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Sonntag, 1.2.1903

Gleich nach seiner Ankunft in den USA nimmt der neue Gesandte des Deutschen Kaiserreichs in den Vereinigten Staaten, Hermann Freiherr Speck von Sternburg, seine Arbeit in Washington auf. Die Abberufung seines Vorgängers Theodor von Holleben durch Wilhelm II. war in konservativen Kreisen auf Kritik gestoßen. Die Konservativen sind davon überzeugt, dass Holleben die deutschen Interessen z. B. in der Venezuela-Angelegenheit besser vertreten könne als dieser "kleine Generalkonsul", der ein ausgesprochen "englisch-amerikanisches Wesen" zur Schau stelle.


Deutsches Kaiserreich, Berlin: Im Alter von 86 Jahren stirbt in Berlin Preußens ehemaliger Staatsminister und einstiger Präsident des Reichskanzleramts, Rudolf von Delbrück.


Deutsches Kaiserreich, Berlin: Max Reinhardt, seit Beginn des Jahres offizieller Leiter des Kleinen Theaters, übernimmt zusätzlich das Neue Theater am Schiffbauerdamm in Berlin.


Unter der Leitung von Otto Brahm wird im Deutschen Theater Berlin das Stück "Tal des Lebens" von Max Dreyer uraufgeführt. In den Hauptrollen zu sehen sind Albert Bassermann, Irene Triesch, Else Lehmann und Rudolf Rittner. Um die Aufführung hatte es im Vorfeld bereits heftige Pressedebatten gegeben, da der historische Schwank von der Zensurbehörde verboten wurde. Die Premiere kann deshalb nur im Rahmen einer geschlossenen Vorstellung stattfinden, zu der u.a. die bekannten Theaterkritiker der Stadt, Schriftsteller und Politiker - darunter auch August Bebel von der SPD - geladen sind.


Auf dem Gelände der Jungfernheide bei Berlin wird das Denkmal für den deutschen Luftschiffer Hans Bartsch von Sigsfeld eingeweiht. Der Hauptmann des Luftschifferbataillons war vor einem Jahr während einer Fahrt mit einem Ballon bei Antwerpen tödlich verunglückt.


Deutsches Kaiserreich, Berlin: Erstmals seit Bestehen der alljährlich in Berlin stattfindenden Geweihausstellung wird der Preis des Kaiserbechers keiner von Kaiser Wilhelm II. geschossenen Trophäe zuerkannt. Den ersten Kaiserbecher erhält ein ungerader Zwanzigender von einem Hirschen, den Fürst Albert von Thurn und Taxis in der bayerischen Oberpfalz am 22. Oktober schoß.