien.


Elsaß-Lothringen, Straßburg: Bei der Einfahrt nach Straßburg entgleisen eine Reihe von Wagen eines Güterzuges, von denen auch einige im Lichtraumprofil des Gleises der Gegenrichtung zum Stehen kommen. Dort verkehrt kurz darauf ein Personenzug, und es kommt zum Zusammenstoß. Ein Reisender stirbt.


15

Mittwoch, 15.11.1905

In Petersburg beginnt ein politischer Generalstreik.


Die britische Nachrichtenagentur Reuter bezeichnet es als "aufrichtigen Wunsch der englischen und der russischen Regierung, zu einer politischen Entente zu gelangen". Diese sei jedoch erst möglich, wenn die "Wirren" im Zarenreich vorbei seien.


In Konstantinopel (Istanbul) verursacht ein Bombenattentat auf den Chef der Geheimpolizei, Selim Pascha, erheblichen Sachschaden. Menschen werden nicht verletzt. Die unbekannten Täter werden in den Kreisen der radikalen Jungtürkenbewegung vermutet.


Die Eisenbahnlinie von Peking nach Hankow (Wuhan) wird eröffnet.


Deutsches Kaiserreich, Berlin: In Berlin nehmen die ersten von Motoren getriebenen Omnibusse im öffentlichen Nahverkehr ihren Liniendienst auf.


16

Donnerstag, 16.11.1905

Die russische Regierung unter Sergei J. Graf Witte erlässt den Bauern die Hälfte der Abzahlungsverpflichtungen zum Beginn des kommenden Jahres und streicht sie zum 1. März 1907. Außerdem wird die Bauernbank ermächtigt, gegen Obligationen Land aufzukaufen und es landarmen Bauern zu überlassen.


Die Botschafter der Großmächte fordern in einer Kollektivnote die osmanische Regierung in Konstantinopel auf, das von ihnen vorgelegte Reformprogramm für Makedonien zu akzeptieren.


Als Reaktion auf das Attentat auf den griechischen Metropoliten vom 14. November überfallen griechische Nationalisten mehrere bulgarische Siedlungen in Makedonien und ermorden zahlreiche Bulgaren.


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Freitag, 17.11.1905

Das Kaiserreich Korea wird japanischer Schutzstaat.


Vereinigtes Königreich von Großbritannien und Irland, London: Jüdische Bankiers und Geschäftsleute aus Großbritannien, dem Deutschen Reich und Frankreich vereinbaren auf einer Tagung in London, dem Zarenreich kein weiteres Kapital zu Verfügung zu stellen, solange die Judenpogrome in Russland andauern.


Großherzog Adolf von Luxemburg, der älteste europäische Monarch, stirbt im Alter von 88 Jahren. Nachfolger wird sein Sohn Wilhelm IV.


Belgien, Brüssel: Der belgische Thronfolger, Philipp Graf von Flandern, der Bruder von König Leopold II. (70), stirbt im Alter von 68 Jahren in Brüssel. Thronfolger wird sein 30jähriger Sohn Albert (I.).


Während einer Nachtübung vor Kiel sinkt das Torpedoboot "S 126" nach einem Zusammenstoß mit dem Kreuzer "Undine". Ein Offizier und 32 Matrosen ertrinken.


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Samstag, 18.11.1905

Norwegen, Oslo: Das Storting, das norwegische Parlament in Kristiania (Oslo), wählt einstimmig Prinz Carl von Dänemark, Prinz Håkon VII. aus dem Haus Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg, zum König von Norwegen.


Die ungarische Regierung unter Géza Baron Fejérváry entzieht vielen Komitatsbehörden die staatlichen Subventionen, weil diese dem Kabinett die Unterstützung verweigern. Damit ist die autonome Verwaltung der Komitate gefährdet.


Während des Aufstands in Deutsch-Ostafrika unterwerfen sich die Eingeborenen, die im Umkreis der Hauptstadt Daressalam leben, den deutschen Kolonialtruppen. Mehrere 100 Gefangene werden nach Lindi in Sammellager transportiert.


An der bretonischen Küste nähert sich das britische Dampfschiff Hilda seinem Reiseziel, der Einfahrt in den Hafen von Saint-Malo. Ein schwerer Schneesturm hindert die Hilda aber daran, in den Hafen einzulaufen. Vor der Insel Cézembre rammt der Dampfer ein Riff, strandet und bricht auseinander. Nur sechs Personen können aus der aufgewühlten See gerettet werden. (125 Tote)


Der mecklenburgische Landtag legt den Buß- und Bettag auf denselben Wochentag wie Preußen.


19

Sonntag, 19.11.1905

Der preußische Generalleutnant Lothar von Trotha, der 1904 den Oberbefehl über die deutschen Truppen in Deutsch-Südwestafrika übernommen hatte, verlässt das Schutzgebiet. Wegen des Völkermordes an den Hereros ist von Trotha schwerer Kritik ausgesetzt.


Rosa Luxemburg veröffentlicht im SPD-Zentralorgan "Vorwärts" einen Artikel über die neue Flottenvorlage mit der Überschrift "Eine maßlose Provokation".


Russisches Kaiserreich, Moskau: In Moskau wird ein Kongress von Semstwo- und Städtevertretern aus ganz Russland eröffnet. Die Delegierten erklären sich auf der bis zum 24. November tagenden Veranstaltung einverstanden mit dem Manifest vom 30. Oktober . Sie fordern jedoch weitergehende Maßnahmen wie die Abschaffung der Todesstrafe.


Aus Nagasaki wird gemeldet, dass unter den russischen Kriegsgefangenen auf den Transportschiffen "Wladimir" und "Woronesch" wegen unzureichender Ernährung eine Meuterei der Mannschaften ausgebrochen sei. Die russischen Offiziere werden von den Japanern gegen die Meuterer unterstützt.


Der britische Passagierdampfer "Hilda" sinkt vor der bretonischen Küste während eines Schneesturms mit 123 Menschen an Bord.


20

Montag, 20.11.1905

Im Londoner Hyde Park demonstrieren mehrere tausend Menschen gegen die Arbeitslosigkeit.


21

Dienstag, 21.11.1905

Der russische Revolutionär Wladimir I. Lenin trifft, aus Genf kommend, in Petersburg ein und übernimmt die Leitung des Zentralkomitees der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Russlands (SDAPR) und des Petersburger Komitees der Bolschewiki.


22

Mittwoch, 22.11.1905

In Petersburg werden bei Zusammenstößen zwischen Streikenden und Militär 30 Arbeiter getötet.


König Carlos I. von Portugal trifft zu einem Staatsbesuch in der französischen Hauptstadt Paris ein.


23

Donnerstag, 23.11.1905

Frankreich, Paris: Eine internationale Flotte wird in Paris zusammengestellt, um vom Osmanischen Reich die Annahme des von den Großmächten vorgeschlagenen Reformprogramms für Makedonien zu erzwingen.


Deutsches Kaiserreich, München: Die Sozialdemokraten beantragen in der bayerischen Abgeordnetenkammer in München die Einführung der neunstündigen Arbeitszeit ab 1. April 1906 und der achtstündigen Arbeitszeit ab 1907 in den staatlichen Betrieben. Ministerpräsident Klemens von Podewils-Dürnitz verspricht ein Entgegenkommen, "soweit es die Finanzlage erlaube".


24

Freitag, 24.11.1905

Unter Führung von Leutnant P. P. Schmidt beginnt ein Aufstand der Matrosen von Sewastopol. Er wird von Regierungstruppen bis zum 29. November niedergeschlagen. Fast die Hälfte der Stadt wird bei den Kämpfen zerstört, da die Meuterer die Stadt mit einem Kreuzer und den Festungsbatterien beschießen.


Nikolai Gerard wird nach der Wiederherstellung der Autonomie des russischen Großfürstentums Generalgouverneur von Finnland. Er löst Fürst Alexandr D. Obolenski ab der zum Oberprokurator des Allerheiligsten Synods der russisch-orthodoxen Kirche ernannt worden ist.


Das Privatsekretariat des britischen Königs Eduard VII. dementiert Pressemeldungen, wonach der Monarch an der Feier der Silberhochzeit des deutschen Kaiserpaares im Februar 1906 teilnehmen werde. Das Dementi gilt als Beleg für die Spannungen zwischen dem Deutschen Reich und Großbritannien.


25

Samstag, 25.11.1905

Der neue norwegische König Haakon VII. trifft mit seiner Familie auf dem Admiralsschiff "Heimdal" in Kristiania (Oslo) ein.


Mitarbeitern des königlichen Aeronautischen Observatoriums Lindenberg gelingt es, eine Konstruktion mit sechs Drachen auf 6430 m Höhe aufsteigen zu lassen.


26

Sonntag, 26.11.1905

In Wladiwostok bricht erneut eine Meuterei bei der russischen Schwarzmeerflotte aus. Ein Regiment des Landheers schließt sich den Meuterern an.


Mit mehrwöchiger Verspätung geben die Behörden von Astrachan, der Hauptstadt des gleichnamigen russischen Gouvernements, bekannt, dass die Pest ausgebrochen ist. Die Seuche hat bereits 200 Opfer gefordert.


Frankreich, Paris: In Paris wird ein Stufenwettrennen auf den Eiffelturm veranstaltet.


27

Montag, 27.11.1905

Der mährische Landtag billigt den sog. Mährischen Ausgleich.


König Haakon VII. legt im Storting, dem Parlament in Kristiania (Oslo), den Eid auf die norwegische Verfassung ab.


In der Zeitschrift "Die Welt" wird die öffentliche Meinung über Kaiser Wilhelm II. analysiert.


Eine "Demonstrationsflotte" der Großmächte besetzt die zum Osmanischen Reich gehörende Insel Müdüllü (Lesbos).


Deutsches Kaiserreich, Berlin: In Berlin konstituiert sich der Deutsche Städtetag. Die Vertreter von 144 deutschen Städten fordern auf ihrer ersten Versammlung die ungehinderte Einfuhr lebenden Viehs aus dem Ausland, um der Fleischteuerung entgegenzuwirken.


Deutsches Kaiserreich, München: Die bayerische Staatsregierung lehnt vor der Abgeordnetenkammer in München die Einführung des Pluralwahlrechts ab, da es keine genügenden Sicherheiten vor dem Eindringen staatsfeindlicher Elemente biete. Auch das Verhältniswahlrecht findet keine Zustimmung, weil es zu kompliziert sei. Die Regierung erklärt sich jedoch bereit, jedes vorgeschlagene System zu prüfen.


28

Dienstag, 28.11.1905

Österreich-Ungarn, Wien: In Wien demonstrieren 200 000 Menschen für die Einführung des allgemeinen Wahlrechts.


Deutsches Kaiserreich, Berlin: Kaiser Wilhelm II. eröffnet den Reichstag in Berlin mit einer Thronrede, in der er die Abgeordneten ermahnt, der von der Regierung geforderten Erhöhung der Flottenschlagkraft ihre Zustimmung nicht zu verweigern: "Es ist mir eine heilige Sache um den Frieden des deutschen Volkes. Aber die Zeichen der Zeit machen es der Nation zur Pflicht, ihre Schutzwehr gegen ungerechte Angriffe zu verstärken."


An der Elektrotechnischen Lehranstalt in Petersburg werden 250 Studenten und Lehrer verhaftet und in die Peter-Pauls-Festung gebracht. Sie hatten sich an einer Spendensammlung für die Opfer der zaristischen Willkürherrschaft beteiligt.


Während des Krieges in Deutsch-Südwestafrika ergeben sich der Hottentottenführer Samuel Isak Witbooi - der Sohn des am 3. November gefallenen Häuptlings Hendrik Witbooi - und der Kapitän der Veldschoendrager-Hottentotten, Hans Hendrik, mit ihren Kriegern den Kolonialtruppen.


Vereinigtes Königreich von Großbritannien und Irland, London: Die Komödie "Major Barbara" des irischen Dramatikers George Bernard Shaw wird im Royal Court Theatre in London uraufgeführt.


29

Mittwoch, 29.11.1905

Über Barcelona wird nach von Separatisten verursachten Unruhen der Ausnahmezustand verhängt.


Deutsches Kaiserreich, Berlin: Der preußische Landwirtschaftsminister Viktor von Podbielski legt dem Reichstag in Berlin eine Denkschrift über die Fleischteuerung vor.


In Russland beginnt ein Generalstreik der Post- und Telegrafenbeamten. Die einzige telegrafische Verbindung Petersburgs ins Ausland besteht mit Kopenhagen. In den folgenden Tagen wird auch sie unterbrochen.


30

Donnerstag, 30.11.1905

In Petersburg wird der rechtskonservative "Bund des russischen Volkes" gegründet. Die "Schwarzen Hundertschaften" sind seine bewaffneten Kampfgruppen.


Deutsches Kaiserreich, München: Die bayerische Abgeordnetenkammer in München verabschiedet das neue Landtagswahlgesetz. Es sieht anstelle des bisherigen Wahlmänner-Systems die Direktwahl vor.