Siegeszug der Sparmodelle

Auto und Verkehr 1980:

Sparsam und wendig – so wünschen sich immer mehr Bundesbürger ihren Neuwagen. Die meisten Autofahrer lassen sich damit angesichts der jüngsten drastischen Preissteigerungen für Benzin, der wachsenden innerstädtischen Verkehrs- und Parkplatzprobleme und der Diskussion um ein Tempo-Limit nicht den Spaß verderben; sie passen sich den Verhältnissen an, indem sie auf kleinere Modelle umsteigen. Allerdings sinkt auch die Zahl der Neuzulassungen: Sie liegt 1980 mit 2,2 Mio. um 9% unter dem Vergleichswert des Vorjahres.

Für die bundesdeutschen Automobilbauer kommt der Trend zum kleineren Wagen überraschend. Während bei der Herstellung größerer Modelle wegen der Absatzflaute vielfach Kurzarbeit und Entlassungen an der Tagesordnung sind, müssen die Käufer von Kleinwagen und Autos der unteren Mittelklasse teilweise mit mehrmonatigen Lieferfristen rechnen. Experten schätzen, dass diese Autos, die bislang einen Marktanteil von etwa 35% hatten, inzwischen rund 50% der verkauften Neuwagen ausmachen.

Renner in der unteren Mittelklasse sind nach wie vor die Volkswagen-Modelle »Golf« und »Jetta« sowie der Opel »Kadett«. Im Herbst versuchen auch die Kölner Fordwerke erneut in die Spitze vorzudringen. Sie bringen einen von Grund auf renovierten »Escort« auf den Markt, der sich schon äußerlich durch ein Stummelheck von seinen Konkurrenten unterscheidet. Gute aerodynamische Eigenschaften sorgen trotz spritziger Motoren für einen niedrigen Benzinverbrauch; eine aufwendige Einzelradaufhängung soll Komfort und Sicherheit der Fahrgäste garantieren.

Eine unerwartet große Konkurrenz erhalten die westdeutschen Autobauer aus dem Fernen Osten. Japanische Wagen finden in der Bundesrepublik immer mehr Käufer; ihr Anteil an den Neuzulassungen liegt 1980 bei etwa 10%, 1979 waren es noch 5,6%. Der Grund: Die zumeist kleineren Modelle mit sparsamen Motoren liegen genau im Trend. Zudem kosten die Japaner weniger als vergleichbare inländische Wagen und bieten dabei eine gute Ausstattung, die bei deutschen Autos nur gegen Aufpreis erhältlich ist. Zwar sind die Produkte von Toyota, Honda, Mazda, Nissan-Datsun oder Mitsubishi im Allgemeinen technisch weniger ausgereift als ihre Konkurrenten von VW/Audi, Opel oder Ford, sie weisen jedoch – wie die Pannenstatistik zeigt – dennoch eine hohe Zuverlässigkeit auf (<!– –>30.6.<!– –>).

Auf den wachsenden Druck der japanischen Mitstreiter reagieren im Herbst 1980 viele Autoverkäufer mit beträchtlichen Preisnachlässen. Nachdem die Autofirmen noch im Frühjahr ihre Preise um 4 bis 5% angehoben haben, können die Käufer von Neuwagen aus bundesdeutscher Produktion nun mit Rabatt und Extras ohne Aufpreis rechnen, auch wenn weiterhin die Preisempfehlungen der Hersteller als Richtschnur gelten.

Die auf größere und prestigeträchtige Modelle spezialisierten Autobauer versuchen ihre Kunden unterdessen mit neuen Sicherheitseinrichtungen zu überzeugen. So bietet Mercedes-Benz ab November für seine Modelle der S-Klasse den sog. Airbag an. Dabei wird ein ins Lenkrad integrierter Sack bei einem Aufprall des Autos in Bruchteilen von Sekunden mit Luft gefüllt und schützt dadurch zusätzlich zum Sicherheitsgurt den Fahrer vor Verletzungen. Eine weitere – teure – Zusatzausstattung ist das Anti-Blockier-System (ABS), das beim Bremsen ein Blockieren der Räder verhindert, den Wagen in der Spur hält und den Bremsweg beträchtlich verkürzt.

Jedoch auch die »Großen« reagieren auf den Trend zum Benzinsparen. Der Sportwagenhersteller Porsche in Stuttgart bringt im Herbst eine überarbeitete Version seines seit 1964 erfolgreichen 911-Modells auf den Markt. Der Flitzer verfügt zwar über einen stärkeren Motor als sein Vorgänger, kommt aber trotzdem mit deutlich weniger Kraftstoff aus.

Chroniknet