Der große Jubel zu Jahresbeginn weicht bei den Menschen in der DDR schon bald Ernüchterung und Resignation, als die Wirtschaft des Landes von einem katastrophalen Einbruch getroffen wird. Die Einführung der D-Mark enthüllt und verstärkt die mangelnde Konkurrenzfähigkeit der ostdeutschen Betriebe. Viele Menschen werden arbeitslos und ins soziale Elend gestürzt. In der Bundesrepublik profitieren die Betriebe lange von der Vereinigung, die Deutschland mit einen regelrechten Boom vom gleichzeitigen Abschwung der Weltwirtschaft abkoppelt. Der Niedergang im Osten macht sich aber bald auch im Westen bemerkbar. Mehr und mehr kommt deshalb eine Diskussion über die Kosten der Einheit in Gang. Die Bundesregierung lehnt Steuererhöhungen zwar bis zu den Wahlen im Dezember ab, spätestens zu Beginn des Jahres 1991 muss sie sich aber doch den Realitäten beugen.
Erste gesamtdeutsche Bundestagswahl
Die Auseinandersetzungen vor der ersten gesamtdeutschen Bundestagswahl werden von diesem Konflikt besonders geprägt, zumal SPD-Kanzlerkandidat Oskar Lafontaine die wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen der Einheit stark betont. Willy Brandt, Ehrenvorsitzender seiner Partei, wirft ihm deshalb vor: »Warnung und Hoffnung müssen in einem menschengerechten Verhältnis zueinander stehen.« Die Quittung erhält Lafontaine mit dem schlechtesten Wahlergebnis nach 1957. Aber auch die Unionsparteien bleiben im Westen trotz Helmut Kohls Verdiensten als »Kanzler der Einheit« hinter den Erwartungen zurück.
Die Bundestagswahl 1990 findet am 2. Dezember 1990 statt. Die Wahl zum 12. Deutschen Bundestag steht ganz im Zeichen der am 3. Oktober 1990 erreichten deutschen Wiedervereinigung.