Rückkehr zu den heiß geliebten Miniröcken

Mode 1973:

1973 kehrt die Frau abermals zur Minimode zurück, nachdem sie Maxi, Midi und Hot pants bereits ausprobiert hatte. Vergeblich wird in Modezeitschriften dafür plädiert, stärker denn je auf Proportionen und Beinformen zu Selbst für die Herbst- und Wintermode heißt es: »Man zeigt wieder mehr Bein«, wenngleich es keine Superminis mehr sind, sondern die Röcke zehn Zentimeter oberhalb der Knie enden. Außerdem sind die Minikleider keine streng durchgestylten Hängerkleidchen, sondern verspielte Kleider mit Wickeloberteil oder eingesetztem Taillenmieder, mit Flügel-, Volant- oder Trompetenärmeln und mit schwingendem Glocken- oder Faltenrock. Eher sachlich dagegen erscheinen die Hemdblusenkleider.

Eine Alternative zum Minikleid stellen im Sommer maxilange Volantröcke im Folklore-Stil dar. Sie sind aus naturfarbenem Baumwollstoff, oft mit Lochstickerei, aus Bordüren-, Tischdecken- und Patchwork-Stoffen.

Sportlich dagegen sind minikurze Kilts, zu denen junge Mädchen Kniestrümpfe als schick und bequem empfinden. Allerdings wird oft vergeblich geraten, sie nur zu sportlichen Schuhen und nicht zu den beliebten Fesselriemchen-Schuhen, hochhackigen Pumps und Plateau-Sandalen zu tragen.

Die klobigen Kothurn- oder Plateausohlen, oft bis zu zehn Zentimeter hoch, sind dem weiblichen Geschlecht nicht auszureden, selbst nicht durch so populäre Modezeitschriften wie »Brigitte«: »Dabei verbilden sich die Füße bei häufigem Tragen zu Platt- oder Spreizfüßen. Außerdem knickt man beim kleinsten Fehltritt um und kann sich Bänderrisse und Knöchelbrüche zuziehen.« Als sehr bequem dagegen werden Schuhe mit hart geflochtenen Keilsohlen gelobt.

Neben Mini setzt sich der kniebedeckende Midi durch, und als Alternative bleibt die lange Hose. Sie sorgt weiterhin für Schlagzeilen, ist sie doch unten stark ausgestellt, also mit »Schlag« gearbeitet.

In Mode sind außerdem mäßig weite Knickerbocker und Gauchohosen aus kariertem Stoff. Dazu gibt es taillenkurze Jäckchen mit Strickbund oder enge Lumberjacks, selbst in Bonbonrosa, Babyblau und Maigrün. Eine Alternative sind kurze, weite Kittelchen. Pullover, Pullunder und die beliebten Wickelblusen sind ebenso taillenknapp und sitzen eng wie eine zweite Haut. Sie sind mit einem kleinen grafischen Muster oder mit Bäume- und Häuser-Motiven versehen. Für Groß und Klein ein Begriff sind die weichen, anschmiegsamen und pflegeleichten Nicki-Pullover aus Baumwoll-Stretch-Velours. Für abends gibt es Pullover aus Lurex. Die Stoffe des Jahres sind feinkörniger Tweed in pastelligen Mischungen, kräftige Pfeffer- und Salz-Noppen sowie Jersey.

Die Mode scheut keineswegs vor kräftigen Farben – im Herbst sind Bordeaux- und Burgunderrot neben Flaschengrün gefragt – und Augenflimmern erzeugenden grafischen und blumigen Mustern zurück. Von Stilsicherheit kann keineswegs die Rede sein.

Der Schnitt der Abendkleider ist weiterhin einfach, das Oberteil ist anliegend gearbeitet, der Rock leicht ausgestellt und in farbkräftigen Mustern gehalten.

Die wichtigste Modephilosophie des Jahres ist Unkompliziertheit, nach dem Motto: »Ass life gets more hectic, fashion gets simpler.« Alles muss kombinierbar sein. Jegliches Steife und Damenhafte hat einen schlechten Ruf bekommen. Auch die Haute Couture muss Legeres anbieten. Lange, gestrickte Cardigans bis hin zu Reißverschlusswesten sieht man bei Givenchy genauso wie bei Laroche oder Chloë. In London pilgern Junggebliebene in das neue Kaufhaus Biba (ehemals Derry&Toms), das vom Untergeschoss bis zur Dachterrasse in Art déco in Schwarz, Grau und Weiß gehalten ist und mit künstlichen Palmen, großen Polstern und Fächern ein Hauch Vergangenheit ausstrahlt.

Der Mann hat sein Erscheinungsbild in den letzten Jahren kaum geändert. Die Sakkoanzüge sind relativ schmal geblieben mit großen, auffallenden Revers. Dominierend bleiben die breiten Krawatten, auf denen sich Autos, Schmetterlinge und Blumen tummeln. Selbstverständlich sind auch die ausgestellten Hosen und die Plateausohlen-Schuhe beim jungen Mann.

Chroniknet