Wirtschaftlich und funktional

Architektur 1927:

Einen repräsentativen Überblick über die moderne Architekturentwicklung in Europa gibt die Weißenhofsiedlung in Stuttgart, die in einer Ausstellung des Werkbundes vorgestellt wird.

Leitender Architekt des Unternehmens ist der Berliner Ludwig Mies van der Rohe. Aus dem Deutschen Reich sind ferner Peter Behrens, Richard Döcker, der Bauhausleiter Walter Gropius, Ludwig Hilberseimer, Hans Poelzig, Adolf Rading, Hans Scharoun, Adolf Schneck, Bruno und Max Taut mit Entwürfen für Einzel- oder Reihenhäuser bzw. Wohnblocks vertreten. Führende Architekten aus dem Ausland, die an dem Projekt teilnehmen, sind die beiden Niederländer Mart Stam und Jacobus Johann Pieter Oud von der »De-Stijl«-Gruppe, der Franzose Le Corbusier, der Belgier Victor Bourgeois und Josef Frank aus Wien.

Mit durchaus individuellen, die künstlerische Handschrift des Schöpfers verratenden Entwürfen sind die auf der Ausstellung vertretenen Architekten zugleich alle den Prinzipien des Neuen Bauens verpflichtet. Rationalität, Funktionalität und der Verzicht auf Schnörkel, Zierrat und geschmückte Fassaden stehen ebenso im Vordergrund wie die Ideale von Licht, Luft, Sonne und Hygiene, wie sie in der Gartenstadt-Architektur als Alternative zu den städtischen Mietskasernen programmatisch formuliert worden sind. Durch genormte, maschinelle Herstellung der Bauteile und durch Fertigbauweise sollen die Wohnungen wirtschaftlich und daher für breite Bevölkerungsschichten erschwinglich sein. Besondere Aufmerksamkeit bei der Stuttgarter Ausstellung erregen Mies van der Rohes Wohnblock mit zwölf Wohneinheiten, bei dem durch eine Stahlskelettkonstruktion eine vielfältige Abwandlung des Gebäudegrundrisses in einem einheitlichen Bauschema möglich ist.

Unbeeinflusst von der europäischen Entwicklung entwerfen die US-Architekten ihre Hochhäuser im historischen Stil.

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