Kolonialkrieg gegen Abessinien
Ähnlich unentschlossen und zweigleisig verfahren Großbritannien und Frankreich auch angesichts des spektakulärsten Ereignisses des Jahres 1935, Italiens Kolonialkrieg gegen Abessinien (heutiges Äthiopien). Mussolini wagt den Angriff erst, als er nach einem Abkommen mit Frankreich, in dem die Staaten noch einmal ihre kolonialen Interessensphären in Nordafrika abstecken, auf Stillschweigen aus Paris zählen kann. Großbritannien verzichtet auf eine konsequente Haltung gegenüber Italien im Abessinienkrieg, weil man den Partner der »Stresafront« auf seiner Seite behalten und nicht etwa dem Deutschen Reich in die Arme treiben möchte – eine vergebliche Hoffnung, wie sich schon 1936 zeigt.
Sanktionen gegen Italien laufen ins Leere
Sanktionen des Völkerbundes gegen den Aggressor Italien laufen schon deshalb ins Leere, weil die USA, die nicht Mitglied der Staatengemeinschaft sind, Italien weiter mit Öl versorgen. Da sich auch die Mitgliedsländer nur in Übereinstimmung mit ihren jeweiligen Interessen und Abhängigkeiten an die eigenen Sanktionsbeschlüsse halten, hat Italien wenig Schwierigkeiten, den Krieg 1936 siegreich zu beenden und Abessinien zu annektieren. Mussolinis Kolonialfeldzug geht nicht nur als Resultat faschistischen Expansionsdranges in die Geschichte ein, sondern auch als Symbol für das Versagen der Völkerbundsidee, Konflikte friedlich zu regeln.