»Ich mag das Auto nicht verteufeln - ich fahre selbst viel zu gerne Auto.« Günther Krause handelt nicht nur privat, sondern auch als Bundesverkehrsminister nach seiner Vorliebe: Bis zum Jahr 2010 will er rund 12 000 km an Straßen neu oder ausbauen lassen. So sieht es jedenfalls der neue Verkehrswegeplan vor, den das Bundeskabinett am 15. Juli verabschiedet.
Krause sieht zwar einen »Vorrang für die Schiene«, da die Modernisierung des Bahnnetzes mit 194,9 Mrd. DM den größten Teil des Ansatzes verschlingt. Aber die Ausgaben für die Straße liegen mit 191,4 Mrd. DM nur knapp dahinter. Insgesamt sind Investitionen von 493 Mrd. DM geplant, um Deutschland bis zum Jahr 2010 auf Straße, Schiene und Kanälen zum »Transitland Nummer 1« (Günther Krause) zu machen. Krause will vor allem das Verkehrsnetz in den neuen Ländern modernisieren. Allein 70 Mrd. DM sind deshalb für 17 »Verkehrsprojekte Deutsche Einheit« vorgesehen. Knapp 1000 der geplanten 5400 Autobahnkilometer kommen den neuen Bundesländern zugute, darunter die äußerst umstrittene Ostsee-Autobahn A 20 zwischen Lübeck und Stettin. Krause: »In den neuen Ländern muß der Straßenbau explodieren.« Das Regierungskonzept basiert auf Prognosen für den Verkehr der Zukunft, die Autos und Lastwagen klar Vorrang einräumen. So wird beim Personentransport zwischen 1988 und 2010 zwar mit 41% ein stärkerer Anstieg der Bahn gegenüber dem Auto mit 30% vorhergesagt. Insgesamt schafft die Eisenbahn aber dann mit 88 Mrd. Personenkilometern gegenüber den 838 Mrd. der Straße gerade ein Zehntel. Im Gütertransport setzt Krause bei einem erwarteten Anstieg von 55% der Bahnwaggons gegenüber 95% der »Brummis« noch klarer auf die Straße.
Die Kosten des Straßenverkehrs sind allerdings gravierend. Lärmschäden, Luftverschmutzung, Investitionen im Straßenbau und die Aufzehrung der Flächen summieren sich nach einer Analyse des Heidelberger Prognose- und Umweltinstituts pro Jahr auf 250 Mrd. DM. Auf nur etwa 35 Mrd. DM belaufen sich dagegen die Einnahmen aus der Kfz- und Mineralöl-Steuer. Vor allem Lastwagen decken mit einem Anteil von kaum 10% nur einen Bruchteil der Kosten ab, die sie tatsächlich verursachen, so die Studie. Immer mehr Kraftfahrzeuge rollen auf Deutschlands Straßen: 1992 mit 51,7 Mio. eine Million mehr als im Vorjahr. Da 42,7 Mio. davon zu den Pkw zählen, fährt mehr als jeder zweite Bundesbürger ein Auto. Gerade die privaten Fahrzeuge sind aber mit durchschnittlich 1,4 Personen sehr schwach besetzt. Könnte die Auslastung auf wenigstens zwei Personen gesteigert werden, fielen fast 40% der Fahrleistung weg.
Zudem würde damit auch die Sicherheit auf den bundesdeutschen Straßen wieder größer, nachdem 1992 die Anzahl der Unfälle erneut um 3% auf 2,38 Mio. gestiegen ist. Zwar verzeichnet die Statistik bei der Zahl der Getöteten eine Trendwende mit einem Rückgang von 11%, immer noch fallen aber mehr als 10 600 Menschen dem Verkehr zum Opfer.
Ein Tempolimit kommt für die christlich-liberale Bundesregierung nicht in Frage. Dabei haben für das Vorjahr amtliche Statistiker 1992 erstmals einen klaren Zusammenhang zwischen einer hohen PS-Zahl und tödlichen Unfällen belegt. So waren in Bayern Autos mit über 122 PS etwa doppelt so oft an tödlichen Unfällen beteiligt wie Wagen mit bis zu 55 PS. Heinrich von Lersner, Chef des Umweltbundesamtes, urteilt deshalb: »Die Raserei kostet uns sicher jährlich eine dreistellige Zahl von vermeidbaren Todesopfern.«