Der Trend zur einfachen Mode hat auch praktische Ursachen

Der Trend zur einfachen Mode hat auch praktische Ursachen
1913, Frau Denise Poiret, Mode von ihrem Mann Paul Poiret entworfen: lange, weite Bluse und Rock. By Paul Poiret [Public domain], via Wikimedia Commons

Mode 1913:

1913, Frau Denise Poiret, Mode von ihrem Mann Paul Poiret entworfen: lange, weite Bluse und Rock. By Paul Poiret [Public domain], via Wikimedia Commons

1913, Frau Denise Poiret, Mode von ihrem Mann Paul Poiret entworfen: lange, weite Bluse und Rock. By Paul Poiret [Public domain], via Wikimedia Commons

1913 wie auch die anderen Jahre vor dem Weltkrieg bringt eine Mode hervor, die auch in den 20er Jahren noch gültig bleibt. Das modisch aktuelle Tageskleid der Vorkriegszeit ist knöchellang und eng; der Rock wird mit ein oder zwei kürzeren Überröcken getragen. Die Bluse hat den 1913 beliebten weiten Kragen. Insgesamt zeigt die Mode 1913/14 einen vorsichtigen Trend zu dunklen, zurückhaltenden Farben, unempfindlichen Stoffen und einfachen, aber eleganten Schnitten. Bei dieser Hinwendung zum Einfachen spielt auch eine Rolle, dass häufiger als früher in öffentlichen Massenverkehrsmitteln gereist wird und nicht mehr in der eigenen komfortablen Kutsche.

Die konventionelle Damenkleidung verzichtet noch nicht auf das Korsett, das die Frau zu einer straffen S-förmigen Silhouette mit vorgewölbtem Busen, eng gegürteter Taille und betonter Hinterpartie zwingt. Gegenüber der locker fallenden Bluse wirkt der Rock – oft durch ein »Sans-ventre«-Korsett flachgeschnürt – einfach und erregt nur durch die bis über die Füße fallende Fülle des Stoffes Aufmerksamkeit. Im Rücken bildet er je nach gesellschaftlichem Anlass und Tageszeit eine mehr oder weniger ausladende Schleppe.

Dieses typische Bild einer bürgerlichen Dame wird aber zunehmend infrage gestellt. Von der Lebensreformbewegung beeinflusst, propagieren vor allem Vertreter der bürgerlichen Boheme das korsettlose Kleid, um den natürlichen Bewegungsabläufen des Körpers mehr Entfaltungsmöglichkeiten zu geben. Dabei spielen neben den ästhetischen auch medizinische und physiologische Gesichtspunkte eine große Rolle.

Auch die Pariser Modeschöpfer, die zunächst über derartige Extravaganzen lächelten, kreieren – seit dem Jahr 1906 – korsettlose Röcke, die schmal und untailliert bis an den Boden reichen. Der Avantgardist Paul Poiret verbindet dabei seine neuen Entwürfe mit exotischen Accessoires wie Türkenhosen oder Turban. Er führt seine Kollektionen auf Modeschauen in Berlin, Wien und Paris vor.

Auch die anderen bedeutenden Pariser Modehäuser (Worth, Doucet, Redfern, Paquin) verabschieden sich allmählich vom Frauenideal der Jahrhundertwende, der würdig-repräsentativen, dennoch graziösen »grande dame«.

Chroniknet