Was geschah im Dezember 1910

Im Deutschen Reich wird eine Volkszählung durchgeführt.

Der diktatorisch regierende mexikanische Präsident Porfirio Díaz leistet in Mexiko den Amtseid für eine weitere Amtsdauer von insgesamt sechs Jahren.

Deutsches Kaiserreich, Berlin: Die Berliner Stadtverordnetenversammlung genehmigt einstimmig den Bau der Nord-Süd-Bahn als Untergrundbahn vom Belle-Alliance-Platz zur Seestraße. Der erste U-Bahn-Abschnitt in Berlin - teilweise als Hochbahn geführt - wurde 1902 eröffnet.

Deutsches Kaiserreich, Berlin: Aus dem preußischen Innenministerium in Berlin wird bekannt, dass ein Gesetzentwurf über die Vereinigung der Stadt Berlin und der benachbarten Kommunalverbände, darunter Charlottenburg, Schöneberg, Köpenick und Spandau, ausgearbeitet wird. Das Gesetz über den Zweckverband Groß-Berlin wird 1911 verabschiedet, die Vereinigung 1920 verwirklicht.

Österreich-Ungarn, Wien: Nach 13stündiger stürmischer Debatte nimmt das österreichische Abgeordnetenhaus in Wien eine Resolution an, in der zur Linderung der Fleischnot die Einfuhr von Fleisch aus Übersee verlangt wird.

Die bayerischen Erzbischöfe und Bischöfe geben einen Erlass gegen staats- und autoritätsgefährdende Druckschriften heraus.

Im nachrevolutionären Lissabon wird mit großem Pomp der Jahrestag der Befreiung Portugals von der Herrschaft Spaniens gefeiert.

Belgien, Brüssel: 200 Wallonen, die in einem Saal in Brüssel eine Feier veranstalten, werden von rund 600 Flamen überfallen und verprügelt. Damit erreicht der Gegensatz zwischen den eine germanische Sprache sprechenden Flamen und den Französisch sprechenden Wallonen einen neuen Höhepunkt. Trotz des zahlenmäßigen Übergewichts der Flamen, die vorwiegend in Agrargebieten siedeln, wird Belgien meist von den Wallonen beherrscht, die eher in Industriegebieten wohnen.

In Großbritannien beginnen die zweiten Unterhausneuwahlen dieses Jahres. Sie bringen keine wesentliche Veränderung der Mehrheitsverhältnisse. Premierminister bleibt der Liberale Herbert Henry Asquith.

Italien, Rom: Vor der italienischen Abgeordnetenkammer in Rom erklärt Außenminister Antonio Marchese di San Giuliano den Dreibund, das 1882 abgeschlossene Verteidigungsbündnis zwischen dem Deutschen Reich, Österreich-Ungarn und Italien, zur festen Grundlage der Außenpolitik Italiens. In letzter Zeit waren vor allem von Österreich-Ungarn wiederholt Zweifel an der Bündnistreue Italiens geäußert worden.

Deutsches Kaiserreich, Pforzheim: Der Arbeitgeberverband der Edelmetallindustrie in Pforzheim gibt bekannt, dass sämtliche Betriebe vorläufig bis zum 2. Januar geschlossen werden. Rund 10 000 Edelmetallarbeiter sind zur Durchsetzung ihrer Lohnforderungen am 26. November in den Ausstand getreten.

Deutsches Kaiserreich, Stettin: Zur Förderung der "inneren Kolonisation" in den preußischen Ostgebieten wird in Stettin die Pommersche Landgesellschaft gegründet. Als Gesellschafter gehören ihr der preußische Staat, der Provinzialverband für Pommern und die pommersche Landesgenossenschaftskasse an. Unter "innerer Kolonisation" wird die planmäßige Ansiedlung bäuerlicher Bevölkerung im Inland verstanden; sie vollzieht sich unter anderem durch die Urbarmachung von Ödland.

Die zweite Hochquellwasserleitung Wiens wird am 62. Jahrestag des Regierungsantritts von Kaiser Franz Joseph I. eingeweiht. Der Bau wurde initiiert vom verstorbenen Bürgermeister Karl Lueger. Die Kapazität beträgt 400 Mio. l pro Tag.

Französische Marine besetzt den Hafen von Agadir in Marokko.

Deutsches Kaiserreich, Berlin: Die Deutschkonservative Partei fordert im Deutschen Reichstag in Berlin Maßnahmen zur Erhaltung des Handwerks.

Der mexikanische Diktator Porfirio Díaz ernennt eine Friedenskommission, die mit den Aufständischen verhandeln soll.

Kardinal Antonius Fischer, der Erzbischof von Köln, erlässt einen Hirtenbrief über die Frage des konfessionellen Charakters der christlichen Gewerkschaften. Papst Pius X. stehe allen christlichen Gewerkschaften "gleichmäßig neutral" gegenüber. In Zukunft sollen jedoch die katholischen Arbeiterorganisationen ausgebaut werden.

Das Bezirksgericht von Petersburg (Leningrad) spricht Lew L. Tolstoi, den Sohn des am 20. November verstorbenen Dichters Lew N. Tolstoi, vom Vorwurf der Gotteslästerung frei. Tolstoi hatte die Erzählungen "Gott ist nicht in der Kraft, sondern in der Wahrheit" und "Wiederherstellung der Hölle" seines Vaters herausgegeben. Sein Vater war bereits 1901 aus der Kirche ausgestoßen worden.

Österreich-Ungarn, Wien: Die dramatische Skizze "Anatol" von Arthur Schnitzler wird gleichzeitig am Deutschen Volkstheater in Wien und im Berliner Lessingtheater uraufgeführt.

Vereinigtes Königreich von Großbritannien und Irland, London: Die Oper "Salome" von Richard Strauss nach der gleichnamigen Tragödie von Oscar Wilde hat im Covent Garden in London Premiere.

In China werden als vorbereitende Maßnahme für die Einführung des konstitutionellen Systems die Departements für Heer und Flotte in selbständige Ministerien umgewandelt.

Deutsches Kaiserreich, Berlin: Der Deutsche Reichstag in Berlin berät den Gesetzentwurf über die Schaffung von Arbeitskammern.

Deutsches Kaiserreich, Leipzig: Zur Förderung der deutschen Interessen im Osmanischen Reich und in Persien wird in Leipzig das Deutsche Vorderasien-Komitee gegründet.

In seiner Botschaft zum Jahresende hebt US-Präsident William Howard Taft die "herzlichen Beziehungen" zu Lateinamerika hervor. Der Sturz der Regierung José Madriz werde "hoffentlich Nicaragua bald den ihm gebührenden Platz unter den geordneten fortschrittlichen Ländern der Welt wiedergeben".

Die US-Einwanderungskommission empfiehlt eine Senkung des Zuzugs ausländischer Arbeitssuchender.

Beim Landgang amerikanischer Marinesoldaten während des Besuchs des US-Atlantik-Geschwaders im französischen Cherbourg kommt es zu wüsten Ausschreitungen zwischen den Marines und der einheimischen Bevölkerung.

Ein Ball zu Ehren des japanischen Übungsgeschwaders in Pasadena in Kalifornien wird abgesagt, da sich die amerikanischen Frauen weigern, mit Japanern zu tanzen. Die starke Einwanderung von Japanern hat in den letzten Jahren zu Ressentiments in der Bevölkerung geführt.

Helen Taft, die Tochter von US-Präsident William Howard Taft, enthüllt in Washington das Denkmal für Friedrich Wilhelm von Steuben.

Deutsches Kaiserreich, Potsdam: Der österreichische Thronfolger, Erzherzog Franz Ferdinand, trifft zum Besuch von Kaiser Wilhelm II. in Potsdam ein. Zentrales Gesprächsthema ist die "Potsdamer Entrevue" von Wilhelm II. und dem russischen Zaren Nikolaus II. am 4./5. November.

Das französische Konsulat in Konstantinopel (Istanbul) unterstützt Großbritannien beim Kampf gegen die jungägyptischen Nationalisten. Es weist einen französischen Redakteur der Zeitung "Dépêche Egyptienne", der für die Unabhängigkeit Ägyptens von Großbritannien eintritt, aufgrund einer Verordnung aus dem 18. Jahrhundert aus Ägypten aus.

Deutsches Kaiserreich, Berlin: Der Deutsche Reichstag in Berlin berät das Friedenspräsenzgesetz.

Bei Auseinandersetzungen zwischen Hindus und Muslimen in der britisch-indischen Hauptstadt Kalkutta werden 160 Muslime schwer verletzt. Die Hindus wollten die Muslime daran hindern, während eines religiösen Fests Kühe zu opfern. Nach dem hinduistischen Glauben sind Kühe heilig.

Schweden, Stockholm: In Stockholm und Kristiania (Oslo) werden die Nobelpreise verliehen. Unter den Preisträgern sind drei Deutsche.

Deutsches Kaiserreich, Berlin: In seiner ersten großen Grundsatzrede als Reichskanzler bezeichnet Theobald von Bethmann Hollweg im Deutschen Reichstag in Berlin als Hauptaufgaben der Politik "die Einheit unseres Rechts, die Stärke des Heeres, die Schaffung der deutschen Flotte, die Sozialpolitik und die wirtschaftliche Gesetzgebung". Bethmann ist seit Juli 1909 Kanzler.

Aufständische Beduinenstämme überfallen die Stadt El Kerak an der Küste des Toten Meers im Osmanischen Reich und ermorden rund 100 Christen. Die Aufständischen kontrollieren rund 60 km der Hedschasbahn.

Die Oper "Das Mädchen aus dem goldenen Westen" von Giacomo Puccini wird an der Metropolitan Opera in New York uraufgeführt.

Die Kanalisierung des Abwasserflusses Emscher wird durch die Fertigstellung der neuen Rheineinmündung bei Duisburg beendet.

Der britische Luxusdampfer "Mauretania" startet in Liverpool zu einer Rekordfahrt über den Atlantik.

In Rio de Janeiro bricht ein Matrosenaufstand los.

Griechenland, Athen: Bei den Neuwahlen zur griechischen Nationalversammlung in Athen erringt Ministerpräsident Eleftherios Weniselos (liberal) einen überragenden Sieg. Weniselos tritt für den Anschluß Kretas an Griechenland ein. Kreta gehört zum Osmanischen Reich, hat jedoch 1908 den Anschluß an Griechenland proklamiert.

Portugal, Lissabon: Das portugiesische Appellationsgericht in Lissabon entscheidet, dass der frühere Diktator João Franco und seine Ministerkollegen in die Amnestie nach Proklamation der Republik eingeschlossen und daher straffrei seien.

Die brasilianische Regierung verhängt den Belagerungszustand über Rio de Janeiro, um weiteren Aufständen bei der Marine vorzubeugen.

Deutsches Kaiserreich, Berlin: Der Staatssekretär des deutschen Reichskolonialamts, Friedrich von Lindequist, betont vor dem Reichstag in Berlin, dass die überwiegende Mehrheit der Deutschen "von der Notwendigkeit der Kolonien durchdrungen" sei: "Die koloniale Lauheit ist ein für allemal verschwunden."

Deutsches Kaiserreich, Berlin: Großes Aufsehen erregt eine Rede des Zentrumsabgeordneten Matthias Erzberger, der im Deutschen Reichstag in Berlin darauf hinweist, dass der frühere Staatssekretär des Reichskolonialamts, Bernhard Dernburg, seinen Abschied unmittelbar nach dem Abschluß der Diamantenverträge genommen habe.

Deutsches Kaiserreich, Berlin: Im Deutschen Reichstag in Berlin kommt es bei der Debatte über die Moabiter Unruhen zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen Reichskanzler Theobald von Bethmann Hollweg und den Sozialdemokraten. Eduard David von der SPD spricht den Verdacht aus, die Krawalle seien von Polizeispitzeln provoziert worden.

In Mexiko erringen die Revolutionäre des Gegenpräsidenten Francisco Indalecio Madero bei Cierroprieto im Bundesstaat Chihuahua einen entscheidenden Sieg über die Truppen des Diktators Porfirio Díaz.

In der Universität von Petersburg (Leningrad) kommt es zu blutigen Zusammenstößen mit der Polizei während einer Protestversammlung. Die Studenten demonstrierten gegen die in einem amtlichen Bericht zugegebenen Prügelstrafen, die über die politischen Gefangenen im ostsibirischen Gebiet Nertschinsk verhängt wurden und mehrere Menschen in den Selbstmord getrieben hatten.

Auf den chinesischen Prinzen Ching verübt ein Unbekannter in Peking ein Revolverattentat, als der Prinz das Vorparlament verläßt. Ching bleibt zwar unverletzt, doch zeigt das Attentat, dass die Bereitschaft zu revolutionären Aktionen wächst.

Schweiz, Bern: Die Bundesversammlung der Schweiz in Bern wählt Marc Ruchet (radikal) zum neuen Bundespräsidenten als Nachfolger von Robert Comtesse (radikal).

Der Zusammenbruch der Zentralverkaufsgesellschaft m.b.H. deutscher Winzervereine in Eltville führt zur Auflösung der Nassauischen Landwirtschaftlichen Genossenschaftskasse, einer Raiffeisenorganisation. Das Ende der Zentralverkaufsgesellschaft ist eine Folge der katastrophalen Weinernte.

Im Leipziger Gewandhaus wird unter der Leitung von Arthur Nikisch das Klavierkonzert f-Moll op. 114 von Max Reger uraufgeführt. Solistin der Premiere ist Frieda Kwast-Hodapp.

Deutsches Kaiserreich, Berlin: Der Bundesrat in Berlin nimmt den Verfassungsentwurf für das deutsche Reichsland Elsaß-Lothringen einstimmig an. Die Verfassung, die Elsaß-Lothringen den deutschen Bundesstaaten nahezu gleichstellt, tritt 1911 in Kraft.

Spanien, Madrid: Die spanische Abgeordnetenkammer in Madrid nimmt den Gesetzentwurf zur Erhöhung der Friedenspräsenzstärke des Heeres um 25 000 auf insgesamt 135 000 Mann an.

Vier Münchner Theologieprofessoren legen ihre seelsorgerischen Ämter nieder, weil sie den von Papst Pius X. geforderten Antimodernisteneid nicht leisten wollen. Die übrigen Professoren und Privatdozenten der Münchner Universität haben den Eid freiwillig geleistet.

Deutsches Kaiserreich, Berlin: Das deutsche Reichsamt des Innern in Berlin gibt Pläne für eine Änderung des Patentgesetzes bekannt. Danach muss ein Patentinhaber, der seine Erfindung nicht verwertet, sein Patent einem anderen zur Nutzung überlassen. Andernfalls wird das Patent dem anderen zur Nutzung der Erfindung zugesprochen.

Österreich-Ungarn, Wien: Am Deutschen Volkstheater in Wien wird das Schauspiel "Glaube und Heimat" von Karl Schönherr uraufgeführt. Es wird einer der größten deutschsprachigen Bühnenerfolge vor dem Ersten Weltkrieg.

Die Vereinsbrauerei der Berliner Gastwirte nimmt den neuen Namen "Berliner Kindl" an.

Das Deutsche Reich und Österreich-Ungarn protestieren gegen die Ausweisung deutscher und österreichischer Missionare aus den portugiesischen Kolonien seit der Proklamation der Republik Portugal.

Die "Norddeutsche Allgemeine Zeitung" meldet halbamtlich, dass Großbritannien alle deutschen Schadenersatzansprüche aus dem Burenkrieg (1899/1900) ablehne.

Vereinigtes Königreich von Großbritannien und Irland, London: Die Neuwahlen zum britischen Unterhaus in London enden mit folgendem Resultat: Die Liberalen unter Premierminister Herbert Henry Asquith erhalten 271 Sitze (statt 275 bei den Januarwahlen), die Konservativen stellen 272 (273), die Labour Party 43 (40), die irischen Nationalisten 74 (72) und die unabhängigen Nationalisten 15 (10) Abgeordnete.

Der bayerische Prinzregent Luitpold stiftet 200 000 Mark für die Armee seines Landes.

Deutsches Kaiserreich, Kiel: Das Reichsgericht in Leipzig verurteilt die britischen Offiziere Trench und Brandon wegen Spionage zu vier Jahren Festungshaft. Sie haben gestanden, im Auftrag des britischen Nachrichtendienstes im August dieses Jahres in Kiel, Wilhelmshaven, Bremen, Helgoland, Sylt u.a. militärische Beobachtungen gemacht und diese nach Großbritannien weitergeleitet zu haben. Der Reichsanwalt hatte sechs statt vier Jahre Festung beantragt.

In Odessa werden Polizeikräfte, die eine nicht genehmigte Studentenversammlung auflösen wollen, mit Revolverschüssen empfangen. Die Polizisten antworten mit einer Gewehrsalve. Ein Student stirbt im Kugelhagel, acht Studenten werden schwer verletzt. Auch sieben Polizisten und ein Universitätsdiener tragen Wunden davon. 240 der 300 Studenten werden verhaftet.

Das chinesische Vorparlament in Peking empfiehlt in einer Denkschrift "die härtesten Strafen mit Ausnahme der Todesstrafe" für Opiumraucher und schlägt Belohnungen für die Anzeige von Opiumrauchern vor.

Die russische Regierung unter Ministerpräsident Pjotr A. Stolypin schlägt China den Bau einer Eisenbahnlinie vom Baikalsee durch die Wüste Gobi nach Peking vor. Bei der Realisierung dieses Projekts würde die Strecke Berlin- Peking um 1000 km auf 9085 km verkürzt werden. Zur Zeit dauert die Eisenbahnfahrt von Berlin nach Peking achteinhalb Tage.

In Preußen wird Bürger- und Lebenskunde als Schulfach eingeführt.

Frankreich, Paris: Der französische Senat in Paris setzt einen Ausschuß ein, der die Rechtsansprüche der Nachkommen des Spandauer Uhrmachers Karl Wilhelm Naundorff - er hatte sich als König Ludwig XVII. ausgegeben - auf die Führung des Familiennamens Bourbon prüfen soll. Naundorffs Nachkommen wurden 1863 unter dem Namen de Bourbon in den Niederlanden naturalisiert.

Der einflußreiche deutsche Nationalökonom Gustav von Schmoller veröffentlicht in der Wiener "Neuen Freien Presse" einen Aufsatz über die Demokratisierungstendenzen der Gegenwart. Darin bezeichnet er sozialdemokratische Minderheiten in den Parlamenten sowie in den Stadt- und Kreisvertretungen als "heilsam": "Schon als Ventil der Leidenschaft, vor allem aber als politische Erziehungsschule."

Ein Edikt befiehlt im Namen des chinesischen Kaisers P'u I angesichts der revolutionären Unruhen im Lande und der Agitation für eine Verfassung die Ausarbeitung eines Verfassungsprogramms einschließlich der Bildung einer verantwortlichen Regierung.

Prinz Max von Sachsen, Professor für kanonisches Recht und Liturgie in Freiburg im Üechtland, unterschreibt im Vatikan "aus freier Entschließung" eine Erklärung, in der er sich von einem kritischen Artikel über den Antimodernisteneid in der Zeitschrift "Roma e l'Oriente" distanziert. Daraufhin wird er von Papst Pius X. in Audienz "liebevollst" empfangen.

In China verbreitet sich die Lungenpest. Bis 1911 fallen der Epidemie, die vor allem in der Mandschurei grassiert, mehr als 60 000 Menschen zum Opfer.

Vereinigtes Königreich von Großbritannien und Irland, London: Die britische Polizei entdeckt in London eine Bombenfabrik russischer Anarchisten.

Der österreichische Thronfolger Franz Ferdinand eröffnet die Delegationen, die für die Belange beider Reichshälften zuständige Abgeordnetenversammlung in Budapest.

Die Truppen des mexikanischen Diktators Porfirio Díaz erobern Malpaso, einen der festen Stützpunkte der Revolutionäre des Gegenpräsidenten Francisco Indalecio Madero.

Die Märchenoper "Königskinder" von Engelbert Humperdinck wird in New York uraufgeführt.

Der neue Vizekönig von Britisch-Indien, Charles Baron Hardinge of Penshurst bewilligt einer Abordnung des Indian National Congress (INC) unter der Führung von William Wedderburn erstmals eine Audienz. Hardinges Vorgänger, der von 1905 bis 1910 regierende Vizekönig Gilbert J. Elliot-Murray-Kynynmound, Earl of Minto, hatte sie regelmäßig abgeschlagen. Der 1885 gegründete INC versteht sich als Vertretung eigenständiger indischer Interessen gegenüber der britischen Kolonialmacht.

Das chinesische Vorparlament in Peking verlangt die Bildung einer dem Parlament und damit dem Volk verantwortlichen Regierung oder die Auflösung des Vorparlaments.

Ein kaiserlicher Erlass lehnt das Gesuch des chinesischen Vorparlaments ab, bei Beamten den Zopf abzuschneiden.

Nicaragua, Managua: Der Kongress in Managua wählt Juan José Estrada, den Bruder des derzeitigen Revolutionspräsidenten José Dolores Estrada, für die kommenden zwei Jahre zum Präsidenten von Nicaragua.

In Honduras finden erneut schwere Kämpfe zwischen den Revolutionstruppen unter dem früheren Präsidenten Manuel Bonilla und Regierungstruppen statt.