Bahnverkehr und Schifffahrt durch Reparationen behindert

Bahnverkehr und Schifffahrt durch Reparationen behindert
Sachlieferungen auf Reparationskonto an Frankreich (1920), Bundesarchiv, Bild 183-R02190 / CC-BY-SA [CC BY-SA 3.0 de], via Wikimedia Commons

Verkehr 1919:

Die zentrale Bedeutung des Verkehrs im Deutschen Reich zeigt die Schaffung eines eigenen Verkehrsministeriums. Am 1. Oktober 1919 nimmt es seine Tätigkeit auf. Diese neue Einrichtung ist Ausdruck dafür, dass die Regierung nicht mehr nur die Eisenbahn als Hauptträger des Verkehrs ansieht, sondern die anderen Verkehrsmittel gleichermaßen staatlich kontrollieren und fördern will. Das deutsche Reichsverkehrsministerium entwickelte sich aus dem 1873 geschaffenen Reichseisenbahnamt. In Österreich besteht ein entsprechendes Ministerium seit Oktober 1918. Vor der Errichtung des Staatsamts für Verkehrswesen gab es hier das Amt für Eisenbahnen.

Die Folgen des Ersten Weltkriegs für den Verkehr in den besiegten Ländern sind katastrophal. So muss das Deutsche Reich nach dem Waffenstillstandsvertrag 500 Lokomotiven und 19 000 Eisenbahnwaggons an die alliierten Siegermächte abliefern, auch die Handelsflotte wird ausgeliefert.

Durch diese Bestimmungen wird der Verkehr auf der Schiene und zu Wasser stark eingeschränkt, z. T. kommt er fast völlig zum Erliegen. Folgen sind u. a. die zeitweise Einstellung des Personenverkehrs bei der Bahn und enorme Schwierigkeiten beim Transport von Lebensmitteln und Kohle. So ist die Kohlennot im Deutschen Reich zu einem großen Teil auf den Mangel an Lokomotiven und Waggons zurückzuführen. Im Juni, in dem im Vergleich zu den Wintermonaten weniger Kohlen benötigt werden, beträgt die tägliche Fehlziffer an Waggons zum Transport der Kohle aus dem Ruhrgebiet 700 bis 2000; im August steigt diese Zahl auf 5000 – 6000 Wagen täglich. Die Haldenbestände im Ruhrbezirk betragen im August 4 – 500 000 t; es fehlen Lokomotiven und Waggons, um sie zu den Verbrauchern zu transportieren. Da die Zechen die Halden nicht vergrößern wollen, geht die Kohle in den sog. Landverkauf: Tag für Tag verlassen Automobilkolonnen mit dem »schwarzen Gold« die Zechen und versorgen die Umgebung. Verbraucher, die auf den Bahnversand angewiesen sind, gehen vielfach leer aus.

Die Schwierigkeiten bei der Bahn wiederum führen zur Verlängerung der Ladezeiten auf den Wasserstraßen. Die Reisezeiten der Schiffe auf dem Rhein werden darüber hinaus verlängert durch Formalitäten der Besatzungsmächte. Während die Kähne früher nach etwa 20 Tagen in die Verladehäfen zurückkehrten, brauchen sie 1919 durchschnittlich einen Monat, was wiederum die Frachtkosten emporschnellen lässt.

Positives ist hingegen beim Flugverkehr zu verzeichnen. Seit dem Ende des Ersten Weltkriegs werden zahlreiche Fluggesellschaften gegründet. Die Deutsche Luft-Reederei (DLR) nimmt am 6. Februar den von der Reichspostverwaltung eingerichteten Luftpostdienst auf der Strecke Berlin-Weimar auf. Der Flottenpark der DLR besteht hauptsächlich aus ehemaligen Militärflugzeugen. Im März richten die Junkers-Flugzeugwerke einen Flugdienst zwischen Dessau und Weimar ein. Am 25. Juni wird auf dieser Strecke erstmals die »F 13« eingesetzt, das erste Ganzmetall-Verkehrsflugzeug der Welt. Am 24. August wird der Zeppelinflugverkehr Friedrichshafen-Berlin eröffnet.

Chroniknet