Die Reiselust der Deutschen ist ungebrochen, wobei allerdings verstärkt auf den Preis geachtet wird. Vor allem aus Kostengründen hält der Trend zum Pauschalurlaub an. Fast die Hälfte der deutschen Urlauber wählt diese bequeme Art, die Ferien zu verbringen. Die Reiseveranstalter verzeichnen 1999 bei den Teilnehmern und beim Umsatz einen Anstieg von rd. 10% im Vergleich zum Vorjahr - und dies, obwohl wegen des warmen Sommers auch die meist individuell angesteuerten Ferienziele in Deutschland einen Boom melden.
An der Spitze der Reiseländer steht 1999 wieder Spanien, das u. a. davon profitiert, dass ein anderes Sonnenziel, die Türkei, wegen der Kurdenproblematik und des Erdbebens gemieden wird: Statt 2,3 Mio. kommen nur 1,3 Mio. Urlauber. Griechenland meldet hingegen wieder mehr Gäste.
Mallorca platzt aus allen Nähten und leidet zunehmend unter Umweltsorgen: Abgase der 70 000 Leihwagen auf der Insel und der Flugzeuge, die in der Saison im Zwei-Minuten-Takt auf dem Airport in Palma landen, verpesten die Luft, Trinkwasser wird knapp, die Müllverbrennungsanlage ist überfordert. Die Provinzregierung zieht u. a. in Erwägung, eine Ökotaxe in Höhe von umgerechnet 12 DM von allen Urlaubern zu kassieren.
Unter den deutschen Feriengebieten ist die Ostsee mit einem Anteil von 8% am beliebtesteten, gefolgt von der Nordsee und Bayern mit jeweils 7%. Zwar bleibt die Gesamtbilanz weiterhin negativ - die Deutschen geben auf Auslandsreisen rd. 80 Mrd. DM aus, ausländische Reisende in Deutschland hingegen nur 30 Mrd. DM -, doch die Zahl der Ausländerübernachtungen steigt um gut 5%. Als internationales Reiseziel liegt Deutschland hinter Frankreich, Spanien, den USA und noch vor Italien auf Platz vier.
Nur zögernd machen deutsche Urlauber von dem Angebot Gebrauch, Reisen über das Internet - entweder bei Online-Reisebüros oder direkt beim Anbieter wie Hotels oder Fluggesellschaften - zu buchen. Auch Reiseveranstalter nutzen das Internet bisher nur in Ansätzen und bieten meist allenfalls Informationen, nicht jedoch die Möglichkeit, online Reisen zu buchen. Sie haben überwiegend kein Interesse daran, die Vermittlungsprovision selbst einzustreichen, da sie es sich mit den üblichen Vermittlern, den Reisebüros, nicht verderben wollen.
Der Trend zur Konzentration auf dem Reisemarkt hält an. Allein der Branchenführer in Europa, die Touristik Union (TUI, Hannover), meldet zwei Neuerwerbungen, die rückwirkend zum Jahreswechsel 1998/99 wirksam werden: Sie übernimmt 51% beim Marktführer für Last-Minute-Reisen in Europa, L'tur, und steigt mit 35% beim Kieler Veranstalter GeBeCo ein, dem nach Studiosus zweitgrößten Anbieter von Studienreisen. Zwar bleibt die eigene Marke für Studien- und Erlebnisreisen, Dr. Tigges, erhalten, doch die Mannschaft zieht nach Kiel um. Nummer zwei auf dem europäischen Reisemarkt ist seit Frühjahr 1999 die Kuoni Holdings, die durch die Fusion des Schweizer Reisekonzerns Kuoni mit dem britischen Anbieter First Choice Holidays entstanden ist.
Nicht ganz so wie erhofft boomt zum Jahresende der Markt für Millennium-Reisen: Wegen zahlreicher Stornierungen von Frühbuchern kommen kurz vor dem Jahreswechsel noch einige verbilligte Angebote auf den Markt. Die Hoffnung insbesondere der großen Hotelketten, ihre Betten trotz überteuerter Preise zum Jahrtausend-Silvester füllen zu können, wird häufig enttäuscht. Besonderer Clou bei den Millennium-Reisen ist es, durch Wechsel der Zeitzonen den Jahrtausendwechsel gleich mehrmals zu begehen, etwa mittels eines »Concorde «-Flugs von Paris nach New York - Start am 1. Januar um 0.14 Uhr, Landung am 31. Dezember um 21.59 Uhr - oder bei einer Südsee-Kreuzfahrt.