Hosen, Minis, nackte Haut

Mode 1968:

Die Mode als traditionell weibliche Domäne verlangt 1968 von der Frau einerseits, immer mehr Körper zu zeigen, doch andererseits ist die strenge hochgeschlossene Linie gefragt. Die modebewusste Frau muss sich entscheiden, ob sie zu noch kürzeren Miniröcken und durchschimmernder »Transparentmode« greift, oder ob sie einen derben Hosenanzug, ein strenges Kostüm oder das hochgeschlossene kleine Schwarze vorzieht.

Mini ist noch lange nicht passé. Im Gegenteil – nur wer noch mehr Bein zeigt, ist auf dem modisch richtigen Weg. Frühling und Sommer kommen mit buntbedruckten leichten Stoffen. Baumwolle, Seide, Crêpe und Synthetics werden im Sinne der »Hippiemode« mit großen Blumen, Ornamenten oder Karos bedruckt und zu kurzen weiten Kleidern oder Röcken verarbeitet. Auch wer es romantisch liebt, kommt auf seine Kosten. Angeboten werden schwingende, pastellfarbene Röcke und Kleider, verziert mit Spitzen oder Glockenvolants und ergänzt durch die dazu passenden Hüte aus Tüll oder Organza.

Carnaby Street in London, 1968 - By H. Grobe (Own work) [CC BY 3.0], via Wikimedia Commons

Carnaby Street in London, 1968 – By H. Grobe (Own work) [CC BY 3.0], via Wikimedia Commons

Viel Mut wird von der Frau verlangt, die auch am Strand in neuestem Chic auftreten will. Große Plastikblumen ersetzen das Bikinioberteil, und sogar mit Ketten befestigte »Haftschalen« sollen ein »Oben ohne« verhindern. Etwas mehr Sicherheit und wohl auch Bewegungsfreiheit gewährleistet der traditionelle Bikini oder Einteiler, der dieses Jahr möglichst aus Frottee sein sollte und als modisches Accessoire einen aufgesetzten Gürtel haben kann. Doch auch mit Bademode aus Häkelgarn, Leder oder Plastik zeigt eine Frau ihre modebewusste Einstellung.

Nicht nur am Strand soll die – weibliche – Figur kaum noch verdeckt, sondern nur mehr umhüllt werden. Der neueste Verkaufsschlager ist die sog. Transparentmode. Mehr Bluse als Kleid sollen die Kreationen aus durchsichtigem Organdy auf nackter Haut getragen werden. Trotz großer Nachfrage traut sich jedoch kaum eine Frau auf diese mehr ent- als bekleidende Weise in die Öffentlichkeit. Der transparente »Traum«, den Yves St. Laurent unter das Motto »Zurück zur Natur« stellt, scheint allenfalls für das eigene Heim und den trendbewussten Ehemann bestimmt zu sein.

Die neueste Entdeckung auf dem Modemarkt ist die Damenhose, die nicht mehr nur in der Freizeit oder im Haus getragen werden soll. Der Durchbruch gelingt im Sommer mit den sogenannten Bloomers, der Mini-Hose im Pluderschnitt. Nicht mehr Rock und noch nicht Hose wird sie, kombiniert mit Bluse oder Jacke, zu knielangen Strümpfen oder Stiefeln getragen. Des Mannes »Recht auf Hose« als äußeres Zeichen seiner Autorität wird endgültig begraben. Im Zusammenhang mit den Emanzipationsbestrebungen vieler Frauen setzt sich zum Ende des Jahres die »echte« Hose für die Frau durch. Wolle, Tweed und Jersey sind die bevorzugten Materialien für das neue weibliche Kleidungsstück, das bis zu den Knöcheln reicht und von oben nach unten weiter wird. Dazu trägt die modische Frau robuste Schuhe mit großen, hohen Blockabsätzen vorzugsweise aus Lackleder oder mit Schnallen versehen.

In Anlehnung an die politischen Ereignisse in Frankreich und die Auflehnung gegen das Althergebrachte verkündet auch die Pariser Modewelt einen neuen Geist. Abgesetzt von Plüsch und Extravaganz, ist der neue Trend durch Nüchternheit und Mäßigung geprägt. »Die Haute Couture ist tot«, beteuern Pierre Cardin und mit ihm andere namhafte Modeschöpfer; sie propagieren die schlichte Linie ohne Luxus als neuen Typ.

Schwarz ist dann auch die Farbe der Saison. Schwarze kleine Wollkleider am Tage, schwarze schmale Satinkleider für den Abend und schlichte schwarze Kostüme für alle Zwecke. Selbst Pullover, Strümpfe und Schuhe sollen nach dem Willen der Modeschöpfer schwarz sein. Der Glanz imitierter Juwelen oder schimmernder Perlen ist verpönt. Höchstens Gold in Form von Knöpfen oder groben Ketten ist erlaubt. Das Haar wird straff aus dem Gesicht gekämmt und im Nacken zu einem Knoten gebunden. Hochgeschlossen mit nüchternem, noblem Chic ist die Modedevise aus Paris.

Chroniknet