Was geschah im November 1920

  • < 1919
  • 11.1920
  • 1921 >

Wetterstationen November 1920

1.11.1920, Montag

Der fünfte Parteitag der KPD beginnt in Berlin (bis 3.11.). Neben der allgemeinen politischen Lage und der Kommunistischen Internationale steht die Rolle der Partei vor der bevorstehenden Vereinigung mit der USPD im Mittelpunkt der Beratungen. Daneben diskutieren die 147 Teilnehmer – auf dem Parteitag sind außerdem 17 in- und ausländische Gäste anwesend – über die Arbeit der Betriebsräte im Deutschen Reich.

Im Playwright’s Theatre in New York wird das expressionistische Drama “Kaiser Jones” des US-amerikanischen Dramatikers Eugene O’Neill uraufgeführt. Theaterkritiker interpretieren das Stück als Protest gegen den in den USA herrschenden Rassismus.

2.11.1920, Dienstag

Der Republikaner Warren G. Harding wird zum 29. Präsidenten der USA gewählt.

Harry P. Davis, Vizepräsident der US-amerikanischen Elektrofirma Westinghouse, überträgt in Pittsburgh (US-Bundesstaat Pennsylvania) eine Rundfunksendung zu den US-Präsidentschaftswahlen. Damit wird erstmals auf der Welt ein regelmäßiges Rundfunkprogramm begonnen.

3.11.1920, Mittwoch

Der sowjetrussische Volkskommissar des Äußeren, Georgi W. Tschitscherin, bekräftigt den Anspruch seines Landes auf Bessarabien (heute zur Sowjetunion). Am 28. Oktober wurde in einem Abkommen zwischen Rumänien sowie Großbritannien Frankreich, Italien und Japan die rumänische Souveränität über Bessarabien anerkannt. Nach dem Zusammenbruch des zaristischen Russlands hatte Rumänien das Gebiet 1918 annektiert.

In Kuba wird Alfredo Zayas y Alonso als Nachfolger des seit 1913 amtierenden Mario García Menocal zum Präsidenten gewählt. Zayas tritt sein Amt allerdings erst am 20. Mai 1921 an. Kuba ist politisch und wirtschaftlich völlig von den USA abhängig.

4.11.1920, Donnerstag

Zwischen Frankreich und der Tschechoslowakei wird in Paris ein Handels- und Transportabkommen abgeschlossen. Es sieht u.a. eine Freigabe der Einfuhren (bei teilweiser Kontingentierung), die gegenseitige Anerkennung von Handelsgesellschaften und die Regelung des Reise-, Muster- und Messeverkehrs vor. Das Abkommen zwischen beiden Staaten tritt am 2. Mai 1921 in Kraft.

5.11.1920, Freitag

Am Staatlichen Schauspielhaus in Berlin findet die Premiere von Leopold Jessners Shakespeare-Inszenierung “Richard III.” statt. Mit der Hauptrolle begründet der österreichische Schauspieler Fritz Kortner seinen Ruhm.

In einer Veröffentlichung des Ausschusses der sozialistischen Zweiten Internationale wird ein sog. Dritter Weg zwischen Kapitalismus auf der einen und “Diktatur des Bolschewismus” nach sowjetrussischem Muster auf der anderen Seite propagiert. Dabei spricht sich die Internationale für einen demokratischen Sozialismus aus.

6.11.1920, Samstag

Eine Vorständekonferenz der freigewerkschaftlichen Arbeitsgemeinschaft freier Angestelltenverbände (AfA) verständigt sich auf die Bildung des Allgemeinen freien Angestelltenbunds (AfA-Bund). Mit dieser 1921 verwirklichten Umwandlung wird aus dem bisherigen lockeren Kartellverhältnis eine feste Organisation. Die Konferenz spricht sich für die Vergesellschaftung von Produktionsmitteln und für Reformen auf dem Boden des Kapitalismus aus.

In Berlin beginnt ein Streik der Elektrizitätsarbeiter für höhere Löhne, dem sich die Beschäftigten von Gaswerken und Transportunternehmen anschließen (bis 11.11.). Dadurch werden öffentliches Leben, Industrie und Handel gelähmt. Mit einer Entlassungsdrohung durch den Magistrat wird der Abbruch des Streiks erzwungen.

7.11.1920, Sonntag

Am dritten Jahrestag der sowjetischen Oktoberrevolution demonstrieren in Berlin mehrere zehntausend Menschen für das Sowjetsystem. Auf einer Großkundgebung im Lustgarten sprechen u.a. Vertreter des linken Flügels der USPD sowie der KPD und der KAPD.

In Wien endet der dritte Parteitag der SPÖ (seit 5.11.). Die 525 Delegierten beschäftigen sich u.a. mit monarchistischen Angriffen gegen die Republik und mit dem Ziel des Anschlusses Österreichs an das Deutsche Reich. Sie fordern die Aufnahme diplomatischer und wirtschaftlicher Beziehungen zu Sowjetrussland und sprechen sich für den Aufbau einer Alternative zur sozialistischen bzw. kommunistischen Internationale aus.

8.11.1920, Montag

Mit der von Reichsarbeitsminister Heinrich Brauns (Zentrum) und Reichswirtschaftsminister Ernst Scholz (Zentrum) erlassenen sog. Stilllegungsverordnung werden geplante Betriebseinschränkungen, Betriebsstilllegungen und Betriebsabbrüche auf dem Wirtschaftssektor der staatlichen Kontrolle unterworfen. Die Stilllegungsverordnung dient der Aufrechterhaltung von Kapazitäten und einem sozialrechtlich begründeten Entlassungsschutz für Arbeiter. In ihrer endgültigen Fassung vom 15. Oktober 1923 bleibt sie bis 1934 in Kraft.

Der preußische Kultusminister Konrad Haenisch untersagt das Tragen von Hakenkreuzen in Schulen.

9.11.1920, Dienstag

Zwischen der Freien Stadt Danzig und Polen wird in Paris ein Abkommen geschlossen, das bereits in Artikel 104 des Versailler Vertrages vorgesehen war. Es regelt u.a. die Vertretung der Außenpolitik Danzigs durch Polen und die Frage der Hafennutzung; Polen erhält das Recht, im Hafenbereich einen eigenen Post- und Telefondienst zu errichten.

10.11.1920, Mittwoch

Der thüringische Landtag wählt Arnold Paulssen (DDP) als Chef einer Minderheitskoalition mit der MSPD zum Ministerpräsidenten des Freistaates Thüringen.

In einer Notverordnung verbietet Reichspräsident Friedrich Ebert (MSPD) Arbeitskämpfe in “lebenswichtigen Versorgungsbetrieben”. Dazu zählen Betriebe der Gas-, Wasser- und Elektritzitätsversorgung. Die Notverordnung, die auch im Zusammenhang mit dem Berliner Elektrizitätsarbeiterstreik (vom 6. bis 11. November) zu sehen ist, bleibt bis zum 20. Januar 1934 in Kraft.

Der österreichische Nationalrat tritt nach der Wahl vom 17. Oktober zu seiner konstituierenden Sitzung zusammen. Der christlichsoziale Politiker Richard Weiskirchner wird mit den Stimmen seiner Partei und der großdeutschen Abgeordneten zum Präsidenten des Nationalrats gewählt.

In Hamburg findet die 16. Hauptversammlung des Deutschen Eisenbauverbandes statt. In ihm sind alle Unternehmen der Eisenbaubranche vereinigt. Der Verband spricht sich gegen alle Sozialisierungspläne aus, die nicht auf “rein wirtschaftlichen” Überlegungen beruhen.

Im Rahmen des im Oktober u.a. von Erwin Piscator in Berlin begründeten Proletarischen Theaters wird in der Reichshauptstadt Maxim Gorkis Stück “Die Feinde” aufgeführt.

Im New Yorker Garrick Theatre findet die Uraufführung von “Haus Herzenstod” statt, eine “Fantasie im russischen Stil über englische Themen” des irischen Dramatikers George Bernard Shaw. Die deutsche Erstaufführung ist 1920 am Wiener Burgtheater.

Großbritannien und Frankreich einigen sich auf ein Verfahren zur Festlegung der deutschen Reparationsschuld. Danach ist zunächst eine Sachverständigenkonferenz vorgesehen, bevor die Alliierten die Gesamtsumme der Reparationen sowie den Zahlungsmodus für das Deutsche Reich festlegen.

Der russische Weißgardistenführer Pjotr N. Baron von Wrangel ordnet die Evakuierung seiner antibolschewistischen Einheiten in die Türkei an.

12.11.1920, Freitag

Im sog. Vertrag von Rapallo verständigen sich das Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen sowie Italien nach langwierigen und schwierigen Verhandlungen auf einen Gebietsausgleich. Danach verzichtet Italien auf Dalmatien, erhält aber Zara sowie Cherso und andere Adria-Inseln zugesprochen. Das von den Freischaren des italienischen Dichters und Politikers Gabriele D’Annunzio besetzte Fiume (heute Rijeka) wird zum Freistaat erklärt, aber italienisch regiert und kommt am 27. Januar 1924 endgültig zu Italien.

13.11.1920, Samstag

Im Neuen Theater Frankfurt hat “Gas II” des deutschen Dramatikers Georg Kaiser, einer der bekanntesten Vertreter des Expressionismus, Premiere im Deutschen Reich. Die Uraufführung fand am 28. Oktober 1920 in Brünn statt (Vereinigte Deutsche Theater).

14.11.1920, Sonntag

Nach einer schweren Niederlage bei den griechischen Parlamentswahlen endet die seit 1917 dauernde zweite Ministerpräsidentschaft des griechischen Politikers Eleftherios Weniselos. Neuer Ministerpräsident wird Demetrios Rallis. Weniselos lebt nach der Wahlniederlage bis 1923 im Exil.

In Genf beginnt die elfte Tagung des Völkerbundrats (bis 17.12.). Auf der Tagesordnung stehen u.a. die Verabschiedung einer Verfassung für die Freie Stadt Danzig, die Vermittlung im polnisch-litauischen Konflikt um Wilna und die Einsetzung einer Kontrollkommission für die sog. Mandatsgebiete des Völkerbunds.

15.11.1920, Montag

Im Nürnberger Stadttheater wird Ernst Tollers Revolutionsdrama “Masse Mensch” uraufgeführt (Regie: Friedrich Neubauer). Angesichts der politischen Brisanz des Stücks genehmigen die Behörden nur eine geschlossene Vorstellung vor Gewerkschaftlern.

Der freigewerkschaftliche deutsche Bergarbeiterverband fordert in einem offenen Brief an Reichskanzler Konstantin Fehrenbach (Zentrum) eine eindeutige Stellungnahme zur Frage der Sozialisierung im Kohlenbergbau. Nach Vorlage des Berichtes der sog. Sozialisierungskommission am 3. September sind die Beratungen des entsprechenden Gesetzentwurfs nur zögernd vorangekommen. Trotz erneuter gewerkschaftlicher Proteste am 20. Januar 1921 scheitert das Vorhaben letztlich.

Mit einem Festakt wird die Freie Stadt Danzig (heute Gdansk; Polen) proklamiert.

In Genf tritt erstmals die Bundesversammlung des Völkerbunds zusammen. In ihr sind 42 Staaten vertreten.

16.11.1920, Dienstag

Aus Protest gegen antitschechische Demonstrationen am 15. November im böhmischen Eger (Cheb) kommt es in Prag zu Ausschreitungen, bei denen auch deutsche Einrichtungen beschädigt werden. Betroffen sind u.a. das Deutsche Landestheater und die Redaktion des “Prager Tagblatts”. Noch am gleichen Tag drückt die tschechische Regierung unter Ministerpräsident Johann Cerny ihr Bedauern über die Vorfälle aus.

17.11.1920, Mittwoch

Mit der Besetzung von Jalta fällt die Krim in die Hände der sowjetrussischen Roten Armee. Damit sind die gegenrevolutionären weißgardistischen Truppen unter General Pjotr N. Baron von Wrangel endgültig besiegt. Die Rote Armee beginnt am 10. Dezember mit der teilweisen Demobilisierung.

18.11.1920, Donnerstag

In Brüssel wird der Katholikenführer Henri Graf Carton de Wiart neuer belgischer Ministerpräsident. Carton de Wiart – der auch als Jurist und Schriftsteller tätig ist – löst den am 3. November nach dem Scheitern einer Dreiparteien-Koalition zurückgetretenen Léon Delacroix ab. Er war bereits zwischen 1911 und 1918 Justizminister.

19.11.1920, Freitag

Das britische Kabinett billigt in London den Entwurf eines Handelsgesetzes mit Sowjetrussland. In einem Vorbehalt heißt es allerdings, dass die beiderseitigen Handelsbeziehungen erst wieder aufgenommen werden sollen, wenn die Sowjetregierung alte russische Schulden an Großbritannien beglichen hat.

20.11.1920, Samstag

Unter Leitung des Zentrumspolitikers und Gewerkschaftsführers Heinrich Imbusch beginnt in Essen der zehnte Kongress Christlicher Gewerkschaften Deutschlands (bis 24.11.). In einer programmatischen Rede fordert der Zentrumspolitiker, preußische Wohlfahrtsminister und spätere Ministerpräsident Adam Stegerwald eine Öffnung seiner Partei zur interkonfessionellen Volkspartei. Die katholisch orientierten Christlichen Gewerkschaften zählen rund 1 Mio. Mitglieder in 26 Berufsverbänden mit knapp 10 000 Ortsgruppen. Bereits vor dem Weltkrieg kam es im Rahmen des sog. Gewerkschaftsstreits innerhalb der katholischen Kirche zu Diskussionen über konfessionelle Gewerkschaften.

Der Reichstag in Berlin debattiert über eine parlamentarische Anfrage der MSPD zur Sozialisierung des Kohlenbergbaues. Die Reichsregierung sichert die Vorlage eines entsprechenden Gesetzentwurfes mit “größtmöglicher Beschleunigung” zu.

In Wien bildet der Christlichsoziale Michael Mayr erneut die Regierung. Sein Kabinett besteht aus vier Christlich Sozialen und acht parteilosen Beamten. Die Christlich Sozialen waren aus den Nationalratswahlen am 17. Oktober als eindeutige Sieger hervorgegangen.

21.11.1920, Sonntag

In Magdeburg wird der Gewerkschaftsbund der Angestellten gegründet. Er geht aus einem Zusammenschluss des Verbandes Deutscher Handlungsgehilfen, des Kaufmännischen Vereins von 1858, des Vereins der Deutschen Kaufleute und des Deutschen Angestelltenbundes hervor. Der Gewerkschaftsbund vertritt insgesamt 350 000 Mitglieder und ist freiheitlich-national orientiert.

Faschistische Terrorgruppen (sog. Squadren) greifen nach einem sozialistischen Kommunalwahlsieg das Rathaus im italienischen Bologna an.

22.11.1920, Montag

Ein vom finnischen Reichstag in Helsinki verabschiedetes Sprachengesetz soll der Dominanz des Schwedischen in Finnland entgegenwirken.

Vertreter des Internationalen Gewerkschaftsbundes (IGB) kommen in London zu ihrem zweiten Kongress zusammen (bis 27.11.). Hauptthemen sind u.a. die Sozialisierungsfrage und die Stellung zur Kommunistischen Internationale.

23.11.1920, Dienstag

Der russische Rat der Volkskommissare (Vorsitzender: KP-Chef Wladimir I. Lenin) legt Bedingungen für die Vergabe von Konzessionen an ausländische Firmen fest. Danach werden Konzessionen nur an “solide Handelsgesellschaften” vergeben, die ihre Vergütung durch einen festgelegten Produktionsanteil sowie eine eingeschränkte Erlaubnis zur Ausfuhr erhalten. Die sowjetrussische Regierung verpflichtet sich, die nach diesen Konzessionen errichteten Fabriken nicht zu vergesellschaften oder zu requirieren.

Zwischen dem Deutschen Reich und Polen wird in Berlin ein Abkommen über den gegenseitigen Austausch der Gefangenen des Weltkriegs abgeschlossen.

Der deutsche Kultur- und Geschichtsphilosoph Hermann Graf von Keyserling eröffnet in Darmstadt die “Schule der Weisheit”.

24.11.1920, Mittwoch

In einem von der KPD-Zeitung “Rote Fahne” veröffentlichten Appell fordern KPD und USPD die Mitglieder der KAPD auf, Vertreter zu ihrem Vereinigungsparteitag zu entsenden. Zugleich fordern sie die KAPD auf, die Beschlüsse der kommunistischen Internationale anzuerkennen. Die KAPD wurde im April von einer Linksopposition innerhalb der KPD gegründet.

25.11.1920, Donnerstag

Der deutsche Politiker Adolf Wermuth tritt als Oberbürgermeister von Berlin nach achtjähriger Amtszeit zurück. Bürgerliche Kommunalpolitiker hatten ihm zuvor zu große Nachgiebigkeit gegenüber der Linken vorgeworfen. Vor seiner Amtszeit war Wermuth im Reichsinnenministerium sowie als Staatssekretär im Reichsschatzamt (ab 1909) tätig.

Der bayerische Ministerpräsident Gustav von Kahr trifft in Berlin mit Vertretern der Reichsregierung zu Konsultationen in der Frage der Einwohnerwehren zusammen. Zwar akzeptiert Kahr die von den Alliierten geforderte Auflösung der Einwohnerwehren wie auch die Durchführung des Entwaffnungsgesetzes, sieht sich jedoch zur Einhaltung der gestellten Fristen nicht in der Lage.

Paul Klee, deutscher Maler schweizerischer Herkunft, wird an das sog. Bauhaus (Hochschule für Gestaltung) in Weimar berufen.

26.11.1920, Freitag

In London kommt der alliierte Oberste Rat zu einer Tagung zusammen (bis 4.12.). Auf der Tagesordnung stehen u.a. die Vorbereitung der Volksabstimmung in Oberschlesien und das Verhältnis der Alliierten zu Sowjetrussland. Dabei spricht sich der französische Ministerpräsident Georges Leygues gegen die Aufnahme von Wirtschaftsverhandlungen mit der sowjetischen Regierung aus.

Die US-amerikanische Regierung fordert in einer Note an Großbritannien die Beteiligung an der Ausbeutung von Erdölvorkommen in Mesopotamien durch die Mandatsmächte.

Nach dem australischen Repräsentantenhaus genehmigt auch der Senat die Aufhebung des sog. War Precautions Act (Gesetz über Kriegsvorsichtsmaßregeln). Dadurch wird die bisherige Einschränkung der Bewegungsfreiheit und Wirtschaftstätigkeit der Australiendeutschen aufgehoben. Australien ist Bundesstaat im Britischen Empire.

27.11.1920, Samstag

In Niederschlesien endet ein fünftägiger Ausstand von 40 000 Metallarbeitern. Die Streikenden können dabei einen Teil ihrer Lohnforderungen durchsetzen.

28.11.1920, Sonntag

Das Exekutivkomitee der Kommunistischen Internationale beschließt die Aufnahme der KAPD als sog. sympathisierende Partei.

Bei den Parlamentswahlen im Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen (Jugoslawien) erringen die zentralistischen Parteien (Demokraten, Radikale, Allslowenische Volkspartei und Sozialdemokraten) einen Sieg über die Föderalisten. Bemerkenswert ist das gute Abschneiden der Kommunisten, die zur drittstärksten Partei werden.

29.11.1920, Montag

In Prag wird ein tschechisch-polnisches Abkommen über das oberschlesische Teschen unterzeichnet. Die Vereinbarung betrifft u.a. Fragen der Staatsbürgerschaft, des Minderheitenschutzes sowie Schul- und Sprachprobleme. Zugleich wird die Einsetzung einer gemischten Kommission zur Klärung noch strittiger Fragen beschlossen. Das ehemalige Teilherzogtum der Piasten war auf der Pariser Friedenskonferenz 1919 u.a. wegen seines Reichtums an Kohle und Schwerindustrie zwischen Polen und der Tschechoslowakei umstritten (sog. Teschener Frage). Am 28. Juli hatte die Pariser Botschafterkonferenz Teschen ohne Befragen der Bevölkerung geteilt.

In Berlin wird der Gewerkschaftsring Deutscher Arbeiter-, Angestellten- und Beamtenverbände gegründet. In ihm schließen sich der liberal orientierte Verband der Deutschen Gewerkvereine (Hirsch-Duncker), der Allgemeine Eisenbahner-Verband und der Gewerkschaftsbund der Angestellten zusammen. Die insgesamt 700 000 Mitglieder werden dabei von 500 Delegierten vertreten. Der Gewerkschaftsführer und DDP-Politiker Anton Erkelenz lehnt in einer programmatischen Rede Gewalt als Kampfmittel im Wirtschaftsleben ab und fordert Reformen auf dem “Weg des Rechts”.

Ein Aufstand der Bolschewiken gegen die sog. daschnakische Regierung (Daschnakzutium: armenische Unabhängigkeitspartei; am 28. Mai 1918 Proklamation der Republik Armenien) in Armenien ist erfolgreich. Die Bolschewisten rufen die Sowjetrepublik Armenien aus. Am 4. Dezember wird die bisherige bürgerliche Regierung in Eriwan verhaftet. Zugleich halten allerdings türkische Truppen Teile von Armenien besetzt.

30.11.1920, Dienstag

In dritter Lesung verabschiedet die preußische Landesversammlung mit 280 gegen 60 Stimmen die neue preußische Verfassung. Damit wird Preußen formell zur demokratischen Republik.

Das französische Parlament in Paris beschließt die Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen zum Vatikan. Ein entsprechender Gesetzentwurf war am 11. März 1920 von der Regierung mit der Begründung eingebracht worden, der Vatikan spiele eine bedeutende politische Rolle. Im Rahmen der sog. Radikalen Republik (1898- 1914) hatten die antikirchliche Schulpolitik des damaligen Ministerpräsidenten Émile Combes und die Trennung von Staat und Kirche in Frankreich zum Abbruch der Beziehungen zum Vatikan im Jahr 1904 geführt.

In Madrid endet der 7. Weltpostkongress nach zweimonatiger Dauer. An ihm nehmen die Vertreter von 70 Postverwaltungen teil, die in fünf Kommissionen (u.a. für neue Verträge, für den Paket- und Wertbriefdienst und für den Zahlungsverkehr) zusammenarbeiten. Die zum Schluss der Konferenz unterzeichneten neuen Postverträge dienen dem Wiederaufbau des durch den Krieg stark eingeschränkten Weltpostverkehrs. Der letzte Weltpostkongress fand 1906 in Rom statt.

Chroniknet