Kleinwagen gewinnen Profil

Auto und Verkehr 1983:

Erstmals seit vier Jahren kann die Autoindustrie in der Bundesrepublik wieder Zuwachs verzeichnen. Im ersten Halbjahr 1983 werden fast 13% mehr Pkw und Kombiwagen zugelassen als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Ursache für den Autoboom ist die Sparsamkeit des Verbrauchers: Durch steigende Benzinpreise und ein wachsendes Energiebewusstsein wird die kleine und mittlere Autoklasse immer interessanter.

Diesem Trend zum kleineren Wagen kommt die Industrie entgegen, die ihre neuen Modelle sparsamer gestaltet. Auch wird die Auswahl bei den Kleinwagen größer: Zu VW Polo, Fiat Panda, Ford Fiesta und Renault 5 stoßen Opel Corsa, Peugeot 205, Nissan Micra und Fiat Uno.

Aber auch in der Mittelklasse tut sich etwas: Im Herbst 1983 läuft bei VW das neue Golf-Modell vom Band. Auf den ersten Blick unterscheidet es sich nur am Heck vom alten Golf. Die Leuchten sind höher angeordnet, das Fenster ist steiler und niedriger. Zwischen den Achsen und am Heck wurde der Wagen um ein paar Zentimeter verbreitert. Insgesamt ist der Golf um eine Handbreit länger geworden. Mit 3,96 m hat er fast seinen Hauptkonkurrenten Opel Kadett erreicht. Dadurch sind aber auch die Platzverhältnisse verbessert worden.

Die Form des neuen Golf entstand im Windkanal: Durch eine Senkung des Luftwiderstandsbeiwertes von bisher cw 0,42 auf cw 0,34 ist er das mit Abstand strömungsgünstigste und damit auch sparsamste Auto seiner Klasse.

Mit dem neuen Modell seines Erfolgstyps Golf erobert der VW-Konzern verlorene Marktanteile zurück. Im ersten Halbjahr 1983 verkauft die Firma Opel zwar zum ersten Mal mehr Wagen als VW: Der Kadett vertreibt den Golf vom ersten Platz. Mit dem Erscheinen des neuen Modells gleicht VW diese Zahlen aber wieder aus: Mit 516 850 Neuzulassungen und einem Marktanteil von 21,3% steht VW Ende 1983 wieder an der Spitze, mit gebührendem Abstand gefolgt von Opel mit 18,5%.

Bei der 50. Internationalen Automobil-Ausstellung, die im September in Frankfurt am Main stattfindet, nutzen viele Hersteller die Gelegenheit, neue oder verbesserte Modelle vorzustellen. Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit durch verbesserte Aerodynamik und reduzierten Kraftstoffverbrauch sind die Hauptkriterien für die Modelle der 80er Jahre. Das macht sich auch bei den neuen Wagen der Oberklasse bemerkbar: Mercedes stellt neben einer 2,3-l-Sportvariante des kleinen Mercedes (16-Ventil-Zylinder) einen extrem sparsamen Diesel, den Mercedes 190 D, mit fast vollständig schallgedämpftem Motor vor. Der neue BMW 524 td, bei dem es sich um den schnellsten Seriendiesel der Welt handelt (180 km/h), ist zugleich erstaunlich sparsam: Die Techniker von BMW errechneten für ihr neues Modell einen Durchschnittsverbrauch von 7,1 l. Aber auch noch so große Sparsamkeit kann den Ausstoß giftiger Abgase nicht verhindern. Alljährlich gelangen in der Bundesrepublik 7,6 Mio. Tonnen Schadstoffe aus den Auspuffrohren der Autos in die Umwelt. Diesem Übel will die Bundesregierung in Bonn mit dem Abgas-Katalysator zu Leibe rücken. Autofahrer, die sich für ein umweltfreundlicheres Katalysator-Fahrzeug entscheiden, sollen mit steuerlichen Vorteilen bedacht werden.

Der »Kat« wandelt einen Großteil der giftigen Abgase in einem zweiten Verbrennungsgang in harmlosere Stoffe um. Damit vermindert er den Ausstoß von Stickoxiden, Kohlenwasserstoffen und Kohlenmonoxid um etwa 90%. Da Katalysator-Autos zudem nur mit bleifreiem Benzin fahren können, ergibt sich als Nebeneffekt ein Rückgang des Bleiausstoßes.

Bisher gibt es auf dem europäischen Markt kaum Katalysator-Fahrzeuge und noch kein Versorgungsnetz für bleifreies Benzin. Erst zum 1. Januar 1986 soll es bleifreien Kraftstoff an allen bundesdeutschen Tankstellen geben (<!– –>20.7.<!– –>).

Chroniknet