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Donnerstag, 6.11.1924

Das Reichskabinett berät über Reformen, die durch die Reichstagsauflösung blockiert sind; dazu gehört u.a. ein Ende des Personalabbaus in öffentlichen Verwaltungen.


In der deutschen Presse kursieren Gerüchte über Putschpläne monarchistischer Kreise in Bayern, an denen besonders Ex-Kronprinz Rupprecht beteiligt sein soll. Der BVP-Regierung nahestehende Blätter wenden sich gegen die "staatsrechtliche Monstrosität eines bayerischen Königs im Reiche [Friedrich] Eberts".


Nach dem Rücktritt der britischen Labour-Regierung unter James Ramsey MacDonald am 4. November , dessen Partei bei den Unterhauswahlen am 29. Oktober Verluste erlitten hatte, bildet Stanley Baldwin ein konservatives Kabinett.


Der am 10. Juni abgelöste französische Staatspräsident Alexandre Millerand wendet sich als Vorsitzender der von ihm gegründeten National-Republikanischen Liga mit einem Aufruf an die Öffentlichkeit. Darin kündigt er dem regierenden Linkskartell den "Kampf bis aufs Messer" an. Der Liga gehören Politiker der Rechtsparteien und konservative Persönlichkeiten an.


Nach einer kaum dreimonatigen Regierung unter Ljubomir Davidović ( 27. 7. - 15. 10) übernimmt Nikola Pašić, der Führer der serbischen Radikalen, im Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen (Jugoslawien) erneut das Amt des Ministerpräsidenten. Davidović vertritt als Führer der Demokratischen Partei einen gemäßigten Zentralismus. Seit Jahren ist die Regierungssituation in dem Balkanland äußerst stabil.


Im Zusammenhang mit separatistischen Unruhen im spanischen Katalonien werden zahlreiche Personen verhaftet. Am 10. November werden zwei an den Unruhen Beteiligte nach einem entsprechenden Kriegsgerichtsurteil in Barcelona standrechtlich erschossen.


Für die von der Hochwasserkatastrophe im Rhein-Main-Gebiet betroffenen Städte kündigt die preußische Regierung Hilfeleistungen an. Derzeit sinkt der Wasserstand langsam wieder ab.


Leon Janáceks Oper "Das schlaue Füchslein" wird in Brünn uraufgeführt. Die deutsche Bearbeitung stammt von Max Brod.