Unaufhaltsam steigende Arbeitslosenzahlen und schwache Konjunktur

Politik und Gesellschaft 1996:

»Sparpaket« lautet nach dem Urteil von Sprachforschern das Wort des Jahres 1996. Die anhaltende Diskussion über die besorgniserregende Lage der öffentlichen Finanzen und die schwierige Beschäftigungssituation beeinflusst auch die Wahl weiterer Begriffe bei dem alljährlich veranstalteten Wörter-Wettbewerb: »Haushaltslöcher« und »Lohnfortzahlung« kommen auf die Plätze zwei und drei. Damit sind schon die Themen angesprochen, welche die politische Diskussion in Deutschland beherrschen: Steigende Arbeitslosenzahlen, die im Jahresdurchschnitt bis knapp unter die Viermillionengrenze klettern, der Verlust von weiteren 400 000 Arbeitsplätzen im Jahresverlauf, die schleppende Konjunktur, die daraus entstehenden Steuerausfälle und der Zwang zur Haushaltskonsolidierung angesichts der strikten Kriterien des Maastricht-Vertrages für die Teilnahme an der Europäischen Währungsunion – das Sparen wird 1996 zum Leitziel der Politik. Den Gürtel enger schnallen müssen vor allem die abhängig Beschäftigten: Von 1993 bis 1995 stiegen in den alten Bundesländern die Preise rascher als die Nettoverdienste, ohne dass der Reallohnverzicht zu einem Abbau der Arbeitslosigkeit geführt hätte. Erst 1996 wird wieder ein leichter Zuwachs an Kaufkraft erreicht (+1,9 %).

Das »Bündnis für Arbeit«, das im Dezember 1995 von IG-Metall-Chef Klaus Zwickel als Weg zu mehr Beschäftigung vorgelegte Angebot an die Arbeitgeber, gegen die Schaffung neuer Arbeits- und Ausbildungsplätze im Jahr 1997 eine tarifpolitische Nullrunde einzulegen, hat auf gesamtwirtschaftlicher Ebene keine Chance. Die Bonner Regierungsparteien CDU/CSU und FDP hoffen vielmehr darauf, durch Steuererleichterungen, die Senkung der Lohnnebenkosten und die Liberalisierung der Ladenschlusszeiten Anreize für mehr Beschäftigung zu geben.

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