Was geschah im Februar 2002

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1.2.2002, Freitag

Lille : Die Eurotunnel-Gesellschaft scheitert erneut mit dem Versuch, das Flüchtlingslager Sangatte auf juristischem Wege schließen zu lassen. Das Verwaltungsgericht erklärte zur Begründung, gegen das Lager unweit des Eurotunnel-Terminals bei Calais sei rechtlich nichts einzuwenden. Die Betreibergesellschaft fordert die Schließung des Lagers, weil ihr durch die nächtlichen Fluchtversuche von Lagerinsassen durch den Tunnel nach Großbritannien nach eigenen Angaben Millionenverluste entstehen.

München: Unter starken Sicherheitsvorkehrungen beginnt die 38. Konferenz für Sicherheitspolitik. Ein zentrales Thema der Konferenz, der früheren Wehrkundetagung, ist die Bekämpfung des internationalen Terrorismus. Zu dem Treffen reisen rund 400 Experten aus mehr als 40 Ländern an. Die Stadt München verhängte aus Furcht vor gewalttätigen Ausschreitungen für die Dauer der Tagung ein Demonstrationsverbot.

Berlin: Der Bundesrat lässt das Gesetz zum langfristigen Atomausstieg passieren. Die zwischen der rot-grünen Bundesregierung und der Energiewirtschaft vom Juni 2001 ausgehandelte Novelle des Atomgesetzes sieht vor, dass das letzte der 19 deutschen Atomkraftwerke etwa im Jahr 2021 vom Netz geht.

Berlin: Die Ländervertretung billigt den Kompromissvorschlag des Vermittlungsausschusses zum neuen Naturschutzrecht. Nach 25 Jahren wird damit der Naturschutz in Deutschland auf neue rechtliche Grundlagen gestellt und insbesondere den Landwirten schärfere Umweltauflagen gemacht. Das neue Recht schreibt der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft als Naturschutzauflagen das Wirtschaften “nach guter fachlicher Praxis” vor und räumt Verbänden auch auf Bundesebene ein Klagerecht neu ein.

Berlin: Der Bundestag billig einstimmig einen Gesetzentwurf zur weiteren Verbesserungen des Schutzes und der Rechte von Kindern. Geregelt werden u.a. Vorschriften des Namens- und des Erbrechts und die rechtliche Stellung des durch künstliche Befruchtung mittels Samenspende eines Dritten gezeugten Kindes.

2.2.2002, Samstag

Dschibuti : Die drei deutschen Fregatten “Bayern”, “Köln” und “Emden” sowie zwei Begleitschiffe beginnen ihre Mission im Rahmen des internationalen Anti-Terror-Einsatzes am Horn von Afrika. Der Verband der Bundesmarine soll gemeinsam mit britischen Schiffen die Sicherheit der Seewege gewährleisten, Fluchtwege von Terroristen blockieren und den Waffenhandel, vor allem nach Somalia, unterbinden. An der Aktion sind inzwischen 16 Nationen mit ca. 4000 Soldaten und 100 Kriegsschiffen beteiligt. Weitere deutsche Schnellboote treffen am 15. Februar in Dschibuti ein. Dann sind rund 1400 deutsche Marinesoldaten dort stationiert.

Bielefeld : Etwa 5000 Menschen demonstrieren gegen Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit. Anlass war ein Protestaufzug der rechtsextremistischen NPD gegen die derzeit in Bielefeld gezeigte Wehrmachtsausstellung.

Amsterdam : Bei strahlendem Sonnenschein geben sich der niederländische Kronprinz Willem-Alexander und seine argentinische Braut Máxima Zorreguieta das Ja-Wort. Etwa 1800 Ehrengäste, darunter zahlreiche Vertreter der europäischen Königshäuser, verfolgen die kirchliche Trauung in der Nieuwe Kerk. Anschließend fährt das Brautpaar unter dem Jubel zehntausender Menschen in einer goldenen Kutsche durch Amsterdam. Die Eltern der Braut nehmen an den Feierlichkeiten nicht teil: Die Niederlande hatten an der Vergangenheit des Vaters, Jorge Zorreguieta, Anstoß genommen, der während der argentinischen Militärdiktatur Anfang der 80er Jahre Minister war.

3.2.2002, Sonntag

New Orleans: Im Spiel um den Super Bowl XXXVI sichert sich der krasse Außenseiter New England Patriots durch ein 20:17 gegen die St. Louis Rams zum ersten Mal in ihrer Vereinsgeschichte die Vince Lombardi Trophy, den Pokal für das beste Team der Liga, und sorgte damit für eine der größten Sensationen in der Historie der National Football League (NFL).

Stockholm: Die deutsche Handball-Nationalmannschaft unterliegt – nach teilweise umstrittenen Schiedsrichter-Entscheidungen – im Endspiel der Europameisterschaft gegen Titelverteidiger Schweden mit 31:33 nach Verlängerung. Schweden wird damit zum vierten Mal Europameister.

San José: Bei den Präsidentschaftswahlen in der mittelamerikanischen Republik Costa Rica um die Nachfolge von Staatschef Miguel Ángel Rodríguez Echeverría erreicht keiner der Kandidaten die erforderlichen 40% der Wählerstimmen und es kommt am 7. April zum ersten Mal in der Geschichte des Landes zu einer Stichwahl. Auch bei den gleichzeitig abgehaltenen Parlamentswahlen erreicht keine der Parteien eine absolute Mehrheit im 57 Sitze umfassenden Congreso Constitucional. Die großen Parteien – die regierende Partido Unidad Social Cristiana (PUSC) und die sozialdemokratische Partido Liberación Nacional (PLN) – büßen Sitze ein, der neu gegründete Partido Acción Ciudadana (PAC) zieht erstmals ins Parlament ein.

Ankara : Bei einem schweren Erdbeben in der westtürkischen Provinz Afyon kommen nach Behördenangaben mindestens 42 Menschen ums Leben. Besonders stark betroffen von dem Erdbeben der Stärke 6 bis 6,2 auf der Richter-Skala sind die Orte Bolvadin, Sultandagi und Cay.

München: Mit einer Debatte über die Zukunft der NATO geht die 38. Konferenz für Sicherheitspolitik zu Ende. Der britische NATO-Generalsekretär George Robertson fordert die Europäer auf, ihre Armeen zu modernisieren, wollten sie nicht den Anschluss an die USA verlieren. Trotz eines Demonstrationsverbotes protestieren insgesamt 6000 Menschen gegen die Veranstaltung. Die Polizei nimmt insgesamt rund 850 Personen vorübergehend in Gewahrsam.

4.2.2002, Montag

Nürnberg: Die Bundesanstalt für Arbeit und ihr Präsident Bernhard Jagoda geraten nach dem Bekanntwerden fehlerhafter Vermittlungsstatistiken massiv unter Druck. Bundesarbeitsminister Walter Riester (SPD) fordert eine rückhaltlose Aufklärung der vom Bundesrechnungshof aufgedeckten Falschberichte über die Vermittlung von Arbeitslosen durch die insgesamt 181 Arbeitsämter. Nach Angaben der Prüfer konnten “die Arbeitsämter weit weniger Stellenangebote besetzen, als die Vermittlungszahlen ausweisen.”

Berlin : Nach fehlerhaften BSE-Tests in Bayern erklärt Bundesverbraucherschutz-Ministerin Renate Künast (Grüne) den Großteil des zweifelhaften Rindfleisches für nicht genusstauglich. Zurückgerufen würden etwa zwei Drittel des Fleisches von rund 39 500 Rindern, das in einem nicht zugelassenen Labor getestet worden war. Nach Bayern räumt auch die Landesregierung von Rheinland-Pfalz ein, dass Rindfleisch in privaten Labors unzulänglich auf die Rinderseuche BSE untersucht wurde.

Rafah: Der gewaltsame Tod von fünf radikalen Palästinensern im Gasastreifen versetzt der vorsichtigen Annäherung zwischen Israelis und Palästinensern einen Rückschlag. Palästinenserpräsident Jasir Arafat beschuldigt Israel, die Mitglieder der “Demokratischen Front für die Befreiung Palästinas” (DFLP) gezielt getötet zu haben.

5.2.2002, Dienstag

Kabul: Afghanistan erhält eine neue Nationalflagge. Die Farben sind die alten afghanischen Farben schwarz, rot und grün. Das Wappen ist das überlieferte königliche Wappen, erweitert um das islamische Glaubenbekenntnis “Es gibt keinen Gott außer Allah und Mohammed ist sein Prophet”.

Washington: US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld räumt ein, dass US-Soldaten bei einem Angriff auf ein Dorf in der Nähe der südafghanischen Stadt Kandahar zwei Wochen zuvor möglicherweise Verbündete statt Feinde getötet haben. Bei dem Angriff waren mindestens 15 Menschen getötet worden, die irrtümlich für Taliban-Kämpfer gehalten worden waren.

Straßburg: Mit einer Liberalisierung des Automarktes will die Europäische Union für preisgünstigere Neuwagen sorgen. Dazu soll z. B. die enge Bindung der Vertragshändler an die Hersteller gelockert werden. EU-Wettbewerbskommissar Mario Monti begründet die Maßnahme vor dem Europaparlament mit den derzeit stark unterschiedlichen Autopreisen in Europa. Kritik kommt u.a. von Seiten der Autohersteller und der Gewerkschaften. Der deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) kritisiert die daraus entstehenden enormen Wettbewerbsnachteile für die deutsche Automobilindustrie.

Stuttgart: In den Verbotsanträgen gegen die NPD taucht ein weiterer V-Mann als Quelle auf. Das baden-württembergische Innenministerium bestätigt Berichte, wonach ein früherer Landesvorsitzender der NPD-Jugendorganisation in dem Antrag mit einem Zitat erwähnt wird, mit dem die Verfassungsfeindlichkeit der rechtsextremistischen Partei belegt werden soll. Es handelt sich um den fünften V-Mann, der in dem Verbotsantrag erwähnt wird.

6.2.2002, Mittwoch

Nürnberg : Der harte Winter und die unverändert schwache Konjunktur ließen im Januar die Zahl der Arbeitslosen um 326 400 auf 4 289 900 ansteigen. Dies ist die größte Zunahme innerhalb eines Monats seit Januar 1997. Die Arbeitslosenquote liegt im Januar 2002 bei 10,4% nach 9,6% im Dezember 2001.

Hamburg: Hamburgs neue Kultursenatorin Dana Horakova (parteilos) nimmt vom Ersten Bürgermeister Ole von Beust (CDU) ihre Ernennungsurkunde entgegen und wird vor der Bürgerschaft vereidigt. Bis zur Benennung der Journalistin, die zuletzt für die “Bild-Zeitung” und “Bild am Sonntag” arbeitete, war der Posten 84 Tage lang vakant und von Schulsenator Rudolf Lange (FDP) kommissarisch betreut worden.

London: Mit Salutschüssen und Sonderbeilagen in den Zeitungen wird in Großbritannien der Thronbesteigung von Königin Elizabeth II. vor 50 Jahren gedacht. Auf ihrer Website im Internet dankt die Queen dem Volk für seine Treue. Ihr Vater König Georg VI. war am 6. Februar 1952 an Lungenkrebs gestorben.

Berlin: Mit dem Liebesdrama “Heaven” von Tom Tykwer werden im Berlinale-Palast am Potsdamer Platz die 52. Internationalen Filmfestspiele Berlin eröffnet. Bis zum 17. Februar gehen 23 Spielfilme und etwa ein Dutzend Kurzfilme aus aller Welt ins Rennen um die begehrten Auszeichnungen bei dem neben Cannes und Venedig wichtigsten Filmfestival der Welt.

7.2.2002, Donnerstag

Washington: Angesichts der heftigen internationalen Kritik an den Haftbedingungen modifiziert die US-Regierung ihre Haltung zu den auf Kuba internierten Gefangenen aus Afghanistan. Den Taliban-Kämpfern soll der Schutz durch die Genfer Konvention zugebilligt werden, jedoch nicht den Kämpfern des Terrornetzwerks Al-Qaida.

Washington : US-Präsident George W. Bush will den Palästinenserpräsidenten Jasir Arafat weiter unter Druck setzen, um ein konsequenteres Vorgehen der Palästinenserführung gegen den Terrorismus zu erreichen, einen Boykott lehnt er jedoch ab. Dies erklärt Bush nach einem Treffen mit dem israelischen Ministerpräsidenten Ariel Scharon, der schon zum vierten Mal seit seiner Wahl im Februar 2001 im Weißen Haus zu Gast ist.

Nablus : Wenige Stunden nach einem Anschlag auf eine jüdische Siedlung im Westjordanland bombardieren israelische Kampfflugzeuge Ziele in der autonomen Palästinenserstadt. Zuvor waren bei dem Überfall eines palästinensischen Extremisten in der Siedlung Hamra drei Israelis getötet worden. Der Attentäter, der einen Gürtel mit Sprengstoff am Körper trug, wurde erschossen.

Frankfurt am Main: Der erste Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Wim Duisenberg, kündigt für den 9. Juli 2003 sein vorzeitiges Ausscheiden aus seinem Amt an. Der Niederländer vollendet dann sein 68. Lebensjahr. Seine offizielle Amtszeit von acht Jahren wäre im Mai 2006 beendet gewesen. Duisenberg hatte allerdings schon bei seinem Amtsantritt im Juli 1998 erklärt, die volle Amtszeit nicht ableisten zu wollen. Als Nachfolger ist der französische Notenbankchef Jean-Claude Trichet im Gespräch.

8.2.2002, Freitag

Salt Lake City : Begleitet von den schärfsten Sicherheitsmaßnahmen in der Geschichte der Spiele erklärt US-Präsident George W. Bush vor 55 000 Zuschauern im Rice-Eccles-Stadion und einem Milliardenpublikum vor den Fernsehgeräten um 21.08 Uhr Ortszeit (05.08 Uhr MEZ) die 16-tägigen XIX. Olympischen Winterspiele für eröffnet. Es sind die vierten Winterspiele in den USA nach Lake Placid 1932 und 1980 sowie Squaw Valley 1960.

Kandahar : Mit dem früheren Außenminister Wakil Ahmed Mutawakil stellt sich der bisher ranghöchste Vertreter des gestürzten afghanischen Taliban-Regimes den Vertretern der afghanischen Übergangsregierung. Sie übergeben ihn dem US-Militär. Mutawakil galt als einer der engsten Vertrauten des früheren Taliban-Führers Mullah Mohammed Omar, aber auch als einer der moderateren Vertreter des Regimes.

München: Das neue Fußballstadion der bayrischen Landeshauptstadt wird nach dem Hauptsponsor “Allianz-Arena” heißen. Die rautenförmige, 50 m hohe und 200 m lange Arena ist ein Entwurf der Basler Architekten Herzog und de Meuron. Der Versicherungskonzern Allianz erwirbt die Namensrechte an der insgesamt ca. 388 Mio. Euro teuren Arena.

9.2.2002, Samstag

London : Die Schwester von Königin Elizabeth II., Prinzessin Margaret, stirbt im Alter von 61 Jahren an den Folgen ihres insgesamt vierten Schlaganfalls. Sie galt lange Zeit als das schillerndste Mitglied der königlichen Familie.

Ottawa: Die Finanzminister und Notenbankchefs der sieben führenden Industrienationen äußern sich in ihrer Schlusserklärung vorsichtig optimistisch über eine baldige Erholung der Weltwirtschaft. Für die Länder der Eurozone rechnen sie für 2002 mit einem Wirtschaftswachstum von mindestens 1,2%. Zur Bekämpfung der Finanzierung des internationalen Terrorismus wurden nach Angaben von US-Finanzminister Paul O’Neill seit den Anschlägen vom 11. September 2001 in 149 Ländern Konten mit insgesamt 104 Mio. US-Dollar blockiert.

10.2.2002, Sonntag

Zagreb : Deutschlands Daviscup-Mannschaft verliert ihr Erstrundenspiel in der Weltgruppe mit 1:4 gegen Kroatien. Das Team um Kapitän Michael Stich muss nun gegen den Abstieg aus der Weltgruppe spielen.

Berscheba: Am Eingang der Militärbasis in der südisraelischen Stadt werden bei einem Feuerüberfall zwei Israelinnen getötet und mindestens fünf Menschen zum Teil schwer verletzt. Die beiden mutmaßlich palästinensischen Angreifer werden erschossen.

Berlin : Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) fliegt zu seinem ersten Besuch nach Lateinamerika. Auf der einwöchigen Reise macht er in Mexiko, Brasilien und Argentinien Station. Schwerpunkt der Gespräche sind der Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen. Begleitet wird Schröder von Bundeswirtschaftsminister Werner Müller und einer hochrangigen Wirtschaftsdelegation.

11.2.2002, Montag

Karlsruhe : Die Bundesregierung legt dem Bundesverfassungsgericht die angeforderte Stellungnahme zum NPD-Verbotsverfahren vor. In dem knapp 40-seitigen Schriftsatz versichern Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat, dass die bisher enttarnten V-Leute keine steuernde Einflussnahme auf die NPD ausgeübt hätten.

Düsseldorf : Die nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 in Nordrhein-Westfalen eingeleitete Rasterfahndung nach mutmaßlichen Terroristen ist nach einem Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf zum Teil rechtswidrig. Insbesondere die Einbeziehung deutscher Staatsangehöriger in die Suchaktion werten die Richter als unverhältnismäßig. Vielmehr hätte sich die Fahndung auf Personen beschränken müssen, die entweder die Staatsangehörigkeit eines verdächtigen Landes besitzen oder islamischer Religionszugehörigkeit sind.

Gasa-Stadt: Als Vergeltung für den Feuerüberfall auf einen israelischen Militärposten in Berscheba am Tag zuvor nehmen israelische Kampfflugzeuge und Hubschrauber einen Gebäudekomplex in Gasa-Stadt unter Beschuss, in dem sich u.a. mehrere Büros der palästinensischen Sicherheitskräfte und des Geheimdienstes befanden.

Salt Lake City: Rennrodler Georg Hackl verpasst seinen vierten Olympiasieg in Folge. Der Berchtesgadener muss sich mit Silber begnügen. Hackl ist damit aber der erste Einzelstarter bei Olympischen Spielen, der zum fünften Mal in Folge in der selben Disziplin eine Medaille holt.

12.2.2002, Dienstag

München: Durch Pressemeldungen wird bekannt, dass die bayerische HypoVereinsbank dem hoch verschuldeten Medienunternehmer Leo Kirch 1,1 Mrd. Euro für seine 40prozentige Beteiligung am Axel Springer Verlag anbietet. Damit verschafft das zweitgrößte deutsche Kreditinstitut Kirch vorerst wieder finanziell Luft. Kirch hat die Aktien am größten deutschen Zeitungsverlag für einen 700 Mio. Euro-Kredit an die Deutsche Bank verpfändet. Die Anteile können aber nur mit Zustimmung der Mehrheitsaktionärin Friede Springer weiterverkauft werden.

Teheran : Beim Absturz eines iranischen Passagierflugzeugs kommen im Westen des Iran nach offiziellen Angaben alle 117 Insassen ums Leben. Die Tupolew-154 der Iran Airtours war auf dem Weg von Teheran in die Provinzhauptstadt Chorammabad und zerschellt in der Bergregion von Chegini westlich der Stadt.

Den Haag : Vor dem UN-Kriegsverbrechertribunal beginnt der Prozess gegen den früheren jugoslawischen Präsidenten Slobodan Milo c . Die Anklage lautet auf Völkermord in Bosnien und Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Verstöße gegen das Kriegsrecht und gegen die Genfer Konvention in Bosnien (1992-1995), Kroatien (1991-1992) und in Kosovo (1999). Zunächst wird im Prozess nur die Kosovo-Anklage behandelt. Milo c hat das Gericht im Vorfeld als illegal bezeichnet und es abgelehnt, einen Strafverteidiger zu benennen. Im Falle einer Verurteilung droht ihm lebenslange Haft. Es ist der erste Prozess eines Gerichtshofs der Vereinten Nationen gegen einen ehemaligen Staatschef. Chefanklägerin des UN-Tribunals ist die Schweizerin Carla del Ponte.

Brüssel : Deutschland und Portugal werden wegen ihrer schlechten Haushaltslage nun doch nicht von der EU-Kommission per “Blauem Brief”abgemahnt. Die Wirtschafts- und Finanzminister der zwölf Euro-Staaten einigen sich auf einen Kompromiss, wonach beide Staaten zugesagt haben, alles zu unternehmen, um das Etatdefizit abzubauen und bis 2004 einen nahezu ausgeglichenen Haushalt vorzulegen.

13.2.2002, Mittwoch

Passau: Der traditionelle politische Aschermittwoch steht im Zeichen des Bundestagswahlkampfes. Bei der CSU wirft Unions-Kanzlerkandidat Edmund Stoiber der Bundesregierung Versagen vor. Auf der SPD-Kundgebung im nicht weit entfernten Vilshofen kritisiert Bundesinnenminister Otto Schily, die Wahlversprechen Stoibers zur Belebung der Wirtschaft seien nicht zu bezahlen.

Wiesbaden: Der Hessische Staatsgerichtshof erklärt die hessische Landtagswahl vom 7. Februar 1999 für gültig, obwohl die Christdemokraten ihren siegreichen Wahlkampf zum Teil mit Schwarzgeld finanziert hatten.

Tirana: Der vom albanischen Staatspräsidenten Rexhep Mejdani mit der Regierungsbildung beauftragte frühere Regierungschef Pandeli Majko verfehlt bei der Abstimmung im Parlament die erforderliche Mehrheit. Damit hält die durch monatelange Machtkämpfe innerhalb der regierenden sozialistischen Partei ausgelöste Regierungskrise in Albanien an.

Sanaa: Ein mutmaßliches Mitglied des Terrornetzwerks Al-Qaida sprengt sich in der Hauptstadt des Jemen in die Luft. Zuvor war der Mann von jemenitischen Sicherheitskräften umstellt worden. Der Mann soll in den Anschlag auf ein US-Kriegsschiff im Hafen von Aden im Oktober 2000 verwickelt gewesen sein.

Istanbul: Die Staaten Europas und der islamischen Welt wollen gemeinsam gegen den internationalen Terrorismus vorgehen. Es gebe eine gemeinsame Verantwortung in diesem Bereich, heißt es in der Abschlusserklärung von Europäischer Union und der Organisation Islamischer Staaten am Ende der zweitägigen Konferenz. Beide Seiten sprechen sich auch für die Gründung eines palästinensischen Staates aus.

Caracas : Nach Argentinien koppelt auch Venezuela seine Landeswährung vom US-Dollar ab. Mit der Freigabe des Bolívar würden die venezolanischen Exporte – angesichts der schwachen Ölmarktpreise – wieder wettbewerbsfähig, verspricht Präsident Hugo Chávez den Bürgern seines Landes.

Kaiserslautern : Die deutsche Nationalmannschaft gewinnt ihr erstes Länderspiel im WM-Jahr gegen eine Auswahl Israels mit 7:1.

14.2.2002, Donnerstag

Kabul: Auf dem Rollfeld des Flughafens der afghanischen Hauptstadt wird der Minister für Luftverkehr und Tourismus, Abdul Rahman, erschlagen. Zunächst heißt es, Mekka-Pilger, die wegen Verzögerungen ihres Fluges nach Saudi-Arabien verärgert gewesen seien, hätten das Regierungsmitglied erschlagen. Nach Angaben von Übergangspremier Hamid Karsai fällt Rahman jedoch einer Verschwörung von Mitgliedern der Regierung zum Opfer. Motiv für die Tat sei möglicherweise eine Fehde innerhalb der Nordallianz.

Manama: Der arabische Golfstaat Bahrain wird von einem Emirat in eine konstitutionelle Monarchie umgewandelt. Der Herrscher, Scheich Hamad bin Isa ei Chalifa, proklamiert die Verfassungsreform, nachdem vor Jahresfrist eine große Mehrheit der Bevölkerung für die Änderung der Staatsform gestimmt hatte. Sein Titel lautet ab sofort nicht mehr Emir, sondern König. Die erneuerte Verfassung sieht u.a. ein Zweikammernparlament mit einem frei gewählten 40-köpfigen Abgeordnetenhaus und einem Konsultativrat mit 40 vom König ernannten Mitgliedern vor; Frauen wird das aktive und passive Wahlrecht gewährt.

Washington: US-Präsident George W. Bush legt einen Alternativplan zum Kyoto-Klimaschutzprotokoll vor. Das Konzept enthält keine Verpflichtungen und sieht – im Gegensatz zum Kyoto-Protokoll – freiwillige Maßnahmen und Steueranreize für Unternehmen vor, um den Ausstoß der das Klima schädigenden Treibhausgase zu reduzieren.

Gasa-Stadt : Bei einem Überfall im Gasastreifen werden nach israelischen Militärangaben drei Israelis getötet, als ihr Panzer während eines Feuergefechts mit Palästinensern auf eine Bombe fährt.

15.2.2002, Freitag

Berlin : Die Bundesregierung belässt den Präsidenten der Bundesanstalt für Arbeit, Bernhard Jagoda, bis auf weiteres im Amt. Bundesarbeitsminister Walter Riester (SPD) schließt jedoch personelle Konsequenzen wegen der Vermittlungsaffäre nicht aus und kündigt zugleich Reformen der Arbeitsvermittlung an. Die Bundesanstalt war in den vorangegangenen Wochen stark in die Kritik geraten, nachdem der Bundesrechnungshof nach der Überprüfung von fünf Arbeitsämtern 70% der gemeldeten Arbeitsvermittlungen angezweifelt hatte.

Berlin : In den NPD-Verbotsanträgen sind Zitate von vier weiteren verdeckten Ermittlern der Verfassungsschutzämter der Länder aufgetaucht. Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) will jedoch an dem Antrag auf Verbot der NPD in Karlsruhe festhalten.

Chemnitz : In ungewöhnlich scharfer Form übt der Bundeswehrverband Kritik an Bundesverteidigungsminister Rudolf Scharping (SPD). Verbandschef Bernhard Gertz sagte der “Chemnitzer Freien Presse”, das Schlimme sei, dass der Minister zu einer Witzblattfigur der Regierung geworden sei. Der Autoritätsverlust Scharpings sei fatal für die gesamten Streitkräfte. Die Formulierung “Witzblattfigur” nimmt Gertz am 18. Februar zurück.

Wien : Der Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider, der führende Politiker der rechtspopulistischen Partei FPÖ, kündigt seinen Rückzug aus der österreichischen Bundespolitik an. Haider war wegen seines Besuchs beim irakischen Staatschef Saddam Hussein auch aus den Reihen der eigenen Partei kritisiert worden. Nach längeren parteiinternen Beratungen nimmt er aber von diesem Entschluss wieder Abstand und will der FPÖ nun als Berater für die Regierungsarbeit erhalten bleiben.

Peking : China schiebt 24 amerikanische Anhänger der Falun-Gong-Bewegung in die USA ab. Sie gehören zu einer Gruppe von über 40 Ausländern, die am Vortag auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking festgenommen worden waren, wo sie gegen das Verbot der Bewegung und Verhaftungen protestieren wollten.

Salt Lake City: Nach dem Skandal um die Wertung beim Eiskunst-Paarlauf erkennt das Exekutivkomitee des Internationalen Olympischen Komitees (OIC) auch den Zweitplatzierten, den Kanadiern Jamie Sale und David Pelletier eine Goldmedaille zu. Zuvor hatte die französische Preisrichterin Marie-Reine Le Gougne in einem Brief an die Internationale Eislauf-Union (ISU) eingeräumt, dass sie bei ihrer Entscheidung für das russische Siegerpaar Elena Bereschnaja und Anton Sicharulidse unter Druck von außen gestanden habe. Die ISU-Führung korrigierte daraufhin das 5:4-Juryurteil in ein 4:4-Unentschieden und empfahl dem IOC die Vergabe einer zweiten Goldmedaille.

16.2.2002, Samstag

Tel Aviv: Bei der bislang größten Demonstration der politischen Linken in Israel seit Beginn des Palästinenseraufstands im Oktober 2000 – organisiert von der Bewegung “Schalom Achschaw” (“Friede jetzt”) – fordern bis zu 2000 Anhänger der Friedensbewegung den Abzug der israelischen Armee aus den Palästinensergebieten.

Karnei Schomron : Bei einem Anschlag im Einkaufszentrum der jüdischen Siedlung im Westjordanland reißt ein palästinensischer Selbstmordattentäter zwei Israelis mit sich in den Tod. 27 Menschen werden bei dem Anschlag verletzt. Zu dem Attentat bekennt sich die Volksfront für die Befreiung Palästinas.

Washington: Unmittelbar vor seiner sechstägigen Asienreise übt US-Präsident George W. Bush erneut heftige Kritik am kommunistischen Nordkorea. Das Land versuche, die Freiheit mit Massenvernichtungswaffen zu bedrohen, während die Nordkoreaner hungern müssten. Bush besucht Japan, Südkorea und die Volksrepublik China.

Pjöngjang: Der nordkoreanische Machthaber Kim Jong Il feiert mit Massenveranstaltungen seinen 60. Geburtstag. Im Stadion der Hauptstadt versammeln sich Tausende Kinder und Jugendliche zu Lobpreisungen Kims und das Fernsehen zeigt Dokumentarfilme über das Leben Kims, der 1994 seinem verstorbenen Vater Kim Il Sung an der Staatsspitze nachgefolgt war.

Berlin : Der frühere Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen tritt nach fast 20 Jahren an der Spitze der Berliner CDU als Parteivorsitzender zurück. Zuvor war er auf der Vertreterversammlung mit dem Versuch gescheitert, auf den ersten Platz der CDU-Landesliste für die Bundestagswahl gewählt zu werden. Die Delegierten wählen an seiner Stelle den ehemaligen DDR- Bürgerrechtler und stellvertretenden Vorsitzenden der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Günter Nooke zum Spitzenkandidaten für die Wahl am 22. September.

17.2.2002, Sonntag

Kuwait-Stadt: In Kuwait beginnt das Manöver “Iris Gold” der US-Armee, an dem auch 170 ABC-Abwehrspezialisten der Bundeswehr teilnehmen. Die mit “Fuchs”-Spürpanzern ausgerüsteten Soldaten sollen im Rahmen des internationalen Kampfes gegen den Terrorismus etwa einen Monat in dem arabischen Golfstaat bleiben.

Manila : Ein Vorauskommando von US-Elitesoldaten landet auf der philippinischen Insel Basilan, wo Rebellen der islamischen Abu-Sayyaf-Gruppe für einen unabhängigen Muslim-Staat kämpfen. Insgesamt wollen die USA auf der Insel 150 Mann stationieren, die ca. 6000 philippinische Soldaten u.a. im Anti-Terror-Kampf ausbilden sollen.

Berlin: Zum Abschluss der 52. Internationalen Filmfestspiele werden überraschend zwei Filme zu gleichen Teilen mit dem Goldenen Bären ausgezeichnet: Der japanische Zeichentrickfilm “Spirited away” (Sen to chihiro no Kamikakushi) von Hayao Miyazaki und die britisch-irische Produktion “Bloody Sunday” von Paul Greengrass. Einen Silbernen Bären als Großen Preis der Jury erhält das deutsche Ehebruchsdrama “Halbe Treppe” von Andreas Dresen. Ein weiterer Silberner Bär für die beste Regie würdigt den französischen Film “Montagmorgen” des gebürtigen Georgiers Otar Iosseliani. Als beste Darsteller werden Halle Berry in dem US-Südstaatendrama “Monster’s Ball” und Jacques Gamblin in dem französischen Historienfilm “Der Passierschein” geehrt.

18.2.2002, Montag

Brüssel: Wegen der massiven Behinderung der europäischen Wahlbeobachter in Simbabwe verhängt die Europäische Union Strafmaßnahmen gegen das Regime von Präsident Robert Mugabe. Die EU-Außenminister beschließen den Rückzug ihrer Wahlbeobachter. Ferner soll u.a. Simbabwes Staatschef und seinen Vertrauten die Einreise verweigert und ihre Konten in EU-Staaten sollen gesperrt werden. Mugabe regiert das Land seit 1980 in autoritärem Stil.

Paris : In Frankreich wird um Mitternacht der Franc endgültig als gesetzliches Zahlungsmittel vom Euro abgelöst. Damit ist der so genannte Parallelumlauf zwischen altem und neuem Geld im dritten Euro-Staat nach Irland und den Niederlanden beendet. Am 28. Februar folgen die neun übrigen Euro-Länder, unter ihnen Deutschland.

Wien: Der FPÖ-Politiker Mathias Reichhold wird neuer österreichischer Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie. Er folgt Monika Forstinger nach, die nach 15 Monaten an der Spitze des Infrastrukturministeriums in die Privatwirtschaft wechselt. Der frühere Kärntner Verkehrsreferent Reichhold gilt als enger Vertrauter des Kärntner Landeshauptmanns Jörg Haider.

München: Hamburgs Innensenator Ronald Barnabas Schill gibt das Ergebnis der von ihm am 11. Februar in Auftrag gegebenen Haarprobe bekannt. Das Institut für Rechtsmedizin in München stellt fest, dass regelmäßiger Drogenkonsum ausgeschlossen werden könne. Schill wollte mit dem Test die gegen ihn erhobenen Drogenvorwürfe entkräften.

19.2.2002, Dienstag

Freising : Ein mit zwei großkalibrigen Pistolen sowie Sprengstoff und einer Handgranate bewaffneter Amokläufer tötet in Oberbayern drei Menschen und nimmt sich anschließend selbst das Leben. Nach Angaben der Polizei erschoss der polizeibekannte 22-Jährige zunächst in Eching den Betriebsleiter und den Vorarbeiter eines Dekorationsunternehmens, das ihn kurz zuvor entlassen hatte. Dann fährt er mit einem Taxi nach Freising und tötet den Rektor einer Wirtschaftsschule, die er früher besucht hatte. Die Polizei vermutet persönliche Rachemotive.

Karlsruhe : Das Bundesverfassungsgericht bestätigt das Vorgehen der Bundesregierung bei der Aushandlung des Atomkonsenses und weist eine Klage der hessischen Landesregierung in allen Punkten ab. In dem Urteil heißt es, der Atomkonsens sei eine reine Bundesangelegenheit, bei der die Länder keine Mitwirkungsrechte hätten. Hessen hatte Klage eingereicht, weil es sich bei den Verhandlungen zwischen dem Bund und dem RWE-Konzern über künftige Sicherheitsstandards bei dem Atomkraftwerk Biblis A übergangen fühlte.

Neu Delhi: Das indische Gesundheitsministerium bestätigt den Ausbruch der Lungenpest im nordindischen Unionsstaat Himachal Pradesh, wo bisher vier Menschen an der Krankheit gestorben sind. Die tödliche Lungenkrankheit sei jedoch unter Kontrolle. 1994 starben im Bundesstaat Gujarat in Westindien 50 Menschen an der Lungenpest.

20.2.2002, Mittwoch

Bogotá : Kolumbiens Präsident Andrés Pastrana erklärt den Friedensprozess mit der linksgerichteten Rebellenorganisation “Revolutionäre Streitkräfte Kolumbiens” (Fuercas Armadas Revolucionarias de Colombia, FARC) für gescheitert und erteilt den Streitkräften den Befehl, die 42 000 km² umfassende und von 100 000 Menschen bewohnte entmilitarisierte Zone im Süden des Landes zu besetzen, die der FARC seit Ende 1998 als Rückzugsgebiet gedient hatte. Anlass für diese Entscheidung ist die der FARC angelastete Entführung eines Passagierflugzeuges. Nach einer Notlandung waren alle Passagiere bis auf den Senator der oppositionellen liberalen Partei, Jorge Eduardo Gechem Turbay, freigelassen worden. Dieser wurde in die Berge verschleppt.

Kairo: Bei dem schwersten Zugunglück in der Geschichte Ägyptens kommen insgesamt 373 Menschen ums Leben, weitere 75 werden verletzt. Der voll besetzte Zug mit Waggons zweiter und dritter Klasse, der auf der in zahlreichen Orten entlang des Nil hält und vor allem von ärmeren Einheimischen benutzt wird, war von Kairo nach Assuan unterwegs. Nachdem zunächst vermutet wird, das Feuer sei durch die Explosion einer Gasflasche in einer Teeküche ausgelöst worden, heißt es später, ein Kurzschluss sei die Ursache gewesen. Der Zug fährt nach Ausbruch des Brandes noch fast 10 km weiter. Die meisten Passagiere starben, weil die Fenster in den Waggons vergittert waren.

Prag : Bundesaußenminister Joschka Fischer erklärt nach Gesprächen mit der tschechischen Regierung die Irritationen über jüngste Stellungnahmen des tschechischen Regierungschefs Milos Zeman für ausgeräumt. Zeman hatte mit der Äußerung für Aufsehen gesorgt, die Sudetendeutschen seien die fünfte Kolonne Adolf Hitlers gewesen. Schon am Vortag hatte Zeman Meldungen dementiert, er habe Palästinenserpräsident Jasir Arafat mit Hitler verglichen.

21.2.2002, Donnerstag

Berlin: Bundesarbeitsminister Walter Riester (SPD) kündigt die Ablösung des Präsidenten der Bundesanstalt für Arbeit, Bernhard Jagoda, an. Der angestrebte Neuanfang mit tief greifenden Reformen sei mit dem bisherigen Behördenchef nicht durchzusetzen, erklärt Riester im Deutschen Bundestag mit Blick auf Konsequenzen aus dem Skandal um geschönte Vermittlungsstatistiken.

Peking: US-Präsident George W. Bush appelliert zu Beginn seines China-Besuchs an die Pekinger Führung, ihren Bürgern mehr Freiheiten zu gewähren. Sein Gastgeber, Staatschef Jiang Zemin, kündigt engere Konsultationen mit den USA über die Bekämpfung des Terrorismus. Bush besucht vom 17. bis zum 22. Februar Japan, Südkorea und die Volksrepublik China.

Ramallah : Israel setzt seine Angriffe auf Einrichtungen der Palästinenser fort und feuert erstmals Raketen auf Ziele in unmittelbarer Nähe von Palästinenserpräsident Jasir Arafat ab. Die Geschosse beschädigen den Raum im Hauptquartier in Ramallah, in dem Arafat ausländische Gäste empfängt. Arafat bleibt jedoch unversehrt. Zudem rücken Truppen und Panzer vorübergehend in den südlichen Gasastreifen und in Flüchtlingslager im Westjordanland ein. Israel übt damit Vergeltung für einen Anschlag von Palästinensern, bei dem am 19. Februar nahe Ramallah sechs israelische Soldaten getötet wurden.

Nablus : Vier Monate nach dem Attentat auf den israelischen Tourismusminister Rehavam Zeewi nehmen palästinensische Sicherheitskräfte drei der mutmaßlichen Attentäter fest. Zu dem Attentat auf den ultra-rechten Politiker am 17. Oktober 2001 hatte sich die Volksfront zur Befreiung Palästinas bekannt.

New York: Der am 23. Januar in der pakistanischen Stadt Karatschi entführte US-Journalist Daniel Pearl ist von seinen militanten Kidnappern ermordet worden, bestätigen die US-Regierung und das “Wall Street Journal”, für das Pearl als Korrespondent arbeitete. Nach Angaben der pakistanischen Behörden liegt ein Video vor, auf dem zu sehen ist, wie die Entführer Pearl vor laufender Kamera die Kehle durchschneiden.

London: Bei der Vergabe der begehrten Pop-Auszeichnungen Brit Awards gewinnt die Australierin Kylie Minogue die Auszeichnung als “Beste internationale Solokünstlerin” und triumphiert mit ihrer Platte “Fever” in der Kategorie “Bestes internationales Album”. Robbie Williams erhält als bester britischer Solokünstler seinen 13. Brit Award.

22.2.2002, Freitag

Berlin: Der rheinland-pfälzische Sozialminister Florian Gerster (SPD) wird neuer Chef der Bundesanstalt für Arbeit (BA). Sein Vorgänger Bernhard Jagoda wird als Konsequenz der Affäre um geschönte Vermittlungsstatistiken in den einstweiligen Ruhestand versetzt. Zugleich wird die insgesamt 90 000 Beschäftigte zählende Behörde radikal umgebaut. Gerster tritt an die Spitze eines dreiköpfigen Vorstandes und wird künftig von einem Aufsichtsrat kontrolliert werden. Die notwendigen gesetzlichen Regelungen für die neue Führungsstruktur und die Reform sollen bis Mitte 2002 in Kraft treten.

Berlin: Mehrere große Getränkehersteller und Lebensmittelketten scheitern in letzter Instanz vor dem Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin mit einem vorläufigen Rechtsschutzantrag, mit dem die Vorbereitungen für die Einführung des umstrittenen Pfandes auf Getränkedosen gestoppt werden sollte. Die Bundesregierung plant, mindestens 25 Cent auf Getränkedosen zu erheben.

Vavuniya: Nach 19-jährigem Bürgerkrieg in Sri Lanka mit rund 69 000 Todesopfern unterzeichnen die Tamilenrebellen und die Regierung von Premier Ranil Wickramasinghe unter Vermittlung Norwegens ein Waffenstillstandsabkommen. Präsidentin Chandrika Kumaratunga kritisiert die Übereinkunft, die am 24. Februar in Kraft treten soll, als nicht verfassungsgemäß. Sie sei nicht ausreichend informiert worden. Die “Befreiungstiger von Tamil Eelam” (LTTE) kämpfen seit 1983 für einen eigenen Staat der tamilischen Minderheit im Norden von Sri Lanka.

Luanda: Bei einem Gefecht mit Regierungstruppen in der Provinz Moxico, rund 700 km südöstlich von Angolas Hauptstadt Luanda, fällt Jonas Savimbi, der Anführer der angolanischen Rebellenorganisation União Nacional para a Independência Total de Angola (UNITA). Der 67-Jährige kämpfte seit über 30 Jahren an der Spitze der UNITA um die Macht in dem südafrikanischen Land. Sein Tod weckt die Hoffnung auf ein Ende des seit der Unabhängigkeit von Portugal im Jahr 1975 mit kurzen Unterbrechungen in Angola wütenden Bürgerkrieges.

Belgrad: In Jugoslawien nimmt die so genannte Kommission für Wahrheit und Versöhnung offiziell ihre Arbeit auf. Das von Staatspräsident Vojislav Ko gegründete Gremium soll die Ursachen der blutigen Konflikte im ehemaligen Jugoslawien zwischen 1991 und 1999 erforschen. Das als unabhängig geltende Gremium besteht aus 15 Akademikern.

Kiel: Die blinde Sängerin Corinna May siegt bei der deutschen Vorentscheidung zum Grand Prix und fährt nun am 25. Mai zum Eurovision Song Contest nach Tallinn (Estland). Mit ihrem von Ralph Siegel komponierten Titel: “I can’t live without music” setzt sie sich gegen 14 Konkurrenten durch und erhält in der zweiten Abstimmungsrunde 41,1% der im Televoting abgegebenen Stimmen. Die Bremerin trat bereits zum dritten Mal bei der deutschen Vorentscheidung auf. 1999 hatte sie die deutsche Vorausscheidung gewonnen, wurde jedoch nachträglich von der Jury disqualifiziert, weil ihr damaliger Song “Hör den Kindern einfach zu” schon einmal von einer anderen Gruppe auf CD veröffentlicht worden war. Ein Jahr später wurde sie mit “I believe in God” Zweite hinter Stefan Raab.

23.2.2002, Samstag

Bogotá: Nur drei Tage nach dem Abbruch des Friedensprozesses in Kolumbien entführen die Rebellen der marxistischen “Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens” (FARC) die unabhängige Präsidentschaftskandidatin Ingrid Betancourt. Trotz behördlicher Warnungen hatte die 40-Jährige versucht, auf dem Landweg in die ehemalige Rebellen-Hochburg San Vicente del Caguán im Süden des Landes zu gelangen. Rund 15 000 Mann der Armee, der Luftwaffe und der Marine sind seit dem 21. Februar bei der Besetzung der demilitarisierten Zone im Einsatz.

Berlin: Bundesverkehrsminister Kurt Bodewig (SPD) gibt bekannt, wie die Bundesmittel für die geplanten Magnetbahnstrecken verteilt werden: Nordrhein-Westfalen soll für die geplante Magnetbahnstrecke zwischen Dortmund und Düsseldorf 1,7 Mrd. Euro Zuschuss bekommen und damit drei Viertel der Fördergelder in Höhe von 2,3 Mrd. Euro, Bayern 550 Mio. Euro für den Bau der Verbindung vom Münchner Hauptbahnhof zum Flughafen. Der Freistaat fühlt sich jedoch durch die Mittelvergabe benachteiligt und nennt die Entscheidung ungerecht und parteipolitisch motiviert.

24.2.2002, Sonntag

Salt Lake City: Mit einer kurzweiligen Eisshow vor 44 929 Zuschauern im Rice-Eccles-Stadion gehen die XIX. Olympischen Winterspiele zu Ende. Um 20.35 Uhr Ortszeit (04.35 Uhr MEZ) erlischt das Olympische Feuer. Mit 35 Mal Edelmetall – zwölf Gold-, 16 Silber- und sieben Bronzemedaillen – belegt das deutsche Team Platz eins im Medaillenspiegel. Überschattet wird das Ende der Spiele vom Dopingskandal um den deutschen Skilangläufer Johann Mühlegg, der für Spanien startet. Ihm wird eine von drei Goldmedaillen aberkannt. Ebenfalls disqualifiziert werden die Russinnen Larissa Lazutina und Olga Danilowa. Schauplatz der XX. Winterspiele ist vom 10. bis 26. Februar 2006 die norditalienische Stadt Turin.

Berlin: Bundesverteidigungsminister Rudolf Scharping (SPD) bestätigt, dass deutsche Elitesoldaten schon seit Wochen an der Seite von US-Militärs in Afghanistan im Kampfeinsatz und an Aktionen gegen die Terrororganisation Al-Qaida beteiligt sind. Es handelt sich um Angehörige des in Calw stationierten “Kommandos Spezialkräfte” (KSK), deren Einsatz durch das Mandat des Bundestages gedeckt sei. Politiker von Unionsparteien, FDP und Grünen übten teilweise scharfe Kritik an der zurückhaltenden Informationspolitik der Bundesregierung.

Ramallah : Das israelische Sicherheitskabinett lockert teilweise den zwei Monate zuvor verhängten Hausarrest von Palästinenserpräsident Jasir Arafat, nachdem die Palästinenserpolizei die Mörder des israelischen Tourismusministers Rehavam Zeewi festgenommen hatte. Arafat darf zwar sein Hauptquartier in Ramallah, nicht aber die Stadt verlassen.

25.2.2002, Montag

Jerusalem : Die Friedensbemühungen in Nahost werden von einem neuen Anschlag überschattet. An einer Bushaltestelle am nördlichen Stadtrand von Jerusalem werden zehn Menschen verletzt, als ein bewaffneter Palästinenser das Feuer auf Passanten eröffnet. Der Attentäter wird von Sicherheitskräften angeschossen und überwältigt.

Port Louis: Das Parlament von Mauritius wählt Karl Offmann zum neuen Präsidenten der Inselrepublik. Er ist der Nachfolger des am 15. Februar zurückgetretenen Cassam Uteem, der sich geweigert hatte, das Anti-Terrorismus-Gesetz der Regierung von Premier Anerood Jugnauth zu unterzeichnen. Offmann ist Mitglied des Mouvement Socialiste Mauricien und der dritte Präsident der Inselrepublik.

Berlin: Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) und der britische Premierminister Tony Blair fordern eine grundlegende Reform der Europäischen Union. Angesichts der bevorstehenden EU-Erweiterung auf demnächst 27 oder mehr Mitglieder müsse die Arbeit des Europäischen Rats und der Ministerräte gestrafft sowie effizienter gemacht werden. So sollten EU-Ratssitzungen in Zukunft teilweise öffentlich abgehalten werden. Zudem sollte im Europäischen Rat häufiger von Mehrheitsentscheidungen Gebrauch gemacht werden.

Frankfurt am Main: Bei einem Raubüberfall auf einen Geldtransporter erbeuten drei Männer mehr als 8,6 Mio. Euro, davon lassen sie 1,485 Mio. Euro auf der Flucht zurück. Durch die rasche Entdeckung der beiden von den Tätern benutzten Fluchtautos kommt die Polizei auf die Spur einer Bande aus Frankfurt. Anfang März werden mehrere Verdächtige festgenommen.

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