International Style konkurriert mit Monumental-Architektur

Architektur 1940:

Zwei in ihren Grundgedanken gegensätzliche Stilrichtungen prägen das Bild der im zweiten Kriegsjahr 1940 geplanten und realisierten architektonischen Bauprojekte: In den diktatorisch regierten Staaten (im Deutschen Reich, in Italien und der Sowjetunion) ist nach wie vor der Neo-Klassizismus in Anlehnung an die Bauweise griechischer Tempel, Renaissancepaläste und barocker Baukörper aufgrund des Monumentaldenkens seiner verantwortlichen Städtebauer und -planer als staatlich legitimierter Baustil alleinbestimmend. In Übersee entwickelt sich vor allem unter Mitwirkung ausgewanderter westeuropäischer Architekten eine aufgeklärte Bauweise, der sogenannte International Style.

Alle aufwendigen Bauvorhaben des sog. Nazi- und Stalin-Klassizismus werden jedoch durch Material- und Arbeitskräftemangel in ihre vom Krieg bestimmten Schranken verwiesen: So überwiegen auch bei den wieder aufgenommenen Bauvorhaben von 1937 zur Ausgestaltung der »Führerstädte« Berlin, München und Nürnberg die Planungen gegenüber den tatsächlich realisierten Projekten. Lediglich die Abschlussarbeiten am Erweiterungsbau der Berliner Reichshauptbank und ein Monumentalbau zur Wehrmachtsausstellung »Der Sieg im Westen«, die am 17. November in Wien beginnt, setzen noch besondere Akzente. Daneben fordern Funktionsbauten, so z. B. NS-Schulungsheime und die Bauarbeiten am Atlantikwall, alle vorhandenen Arbeits- und Materialkapazitäten. In Übersee, namentlich in den Vereinigten Staaten von Amerika, findet eine Reihe der bekannten avantgardistischen Architekten Westeuropas, darunter vor allem die ehemaligen Bauhaus-Mitglieder Walter Gropius, Ludwig Mies van der Rohe und Marcel Breuer, ein ideales Wirkungsfeld. So entwickelt Mies van der Rohe, seit 1938 am Armour Institute of Technology (heute Illinois Institute of Technology, ET) beschäftigt, eine weit in die Nachkriegszeit wirkende Bauauffassung. Unter dem konsequenten Einsatz industrieller Fertigungstechnologien entstehen rationalistische Baukörper, die – in äußerster Sparsamkeit konzipiert – auf Stahlbeton- oder reinen Stahlskeletten beruhen. Der 1938 projektierte Auftrag mehrerer Campusbauten für das ET geht 1940 in die erste entscheidende Bauphase seiner insgesamt 25-jährigen Bauzeit. Der von Mies van der Rohe geprägte Stil hoher Glasfassaden und tragender Ziegelsteinwände, die immer wieder den Bück auf das tragende konstruktive Skelett der Bauten frei geben, überdauert diese lange Zeit. Nicht unbeeinflusst von solchen Akzentsetzungen moderner Architektur bleibt auch der US-Amerikaner Frank Lloyd Wright, einer der prominentesten Vertreter der organischen Architektur. Er realisiert auf diese Weise mehrere bekanntgewordene Bauten, darunter 1940 die Clarence Sondern Residence und die Kansas-City Community Christian Church, beide in Kansas, US-Bundesstaat Missouri.

Auch die in den 30er Jahren heranwachsende neue Architektengeneration Großbritanniens kommt diesem konstruktivistischen Beispiel nahe. Der von Gropius beeinflusste britische Architekt Maxwell E. Fry stellt unter diesen baulichen Prämissen 1940 das Impington Village College fertig, das zum Prototyp für britische Schulbauten wird. Eine rationalistische Architektur kann sich selbst bei Industriebauten im faschistischen Italien durchsetzen. Pier Luigi Nervi, von Haus aus Ingenieur und Mitglied einer Mailänder Architektengruppe, realisiert 1940 in Orbetello eine völlig aus Stahl bestehende Flugzeughalle. Die aus sich kreuzenden Balkenscharen bestehende Dachkonstruktion gilt als Höchstleistung im internationalen Ingenieurbau. Als erstes wichtiges Werk Nervis entstand das Stadion in Florenz (1930 – 1932).

Architektur in den USA – Das Rockefeller Center

In New York werden die Arbeiten an dem 1931 begonnenen Hochhauskomplex des Rockefeller Centers abgeschlossen. Das im Jahr 1929 von dem Bankier und Industriellen John D. Rockefeller durch ein Konsortium in Manhattan begründete Projekt gilt weltweit als Vorbild moderner Architektur. Die aus 14 Gebäuden bestehende Hochhausgruppe mit ihrem freistehenden Turm, dem R.C.A.-Building im Mittelpunkt, entstand unter Mitarbeit namhafter Architekten.

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