Spannungen zwischen den Supermächten – Chruschtschows „Schuhszene“ vor der UNO

Spannungen zwischen den Supermächten – Chruschtschows „Schuhszene“ vor der UNO
Chruschtschow besichtigt das Wrack von Powers' U-2. By CIA [Public domain], via Wikimedia Commons

Politik und Gesellschaft 1960:

Für den Ost-West-Konflikt verheißt das neue Jahrzehnt wenig Gutes. Noch 1959 hatte das Zusammentreffen des sowjetischen Regierungschefs Nikita S. Chruschtschow mit US-Präsident Dwight D. Eisenhower in Camp David Anlass zur Hoffnung auf eine Beendigung des Kalten Krieges gegeben. Der Entspannungsprozess zwischen den Machtblöcken sollte mit der Pariser Gipfelkonferenz der vier Großmächte im Mai 1960 fortgesetzt werden. Doch die Aufdeckung der US-Luftspionage über der UdSSR durch den U-2-Zwischenfall wenige Tage zuvor und die Weigerung Eisenhowers, sich für den Vorfall bei Chruschtschow zu entschuldigen, lassen den Gipfel zu einer Farce werden. Die westlichen Politiker warten vergeblich auf den Kremlchef, der die Situation zu propagandistischen Verbalattacken gegen die USA benutzt.

Chruschtschows spektakuläre Angriffe gegen den Westen ziehen sich wie ein roter Faden durch das ganze Jahr. Am nachhaltigsten prägt sich seine »Schuhszene« vor der UNO-Vollversammlung in das Bewusstsein der Weltöffentlichkeit ein. Rückblickend erweist sich diese Drohgebärde jedoch weniger als aggressiver Akt – sie unterstreicht vielmehr das Talent Chruschtschows, die weltpolitische Bühne für sowjetische Interessen effektvoll zu nutzen. Der Auftritt mit dem Schuh ist jedoch auch Ausdruck seiner vergeblichen Bemühungen, die nunmehr stattliche Anzahl der jungen afrikanischen Staaten in der Organisation der Vereinten Nationen auf die Seite des Ostblocks zu ziehen. Dieses gelingt der UdSSR allerdings mit Kuba, das sich nach der Castro-Revolution (1959) von den Vereinigten Staaten lossagt und sich wirtschaftlich und militärisch eng an die Warschauer-Pakt-Staaten bindet. Die Kubakrise von 1962 deutet sich damit bereits an.

Chroniknet