Tagsüber Jumperkleider, abends »Pfauenschweif«-Modelle

Mode 1928:

Zwar bringt die Mode 1928 keine überraschenden Veränderungen der nun seit fünf Jahren gültigen geraden Silhouette, jedoch werden das Detail und die geschickte Kombination der Garderobe und ihrer Accessoires immer wichtiger. Zugleich wird die Schnittführung aller Kleidertypen weicher, die generelle Linie gewinnt an Weiblichkeit und Geschmeidigkeit.

Für den Tag hat sich nun endgültig das Jumperkleid durchgesetzt. Diese sportliche und zugleich elegante Kombination aus blusenartigem Oberteil und geradegeschnittenem Rock besticht durch auffällige Schlichtheit. Raffinierte Naht- und Blendenverzierungen, die charakteristischen geometrischen Muster und die Accessoires (Stoffblumen, Perlenkette, Filzglocke, Handschuhe und -tasche) geben dem Jumperkleidchen aus Wolle oder Crepe-Seiden erst den modischen Schick. Wenn Jumper und Rock Ton in Ton getragen werden, dominieren Gelbtöne wie »bananenfarben« oder auch »sonnenbrandfarben«. Breite Gürtel aus Lackleder oder bunt bedruckte Schals sorgen für Farbkontraste.

Während bei der Tagesmode die Röcke so kurz wie nie getragen werden, bringt der Sommer 1928 für die Gesellschafts- und Abendkleider in dieser Hinsicht eine Trendwende:

Hier fällt der vorn kniekurze Saum im Rücken mindestens auf Wadenlänge ab.

Besonders bei den Nachmittags- und Gesellschaftskleidern ist die neue Entwicklung zur Bewegtheit, Beschwingtheit des Rockes zu erkennen. Einen überaus graziösen und lebendigen Eindruck machen die zarten, häufig gemusterten Seidenkleider. Sie werden diagonal zum Fadenlauf geschnitten, was einen unruhig-bewegten Fall erzeugt. Schärpen, Schleifen, Faltenkaskaden der Röcke und überraschend weite Ärmelöffnungen kennzeichnen diesen neuen Stil.

Kleid und langes Kleid werden auf originelle Weise in der Abendtoilette vereint. Graziös fällt der unregelmäßig geschnittene Rocksaum schräg nach hinten ab, um im »Pfauenschweif« zu enden. Diese Linie wird durch das taillentiefe Rückendekolleté wieder aufgenommen. So weit ausgeschnitten wie möglich, heißt die Parole für die duftigen Gewänder mit den kapriziös flatternden Röcken.

Sportliche Mäntel haben 1928 meistens noch den geraden Garçonneschnitt, sind aber durch Verzierungen aus Biesenpartien und schmale, geometrisch angeordnete Stoffbahnen im Stil raffinierter geworden. Neu sind die weiten Mäntel aus auffällig gemusterten englischen Stoffen mit großen Taschen.

Wie auch schon in den Vorjahren wird die Hutmode völlig durch die kleine Filzglocke bestimmt. Seitlich über der fast völlig bedeckten Stirn ansteigend, legt sich der schmale Rand der Filzglocke wellenförmig um das Gesicht. Bei den Damenfrisuren ist der Bubikopf – glatt oder leicht gelockt – nach wie vor die Nummer eins.

Chroniknet