Die Werbung in Deutschland wächst, aber langsamer als zu Beginn der 90er Jahre. 1994 klettern die Werbeinvestitionen auf rd. 50,8 Mrd. DM (1993: 48,6 Mrd. DM). Davon gehen rd. 34,0 Mrd. DM (1993: 32,1 Mrd. DM) an die Medien. Nachdem die Tageszeitungen seit 1991 Marktanteile verloren hatten, stabilisiert sich ihr Anteil am Werbemarkt bei 31% (Einnahmen: 10,37 Mrd. DM). Gegenüber 1993 legt die Tagespresse bei den Werbeeinnahmen um 3,9 Prozentpunkte zu. Dazu tragen vor allem Zuwächse im Beilagen-Geschäft sowie bei Immobilien- und Reiseanzeigen bei.
Mit 5,63 Mrd. Werbe-Mark hält das Fernsehen einen Anteil von 17% am Werbekuchen 1994, wobei die Privatsender mit 89,5% der Netto-Einnahmen (1993: 83%) den Löwenanteil absahnen. Die ARD ist der große Verlierer: Sie erzielt 0,26 Mrd. DM und büßt damit 42% ein. Intensiver als vorher nutzen Werbetreibende private TV-Sender fürs Telemarketing: Dabei können die gezeigten Produkte rund um die Uhr per Telefon bestellt werden.
Die Werbeszene der Zukunft wird zunehmend von Multimedia beeinflusst. Eine Vernetzung von Telefon, Fernseher und Computer lässt die Grenzen zwischen Werbung und Verkaufsförderung verschwimmen. Realität ist bereits die Werbung im Datennetz Internet, das Mitte 1994 weltweit rd. 32 Mio Teilnehmer zählt. Etwa 22 000 Firmen nutzen das Netz, um werblich auf ihre Produkte aufmerksam zu machen.
Die meistdiskutierte Werbung des Jahres ist allerdings nicht am PC, sondern an Plakatwänden und in Illustrierten zu sehen: Im Februar überschreiten der italienische Textilproduzent Luciano Benetton und sein Werbedirektor Oliviero Toscani mit der Abbildung des blutgetränkten Kampfanzuges eines erschossenen kroatischen Soldaten nach einhelliger Meinung die Grenzen des guten Geschmacks. »Zynisch, schamlos und grässlich«, nennt Volker Nickel, der Sprecher des Deutschen Werberats, dieses Anzeigenmotiv. Drei andere Benetton-Motive werden vom Bundesgerichtshof am 6. Juli 1995 verboten.
Benetton erklärt zu der Kritik in einem »Spiegel «-Interview: »Mit unserer Werbung wollen wir Information bieten, und zwar nicht zu unseren Produkten ... Sicher gefällt so etwas vielen nicht, aber vielen gefällt es auch. Wichtig ist, dass darüber geredet wird.« Die von Benetton seit Anfang der 90er Jahre betriebene Schockwerbung sorgt zwar für das gewünschte Aufsehen, verfehlt in diesem Fall aber ihren Zweck: Die rd. 700 deutschen Benetton-Filialen klagen über rückläufige Umsätze.
Erfolgreicher Funkspot für Jever
Interviewer: »Hallo, können Sie mal eine Katze nachmachen?«
Passant: »Nee, ich kann keine Katze.«
Interviewer: »Bitte!«
Passant: »Hör mal auf jetzt!«
Interviewer: »Machen Sie doch mal!«
Passant: »O.k. Miau!«
Interviewer: »Und jetzt ein Jever Pilsener.«
Passant: »Nee, ich hab jetzt für so'n Scheiß' keine Zeit. Echt nicht!«
Interviewer: »Also können Sie nicht?«
Passant: »Nein!«
Off-Sprecher: »Sehen Sie, ein friesisch-herbes Jever Pilsener kann man nicht nachmachen.«