Angesichts dieser optisch spektakulären Ereignisse geraten ökonomische Entwicklungen und politische Entscheidungen von historischer Tragweite leicht in den Hintergrund. Im Jahr 1997 sind dies zum einen die schwere Wirtschafts- und Finanzkrise in den lange als Vorbild für effizientes Wirtschaften gefeierten südostasiatischen »Tigerstaaten«, deren Probleme im Zeitalter der Globalisierung der Märkte auch die Europäer und US-Amerikaner beunruhigen müssen, zum anderen die Beschlüsse der Europäischen Union und der NATO, konkrete Beitrittsverhandlungen mit mehreren früheren Ostblockstaaten aufzunehmen.
Krisenherd Balkan
Krisenherd in Europa bleibt im achten Jahr nach dem Zusammenbruch des Warschauer Pakts der früher nur bedingt zum sowjetischen Machtbereich gehörende Balkan. Die Opposition in Serbien setzt mit Massendemonstrationen, die sich über die Wintermonate 1996/97 hinziehen, die Anerkennung ihrer Erfolge bei Kommunalwahlen durch, so dass im Februar Zoran Djindjic zum ersten nichtkommunistischen Bürgermeister der Hauptstadt Belgrad gewählt wird; da das Oppositionsbündnis auseinanderbricht, bleibt er jedoch nur ein halbes Jahr im Amt. In Albanien, das sich vor dem Zusammenbruch des kommunistischen Systems 1989/90 an der Volksrepublik China orientierte, kommt es zu schweren Unruhen, als durch die Pleite betrügerischer Kapitalanlagegesellschaften etwa 300 000 Kleinsparer ihr Geld verlieren.
Wahlsiege der Linken in Westeuropa
In ruhigen Bahnen verläuft der Wechsel der Regierungsmacht in Großbritannien und Frankreich: Der charismatische Tony Blair, der seine Labour Party auf einen pragmatischen Kurs gebracht hat, feiert bei den Unterhauswahlen im Mai einen grandiosen Erfolg und beendet die seit 18 Jahren andauernde Herrschaft der Konservativen. Im Monat darauf geben die Franzosen dem Sozialisten Lionel Jospin, der eher für eine traditionelle Linksposition steht, das Mandat für die Bildung einer Regierung, die in Kohabitation mit dem konservativen Staatspräsidenten Jacques Chirac die Geschicke des Landes lenken soll.