1

Donnerstag, 1.3.1906

Der Zentrumspolitiker Julius Bachem fordert in einem aufsehenerregenden Zeitschriftenartikel unter der Überschrift "Wir müssen aus dem Turm heraus" die Erweiterung des katholisch ausgerichteten Zentrums zu einer interkonfessionellen Partei.


Der neue Handelsvertrag zwischen dem Deutschen und dem Russischen Reich tritt in Kraft. Wegen schleppender Abfertigung durch russische Zöllner werden auf mehr als 1000 Eisenbahnwaggonladungen deutscher Exportgüter die neuen, erhöhten Zollsätze erhoben, obwohl die Waren bereits tagelang zum alten Tarif auf Abfertigung gewartet haben.


Vereinigtes Königreich von Großbritannien und Irland, London: Das britische Unterhaus in London genehmigt einen Antrag, die Verantwortlichkeit der Politiker für den Schutz der Eingeborenenstämme in der Kolonie Südafrika anzuerkennen. Unterstaatssekretär Winston Churchill erklärt, die Regierung sei "ängstlich darauf bedacht, für das Wohl der Eingeborenen zu sorgen".


36 Menschen kommen ums Leben, als vor der westnorwegischen Stadt Haugesund das Dampfschiff "Thor" im Sturm sinkt.


2

Freitag, 2.3.1906

In Frankreich führt der Widerstand der Bevölkerung gegen die Inventaraufnahme in den katholischen Kirchen erneut zu Unruhen, die vielfach blutig verlaufen. In ländlichen Gebieten werden Polizisten und Soldaten mehrfach mit Gewalt an der Inventaraufnahme gehindert.


Die britische Regierung erkennt nach einer Erklärung von Kolonialminister Victor Alexander Earl of Elgin and Kincardine die Aufständischen in der Kolonie Deutsch-Südwestafrika nicht als kriegführende Partei an. Sie lässt daher die Verpflegung deutscher Truppen über die britische Grenze der Kapprovinz zu.


Während der revolutionären Unruhen in Russland erklärt der russische General Paul Edler von Rennenkampf in einer Proklamation, im Fall eines Anschlags auf eine Person seines Gefolges würden alle bei den Truppenteilen und in den Gefängnissen als Geiseln festgehaltenen Personen erschossen.


3

Samstag, 3.3.1906

Dezsö Freiherr von Bánffy zu Losonc, der Führer der liberalen ungarischen Neuen Partei, verlässt die oppositionelle Koalitionsmehrheit im Budapester Abgeordnetenhaus. Bánffy fordert die Ausklammerung der militärischen Frage aus dem Oppositionsprogramm, die Anbahnung der vollständigen wirtschaftlichen Selbständigkeit Ungarns und die Schaffung eines eigenen ungarischen Zollgebiets.


In Irkutsk in Südsibirien werden neun Offiziere sowie 112 einfache Soldaten und Unteroffiziere wegen Disziplinlosigkeit verhaftet.


Frankreich, Paris: König Eduard VII. von Großbritannien trifft in Paris erstmals mit dem neuen französischen Staatspräsidenten Armand Fallières zusammen. Der Besuch soll das "herzliche Einvernehmen" (Entente cordiale) zwischen Großbritannien und Frankreich unterstreichen.


Der österreichische Physiker Robert von Lieben erhält das Patent für seine Glühkathodenröhre für Verstärkerwirkung (Lieben-Röhre), die bahnbrechend für die Funk- und Radiotechnik ist.


4

Sonntag, 4.3.1906

Die zu Französisch-Ozeanien gehörenden Gesellschaftsinseln im Pazifik werden von einem Wirbelsturm verwüstet. Hunderte von Menschen kommen ums Leben. Allein in der Hauptstadt Papeete auf Tahiti werden 75 Häuser zerstört.


Ein Bergsturz zerstört einen großen Teil der italienischen Ortschaft Tavernola am Iseosee.


5

Montag, 5.3.1906

Der russische Zar Nikolaus II. erlässt das Statutenmanifest über die Errichtung der Reichsduma.


Die Großmächte lassen der osmanischen Regierung unter Großwesir Mehmed Ferid Pascha in Konstantinopel (Istanbul) eine Note überreichen. Darin fordern sie weitgehende Vollmachten für das internationale Polizeikorps, das im osmanischen Makedonien für die Aufrechterhaltung der Ordnung sorgt. In Makedonien kämpfen bulgarische Aufständische für die Unabhängigkeit vom Osmanischen Reich.


Deutsches Kaiserreich, Berlin: In Berlin wird in Anwesenheit von Kaiser Wilhelm II. das Museum für Meereskunde eröffnet.


6

Dienstag, 6.3.1906

Der US-amerikanische Polarforscher Robert Edwin Peary erreicht bei seinem Versuch, zum Nordpol vorzustoßen, 87 nördlicher Breite.


Auf den Philippinen beginnt die dreitägige Schlacht von Tolon. US-amerikanische Truppen schlagen aufständische Filipinos. Während des Spanisch-Amerikanischen Kriegs (1898) hatten die USA die aufständischen Filipinos gegen Spanien unterstützt und ihnen die staatliche Unabhängigkeit versprochen. Als die USA nach Kriegsende die Philippinen in Besitz nahmen, begann ein Guerillakrieg gegen die neue Kolonialmacht.


In einer Botschaft an den Kongress in Washington betont US-Präsident Theodore Roosevelt, die im Besitz der Vereinigten Staaten befindlichen Inseln dürften verteidigungstechnisch nicht weiter vernachlässigt werden, wenn die USA ihre politische Kraft erhalten wollten. Darüber hinaus empfiehlt er die Befestigung mehrerer US-Häfen und Buchten. Die Kosten für diese Arbeiten werden auf 50 Mio. Dollar (210 Mio. Mark) veranschlagt.


Deutsches Kaiserreich, München: Der bayerische Finanzminister Hermann Ritter von Pfaff lehnt vor dem Landtag in München die vom Zentrum geforderte Gründung einer bayerischen Staatslotterie ab. Bayern habe genug Vorteile von der preußischen Staatslotterie, an der es jährlich mit 4 Mio. Mark partizipiere.


7

Mittwoch, 7.3.1906

Die französische Regierung unter Ministerpräsident Maurice Rouvier tritt zurück. Die Abgeordnetenkammer hatte ihr wegen der Durchführung des umstrittenen Gesetzes über die Trennung von Staat und Kirche ein Mißtrauensvotum erteilt.


Der Senat des russischen Großfürstentums Finnland in Helsingfors (Helsinki) beschließt die Einführung des allgemeinen Wahlrechts für Männer und Frauen ab dem 25. Lebensjahr. Nicht wahlberechtigt ist, wer eine Armenunterstützung erhält, nicht in die Steuerlisten eingetragen ist oder zahlungsunfähig ist.


Vereinigtes Königreich von Großbritannien und Irland, London: Das britische Unterhaus in London genehmigt mit 348 zu 110 Stimmen einen Antrag, den Abgeordneten jährlich 300 Pfund Sterling (6129 Mark) als Diäten zu zahlen. Premierminister Henry Campbell-Bannerman (liberal) stimmt dem Antrag im Prinzip zu, erklärt jedoch, dass die Regierung weder Zeit noch Geld habe, den Beschluß alsbald durchzuführen.


Die serbische Regierung unter Ljubomir Stojanović tritt während des Handelsvertragskonflikts mit Österreich-Ungarn zurück. Neuer Ministerpräsident wird Sava Grujić von der Nationalradikalen Partei. Von ihm wird ein härteres Vertreten der serbischen Interessen erwartet.


8

Donnerstag, 8.3.1906

Der neue italienische Ministerpräsident Giorgio Sidney Baron Sonnino hebt in seiner Regierungserklärung nicht nur die Treue zum Dreibund mit dem Deutschen Reich und Österreich-Ungarn hervor, sondern auch die "Intimität" mit Großbritannien.


Über der Nordsee und dem nördlichen Atlantik wüten orkanartige Stürme. Das Fischerdorf Steine auf der nordnorwegischen Inselgruppe Lofoten wird während eines Schneesturms durch eine Lawine verschüttet. 30 Menschen sterben.


9

Freitag, 9.3.1906

Der französische Divisionskommandeur General de Mihielle wird wegen Widersetzlichkeit bei der Kircheninventaraufnahme zur Disposition gestellt.


10

Samstag, 10.3.1906

Grubenunglück von Courrières

Frankreich, Courrières: In den Schachtanlagen von Courrières in Nordfrankreich bricht nach einer Schlagwetterexplosion ein Feuer aus. Die Katastrophe fordert mehr als 1100 Menschenleben. Durch die Gewalt der Explosion werden Fördertürme und Schächte beschädigt. Ungefähr 600 unter Tage eingeschlossene Bergleute können in den nächsten Wochen gerettet werden. Es handelt sich um das schlimmste Grubenunglück in der Geschichte Europas. Bei den Begräbnissen kommt es zu Protestkundgebungen gegen die Betreibergesellschaft, die beschuldigt wird, bewusst die Öffnung der blockierten Schächte zu verzögern, um damit die Lagerstättenverluste einzugrenzen.

Grubenunglück von Courrières

10. März 1906: Frauen warten auf die Bergung ihrer Ehemänner und Söhne.

Grubenunglück von Courrières©
10. März 1906: Frauen warten auf die Bergung ihrer Ehemänner und Söhne.

Die deutsche Presse bespricht ausführlich die Amtsführung des deutschen Gouverneurs von Kamerun, Jesko von Puttkamer, wegen dessen "Strenge gegen die eingeborene Küstenbevölkerung".


11

Sonntag, 11.3.1906

Deutsches Kaiserreich, Straßburg: Die Vertreter der Zentrumsvereine im deutschen Reichsland Elsaß-Lothringen beschließen in Straßburg die Gründung einer elsaß-lothringischen Zentrumspartei.


12

Montag, 12.3.1906

Deutsches Kaiserreich, Wilhelmshaven: Kaiser Wilhelm II. wohnt in Wilhelmshaven der Vereidigung der Marinerekruten bei.


Deutsches Kaiserreich, Berlin: In Berlin wird die "Denkschrift über die Ausführung des Gesetzes betreffend die deutsche Ansiedlung in den preußischen Provinzen Westpreußen und Posen" veröffentlicht. Danach ist das Güterangebot während der "inneren Kolonisation" 1905 erheblich hinter dem der Vorjahre zurückgeblieben.


Der deutsche Bakteriologe Robert Koch hält in der Abteilung Berlin-Charlottenburg der Deutschen Kolonialgesellschaft einen Vortrag über die unzureichenden Gesundheitsverhältnisse in der Kolonie Deutsch-Ostafrika.


Spanien, Madrid: König Karl I. von Portugal trifft in Madrid zu einem Besuch beim spanischen König Alfons XIII. ein.


An der Nordseeküste kommt es zu einer Sturmflut, die schwere Schäden anrichtet.


13

Dienstag, 13.3.1906

Frankreich, Paris: Der Republikaner Ferdinand Sarrien bildet in Paris eine neue Regierung als Nachfolger des am 7. März zurückgetretenen Ministerpräsidenten Maurice Rouvier.


14

Mittwoch, 14.3.1906

Deutsches Kaiserreich, Berlin: Der Deutsche Reichstag in Berlin genehmigt gegen die Stimmen der Deutschkonservativen und eines Teils des Zentrums einen Antrag der Freisinnigen Vereinigung zum Vereinsgesetz. Der Reichskanzler möge dahin wirken, dass die landesgesetzlichen Beschränkungen des Vereinsrechts für Frauen durch Reichsgesetz beseitigt werden. Das preußische Vereinsgesetz z. B. verbietet die Teilnahme von Frauen und Lehrlingen an politischen Versammlungen.


15

Donnerstag, 15.3.1906

In den nordfranzösischen Departements Nord und Pas-de-Calais treten die Bergarbeiter in den Ausstand, um Lohnforderungen durchzusetzen. An dem Streik beteiligen sich 76 000 Arbeiter.


Die revolutionären Unruhen in Russland werden noch angeheizt durch Hungersnöte und Viehsterben in mehreren Gouvernements, die 1905 von einer Mißernte betroffen waren.


16

Freitag, 16.3.1906

Der ungarische Ministerrat unter Ministerpräsident Géza Freiherr von Fejérváry erklärt das leitende Komitee der oppositionellen Koalition im Reichstag für aufgelöst und verbietet seine weitere Tätigkeit. Das Komitee habe sich Rechte angemaßt, die nur der Exekutivgewalt zustehen. Es habe in Beschlüssen und Aufrufen zum offenen Widerstand gegen gesetzliche Verfügungen aufgereizt.


Der Handelsvertragskonflikt zwischen Serbien und Österreich-Ungarn wird vorläufig beigelegt. Serbien genehmigt die Vorschläge der Donaumonarchie bis zum Zustandekommen eines endgültigen Vertrags. Danach wird gegenseitig Meistbegünstigung gewährt, alle Repressionsmaßnahmen werden außer Kraft gesetzt.


Deutsches Kaiserreich, Berlin: Mitglieder aller bürgerlichen Parteien bringen im Deutschen Reichstag in Berlin einen Antrag zum Schutz der Heimarbeiter ein. Eine vielfach als erschütternd empfundene Ausstellung über Heimarbeit hatte zur Formulierung des Antrags geführt.


Frankreich, Paris: In Paris wird unter dem Vorsitz des Dichters François Coppée die Liga des katholischen Widerstands gegründet. Die Mitglieder wenden sich gegen Ausführungsbestimmungen des Gesetzes über die Trennung von Staat und Kirche.


17

Samstag, 17.3.1906

In Russland werden politische Gruppierungen und Gewerkschaften durch ein allerdings zeitlich begrenztes Vereins- und Versammlungsgesetz legalisiert. Dadurch soll ihnen die Kandidatur für die Reichsduma ermöglicht werden.


Deutsches Kaiserreich, Breslau: Zahlreiche russische Familien, die während der revolutionären Wirren seit 1905 u.a. wegen politischer Verfolgung ihre Heimat verlassen und sich in Breslau niedergelassen hatten, erhalten einen Ausweisungsbefehl für den 1. Juni .


Frankreich, Paris: Der neue französische Innenminister Georges Clemenceau verfügt, dass bei der Kircheninventaraufnahme künftig keine Bewaffneten mehr eingesetzt werden sollen. Am 20. März führt er im Senat in Paris aus, die Zählung der Leuchter in den Kirchen sei keine Angelegenheit, die Menschenleben wert sei.


Japan, Tokio: Das japanische Abgeordnetenhaus in Tokio genehmigt mit 243 zu 109 Stimmen die Verstaatlichung der Eisenbahnen.


In Frankfurt am Main tritt die erste Deutsche Wohnungskonferenz zusammen. Ihr Zustandekommen ist eine Reaktion auf die katastrophale Wohnsituation in den Großstädten.


Der US-amerikanische Präsident Theodore Roosevelt bezeichnet vor Pressevertretern im Gridion Club in Washington Journalisten, Schriftsteller und Verleger, denen es um die Enthüllung sozialer und politischer Mißstände geht, als "Muckrackers", deutsch "Mistharker".


18

Sonntag, 18.3.1906

In Russland finden die Vorwahlen für die Reichsduma statt. Sie verlaufen im allgemeinen ruhig, obwohl die Regierung unter Sergei Graf Witte im Vorfeld mehrere Wahlversammlungen von Oppositionsparteien verboten hatte.


Deutsches Kaiserreich, Breslau: Die Behörden in Breslau geben bekannt, dass es in mehreren oberschlesischen Ortschaften Erkrankungen und Todesfälle infolge von Genickstarre gegeben hat. Allein im Stadtkrankenhaus von Ratibor liegen zur Zeit elf an Genickstarre Erkrankte.


19

Montag, 19.3.1906

Deutsches Kaiserreich, Berlin: In Berlin tritt der erste Allgemeine Schutzkongress der in der Schiffahrt und im Schiffbau beschäftigten Arbeiter zusammen. Auf der dreitägigen Veranstaltung werden die Unterstellung der seemännischen Arbeiter unter das Krankenversicherungsgesetz und die gesetzliche Anerkennung des Koalitionsrechts gefordert.


Spanien, Madrid: Die spanische Abgeordnetenkammer in Madrid genehmigt den umstrittenen Gesetzentwurf über die Zuständigkeit der Militärgerichte bei der Aburteilung von Vergehen gegen das Vaterland und die Armee. Durch das Gesetz soll eine bessere Handhabe gegen antimonarchistische Vorgehen geschaffen werden.


Deutsches Kaiserreich, München: In München wird die musikalische Komödie "Die vier Grobiane" von Ermanno Wolf-Ferrari unter der musikalischen Leitung des Dirigenten Felix Mottl uraufgeführt.


20

Dienstag, 20.3.1906

König Karl I. von Portugal ernennt den Konservativen Ernst Rudolf Hintze-Ribeiro zum Ministerpräsidenten als Nachfolger des Liberalen José Luciano de Castro. Hintze-Ribeiro und Castro sind seit 1893 abwechselnd an der Macht.


Schweiz, Bern: Der schweizerische Nationalrat in Bern nimmt mit 94, zu 12 Stimmen einen Beschluß des Bundesrats an, nach dem der Export von Elektrizität, die aus inländischer Wasserkraft gewonnen wird, der Bewilligung durch den Bundesrat bedarf.


21

Mittwoch, 21.3.1906

Deutsches Kaiserreich, Berlin: Die Budgetkommission des Deutschen Reichstags in Berlin lehnt die Umwandlung des Kolonialamts in ein Staatssekretariat (Ministerium) ab und beschließt mit 18 zu 10 Stimmen seine Umwandlung in ein Unterstaatssekretariat. Die Ablehnung führt zu einer "Kanzlerkrise".


Der schweizerische Nationalrat genehmigt den Gesetzentwurf über die strafrechtliche Verfolgung der "Verherrlichung von anarchistischen Verbrechen und der Aufreizung zu entsprechenden Straftaten".


Deutsches Kaiserreich, Berlin: Das preußische Abgeordnetenhaus in Berlin lehnt die Einführung der Feuerbestattung ab.


22

Donnerstag, 22.3.1906

Deutsches Kaiserreich, Hamburg: Auf der Werft Blohm & Voss in Hamburg läuft der Große Kreuzer "Scharnhorst" vom Stapel.


Infolge einer Hungersnot brechen in mehreren nördlichen Provinzen Japans Hungerunruhen aus.


23

Freitag, 23.3.1906

Ameri Ndgerere, der Hauptanführer der Aufständischen in Lukoliro in Deutsch-Ostafrika, stellt sich nach Angaben des deutschen Kolonialamts "freiwillig mit zahlreichem Anhang".


24

Samstag, 24.3.1906

Deutsches Kaiserreich, Berlin: Der preußische Kultusminister Konrad von Studt weist bei der Etatberatung im Herrenhaus in Berlin darauf hin, dass größte Vorsicht bei der Aufnahme von Ausländern an den Universitäten und Technischen Hochschulen mit Rücksicht auf den "fragwürdigen politischen Charakter" eines Teils dieser Studenten erforderlich sei. Dies beträfe vor allem "die russischen Elemente".


25

Sonntag, 25.3.1906

Deutsches Kaiserreich, Essen: In einer vom christlichen Gewerkschaftskartell in Essen veranstalteten Versammlung spricht Adolph Wagner über die "Kartellierung der Großindustrie und ihre Wirkung auf die Arbeiterverhältnisse".


Spanien, Madrid: Das spanische Kriegsministerium in Madrid ordnet die Bildung von zwei gemischten Brigaden an, die in vier Abteilungen zur Zerschlagung der karlistischen Bewegung eingesetzt werden sollen. Die Anhänger des früheren Thronanwärters Don Carlos ( 1855) sehen die Grundlage des politischen und sozialen Lebens in der Rückkehr zur absolutistischen Monarchie und im Klerikalismus.


26

Montag, 26.3.1906

Im Braunkohlenrevier von Weißenfels-Zeitz-Meuselwitz-Luckenau bricht ein Streik aus. Etwa die Hälfte aller Arbeiter fährt nicht ein. Die Arbeiter fordern u.a. eine Lohnerhöhung und eine Verkürzung der täglichen Arbeitszeit auf acht Stunden.


27

Dienstag, 27.3.1906

Vereinigtes Königreich von Großbritannien und Irland, London: Das britische Unterhaus in London genehmigt den Gesetzentwurf über die Entschädigung von Arbeitern für Betriebsunfälle.


Frankreich, Paris: Die Unruhen unter der französischen Landbevölkerung wegen der Kircheninventaraufnahme dauern an. Kriegsminister Eugene Etienne kündigt in Paris die Versetzung aller Offiziere der Garnisonen in der Bretagne an, da sich viele von ihnen aufgrund ihres katholischen Glaubens weigern, das Gesetz über die Trennung von Staat und Kirche durchzuführen.


28

Mittwoch, 28.3.1906

Vereinigtes Königreich von Großbritannien und Irland, London: Der britische Generalstaatsanwalt Lawson Walton bringt im Unterhaus in London einen Gesetzentwurf ein, nach dem Schadenersatz für die Folgen ungesetzlichen Vorgehens von Gewerkschaftsmitgliedern während eines Streiks aus dem Vermögen der betreffenden Gewerkschaft einklagbar wird. Am 30. März nimmt das Unterhaus mit großer Mehrheit einen Gegenantrag der Labour Party an, der die Forderung Waltons ablehnt.


29

Donnerstag, 29.3.1906

Deutsches Kaiserreich, Berlin: Der Deutsche Reichstag in Berlin billigt in zweiter Lesung mit 127 zu 110 Stimmen bei 12 Enthaltungen doch die Errichtung eines selbständigen Kolonialstaatssekretariats.


30

Freitag, 30.3.1906

Deutsches Kaiserreich, Berlin: Der preußische Kriegsminister Karl von Einem räumt vor dem Deutschen Reichstag in Berlin ein, dass es zahlreiche Fälle von Mißhandlung in der Armee gebe. So wurden 1905 wegen Mißhandlung 665 Vorgesetzte bestraft.


Vereinigtes Königreich von Großbritannien und Irland, London: Das britische Oberhaus in London genehmigt mit großer Mehrheit gegen den Willen der Regierung unter Ministerpräsident Henry Campbell-Bannerman (liberal) einen Antrag, der die Verdienste von Alfred Viscount Milner um Südafrika hervorhebt. Milner hatte als Oberkommissar für Südafrika ab 1897 den Burenkrieg provoziert und nach dessen siegreichem Ende bis 1905 die Verwaltung der unterworfenen Burenstaaten geleitet.


Die 13 Bergleute, die am 30. März gerettet wurden.

30. März 1906, Grubenunglück von Courrières: 13 Überlebende (rescapés) wurden 20 Tage nach der Explosion am 30. März gerettet, ein letzter Überlebender am 4. April 1906.

Die 13 Bergleute, die am 30. März gerettet wurden.©
30. März 1906, Grubenunglück von Courrières: 13 Überlebende (rescapés) wurden 20 Tage nach der Explosion am 30. März gerettet, ein letzter Überlebender am 4. April 1906.
31

Samstag, 31.3.1906

Im Salzburger Stadttheater wird der Einakter "Totentag" von Georg Trakl uraufgeführt.