Bildungsreformen sind 1992 in aller Munde, auch die Schule muss sich neuen Vorschlägen stellen.
Dabei geht es um den Niedergang des dreigliedrigen Systems und seines untersten Zweiges, der Hauptschule. Sie hat durch den Trend zur höheren Bildung den Konkurrenzkampf um die Schüler verloren. Während 1960 mit 70% fast drei Viertel aller 13-jährigen Jungen und Mädchen in einer Hauptschule unterrichtet wurden, werden sie 1992 nur noch von jedem vierten Schüler dieses Jahrgangs besucht. Die Folge: Bundesweit gilt jede zweite der 5757 Hauptschulen in ihrem Bestand als bedroht.
Dass Eltern im Zweifelsfall eine Alternative suchen, wird nach der Vereinigung 1991 im Ostteil Berlins deutlich, wo sie erstmals zwischen dem klassischen dreigliedrigen Schulsystem und einer Gesamtschule wählen können. Nur 1,3% schicken ihre Kinder nach dem Abschluss der Grundschule auf die Hauptschule. Insgesamt gibt es in Ostberlin 54 Gesamtschulen, 46 Gymnasien, 24 Real- und nur 8 Hauptschulen.
Angesichts dieser Neuorientierung ist die Diskussion über neue Schulsysteme auch über Parteigrenzen hinweg im Fluss. So tritt die CDU des Saarlandes für eine »differenzierte Realschule« mit einem Hauptschulzweig ein, die CDU in Nordrhein-Westfalen für eine »differenzierte Mittelschule« mit Bildungsgängen für Haupt- und Realschule. Die SPD im Saarland will auf die Einrichtung neuer Gesamtschulen verzichten und Haupt- und Realschulen in Zentren zusammenfassen.